„Ich lebe im Hier und Jetzt“ Esther U. bringt sich und ihre vier Kinder durch - mit Hartz IV

Esther U. beim Ausfüllen der Antragsformulare. Sie weiß, wie‘s geht und wünscht sich, dass auch weitere Bedürftige ihre Möglichkeiten ausnutzen.Foto: Meißner
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Schwerte. Esther U., vier Kinder im Alter von elf, fünf, drei und knapp zwei Jahren, alleinerziehend. Alle fünf leben von etwas mehr als 1000 Euro nach dem SGB II plus Kindergeld. Ein typischer Fall Hartz IV...? Zumindest kennt sich Esther U. aus. Sie weiß, was ihr zusteht, sie weiß, was ihre Kinder bekommen können. Für eine Tochter wollte sie kürzlich den Zehn-Euro-Zuschuss für den Musikunterricht beantragen. Beim Jobcenter konnte man ihr nicht weiterhelfen. „Die wussten dort selbst nicht Bescheid, was uns aus dem Bildungspaket zusteht und wie man daran kommt.“
Ähnlich war es beim Beantragen von Zuschuss für Hefte, Stifte, Bastelmaterial in der Schule. „Hier wussten die Personen dann nicht Bescheid“, klagt sie. Sandra Gerlach, Sozialarbeiterin bei den Sozialen Diensten der Diakonie in Schwerte, kennt das: „Einige der Regelungen sind auch völlig weltfremd. Die 80 Euro, die zu Beginn des Schuljahres jedem berechtigten Kind zustehen, werden erst am 1. August ausgezahlt.“ Esther Us. Fünfjähriger kommt in diesem Jahr in die Schule. „Er möchte seinen Tornister aber schon vorher haben, um ihn wie alle anderen Kinder im Kindergarten vorzeigen zu können.“ Daraus wird wohl nichts werden, mangels Flexibilität seitens der Ämter.
Markenklamotten? Fehlanzeige. Regelmäßig mal ein Eis für alle? Geht nicht. Stattdessen nutzt die Familie die Angebotes der Schwerter Tafel, versorgt sich aus dem Kellerbasar der Diakonie. „Das kostete große Überwindung.“ Esther U. freut sich, wenn auch ihre ganz kleine Tochter in den Kindergarten kommt, dann will sie arbeiten gehen. Das Problem: „Berufstätige Mütter werden bei der Vergabe eines Kindergartenplatzes bevorzugt. Da werde ich wohl noch warten müssen“, meint sie lakonisch. Von einem 400-Euro-Job konnte sie übrigens 100 Euro behalten. Der Rest würde ihr vom staatlichen Zuschuss direkt abgezogen.
„Viele Hartz-IV-Bezieher tappen im Dunkeln, sie wissen nicht, was ihnen zusteht.“ Die Jobcenter müssten alle potenziellen Berechtigten einmal anschreiben, um sie über die Angebote zu informieren, meint Sandra Gerlach. Dann könnte vielen mehr geholfen werden.
Und Esther U.? Was denkt sie von ihrer Zukunft? „Ich lebe im Hier und Jetzt, versuche nicht an morgen zu denken. Dann bekäme ich Angstzustände.“ Und überlegt doch jeden Tag auf neue, wie sie sich und ihre vier Kinder über die Runden bringen kann. Trotz und mit Hartz IV.

Autor:

Thomas Meißner aus Witten

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