Beste Comedians Deutschlands
HUMOR IST WENN MAN TROTZDEM LACHT

Kommentar von Stephan Leifeld

Der Humor in Deutschland verändert sich scheinbar. Lauter, aggressiver und dafür weniger Niveau. Gestern gab es auf SAT1 angekündigt „Die besten COMEDIANS Deutschlands“. Chris Tall, Matze Knop, Paul Panzer, Mirja Bös und andere. Nebenbei erfährt man, dass Ingo Appelt wieder liiert ist. Unterirdische Gags auf Kosten von alleinerziehenden Müttern folgen bei ihm nun Possen über Vibratoren auf dem Nachttisch seiner Frau, die „Dinge können“ UND „Anbauteile haben, die ‚seiner‘ nicht hat“. Eingeblendete Frauen klatschen sich ab, während Appelt ins Mikrofon brummt, um akustisch für entsprechende Stimmung zu sorgen. Dann ist zumindest er dann endlich fertig… lustig fand ich ihn nicht mehr. Sein Schnurrbart scheint mir auch Geschmacksache. 

SAT1 kündigt ihr Aufgebot als die erfolgreichsten Stand-up-Comedians Deutschlands, die besten Gags, die witzigsten Pointen und die größten Lacher aus ihren aktuellen Stand-up-Programmen, an. Da habe ich gedacht, auch wenn nichts von Heinz Erhard, Otto Waalkes, Mirco Nontshew und Jörg Knör zu lesen war, bleibe ich mal in Hörweite, während meine Familie zuschaut. Der Sender postet dazu im Internet, dass die eingeladenen Comedians „sich mit Fug und Recht zu den Besten der Besten zählen können“: Chris Tall, Till Reiners, Mirja Boes, Tony Bauer, Özcan Cosar, Mirja Regensburg, Ralf Schmitz, Kaya Yanar, Ingo Appelt, Osan Yaran und Rüdiger Hoffmann. Letzteren habe ich überhaupt nicht wahrgenommen. Ich habe die Sendung allerdings auch nicht so unterhaltsam empfunden, wirklich hinzusehen. 

Chris Tall bringt am Anfang der Show seine Witze, die er schon seit Jahren vorträgt. Sichtlich abgespeckt, fallen auch seine Gags etwas magerer aus, als früher, stelle ich beim flüchtigen Blick in der Halbzeitpause Schalke - Kaiserslautern fest. 

Paul Panzer macht anschließend aktuell wohl eher seinem Nachnamen alle Ehre, während er auf SAT1 dem Publikum seinen 84jährigen Vater verkauft, als knallharten Typen, der „damals dabei gewesen ist“. Da kann das Publikum besser lachen als rechnen. Denn 84 Jahre qualifizieren nicht unbedingt für Wehrmachts-Abenteuer. Dennoch setzt Panzer mehrere Minuten in diesem Stil nach, wenn er meint, mit solchen Typen, wie seinem Alten, wäre Russland nach zwei Wochen kein Thema mehr. Offenbar hat er neben der gespielten Dyskalkulie noch erhebliche Lücken in Geschichte. Dank dem Krieg am Donbass sind anti-russische Witze aber wieder salonfähig geworden. Das Publikum klingt sehr zufrieden.

Mirja Bös ist mir noch im Kopf, was ihren Beitrag angeht. Macht die in die Jahre gekommene, unnatürlich goldblondierte Komikerin, aktuell offenbar Witze auf Kosten ihres Alters. Bös finde ich das nicht. Zum Beispiel habe sie es in jungen Jahren kaum abwarten können, endlich zu menstruieren… während es sich nach den Kindern nun mit einem Tampon so anfühlen würde, als würde sie eine Salami in die Turnhalle werfen. Insgesamt waren alle Gags in den Beiträgen nicht lustiger als die ständigen Werbeunterbrechungen.

Schlussendlich kommt Matze Knop, als gefühlter Höhepunkt des Abends. Matze liefert aber auch nur ab, womit er seit Jahren unterwegs ist. Während die Schalker wieder auflaufen, frage ich mich, wer wohl in Zukunft die parodierten Leute noch kennen wird. Loddar nimmt Matze wieder gekonnt aufs Korn. Vermutlich können irgendwann die Fans von Fips Asmussen und Heinz Erhardt dann auch über die Gags von Matze Knop resümieren. 

Das Spiel Schalke gegen die „roten Teufel“ nimmt indes soviel Fahrt auf, dass die Lauterer zwei Spieler - davon ist einer der Stammtorhüter (in der 39. Minute) - zunächst verlieren (infolge Rot) und dann auch noch das Spiel. Schalke gewinnt 3:0 und sammelt damit die ersten Punkte für den Klassenerhalt. Eine Halbzeit mit zwei Spielern mehr zu spielen, ohne zahlreiche Großchancen rauszuspielen und abzuschließen, fand ich auch eher komisch - aber nicht im Sinne von lustig. Abstimmungsprobleme und fehlende Laufbereitschaft konnte ich beobachten. Mit mehr Disziplin und ohne den farbigen Karton des Schiedsrichters, hätte das Heimspiel auch anders ausgehen können. Aber letzte Woche beim HSV war das Spiel auch etwas weniger deutlich, als das Ergebnis. Ist aber nur meine Sichtweise. 

Ja. Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Ich bin gespannt auf die Königsblauen in dieser Saison. Wird Gelsenkirchen zur Fahrstuhlmannschaft, oder reicht der Kader dieses Mal beim HSV, um wieder aufzusteigen. Für die Knappen jedenfalls muss noch einiges passieren, an Verstärkung und auch an der Kommunikation untereinander. Der Wiederaufstieg scheint mir kein Selbstläufer. 

Und JA! Fussball schaue ich selten - und dann auch ohne Ton. Seit Huberty, Hartmann und Toelke finde ich die Kommentare ungefähr so unangemessen, wie die Gags gestern bei SAT1 - was ich noch viel seltener schauen mag. Alleine schon, weil nach zehn Minuten Sendung, gefühlt zehn Minuten Werbung kommen… und letztere mich meist besser unterhält. 
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Autor:

Stephan Leifeld aus Schermbeck

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