Dank Ausbildung in Deutschland angekommen - Junge Flüchtlinge in der Lehre zur Gastronomie-Fachkraft
"Positiv denken und Daumen drücken"

Ausbilderin Regina Ranft ist stolz auf ihre Azubis, ihnen eine Chance am Arbeitsmarkt geben zu können.
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  • Ausbilderin Regina Ranft ist stolz auf ihre Azubis, ihnen eine Chance am Arbeitsmarkt geben zu können.
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Wie eine Sternschnuppe am Nachthimmel war für Saikou Diallo (Guinea (Westafrika), 20J.) und Taimoor Hussein (Pakistan, 28 J.) die Zusage, eine Ausbildung machen zu können. Und gleich in zwei Ausbildungsstätten: Im „Schalander“ und im Ringhotel „Katharinenhof“ erhalten die Flüchtlinge ihr Rüstzeug als Fachkraft in der Gastronomie. Beide sind knapp drei Jahre in Deutschland und in der Küche hochmotiviert.

Daran ändern auch die Sprachprobleme nichts. Als Taimoor Hussein seine Ausbildung begann, stellte sich heraus, dass er Analphabet ist. Seine Muttersprache ist „Urdu“ und er musste zunächst die Buchstaben und Zahlen erlernen. Einige Monate erhielt er Unterstützung, stieg dann wieder in die Gastronomielehre ein und lernt jetzt in Förderkursen Deutsch. Glücklicher Zufall verhalf beiden zum Ausbildungsplatz. Als im Berufskolleg der Werkstatt Unna gemeinsames Kochen angekündigt wurde waren sie sofort dabei. Der Lehrer erkannte Interesse und Geschick und regte eine Ausbildung im Bereich der Gastronomie an.
Ermöglicht wurde eine sog. Verbundausbildung, die auf bis zu drei Ausbildungsstätten verteilt werden kann. Die Regionalagentur, unter dem Dach der Wirtschaftsförderung Kreis Unna, organisierte die Fördermittel. Die Ausbildungsform wurde vor dem Hintergrund des Arbeitskräftemangels, vor allem auch in der Gastronomie, ins Leben gerufen. Lindenbrauerei und Hotel Katharinenhof boten sich als Ausbildungsbetriebe an. In der Lindenbrauerei wird seit über zehn Jahren in der Gastronomie ausgebildet. Flüchtlinge zum ersten Mal. „Sie sind hochmotiviert und geben sich wirklich Mühe“, hat Regina Ranft nach wenigen Monaten erfahren.
Wohnungssuche
Doch vor Ausbildungsbeginn musste zunächst das Wohnungsproblem gelöst werden. Von einer Notunterkunft zogen beide in eine gemeinsame Wohnung in der Innenstadt um. Und das ging so: In der Lindenbrauerei wurde unter Gästen ein Aufruf zur Wohnungssuche gestartet. „Denn sonst hätten die Chancen schlecht ausgesehen“, glaubt Regina Ranft. Eine Dame aus Unna reagierte und bot eine möblierte Wohnung in Unna-Zentrum an. "Ein Glücksfall“, weiß Ranft. „Das passiert wenn Menschen zusammenrücken." Mit ihrer Ausbildungsvergütung bezahlen die jungen Männern ihre Miete. „Und Steuer und Versicherungen, das ist Integration“, ist Ranft zufrieden.
Katharinenhof
Die Ausbildung findet hauptsächlich im Schalander statt. In der Küche erlernen sie die Grundlagen der Gastronomiewirtschaft. Zwei Mal pro Jahr tauschen sie den Ausbildungsort mit dem Ringhotel Katharinenhof für jeweils vier Wochen. Das Fachwissen für die Gastronomie erlernen sie im Gisbert-von-Romberg Berufskolleg in Dortmund.
Ihr Einsatzgebiet umfasst die Küche und den Service. Meist sind sie im „Schalander“, pendeln aber zum Ringhotel Katharinenhof. Wo sie in der größeren Küche für gehobene bürgerliche Ansprüche auch das Flambieren und Dechantieren erlernen, was im Schalander eher selten ist. In der Bistroküche stehen aber vegane, vegetarische und Saisongerichte auf der Karte, neben Baguette, Burger und Salaten. Manchmal ist das Abschmecken schwierig, beide essen kein Schweinefleisch. „Dann schmeckt der Küchenchef ab. Gekocht wird sowieso nach Vorgabe“, erklärt Ausbilderin Regina Ranft.
"Positiv bleiben"
In Restaurants und Gasthäusern zu arbeiten können sich beide gut vorstellen. Nach der Abschlussprüfung im Sommer 2020 stellt sich für sie die Frage, wie es weitergeht. Denn ob sie
übernommen werden ist noch nicht sicher. Saikou Diallo:  "Müssen mit Regina reden."
Mit Blick auf seine Zukunft wünscht sich der junge Mann aus Guinea: „Nach der Ausbildung muss man positiv bleiben, Daumen drücken und immer versuchen besser zu werden.“ Ihr größter Wunsch aber: „Hier zu bleiben.“ Alle drei Monate müssen sie zur
Ausländerbehörde, um ihren Aufenthaltsstatus zu verlängern. Saikou Diallo hofft auf ein gutes Ende seines Asylverfahrens, dass sich derzeit durch Widerspruchseingaben hinzieht. Ihre Ausbilderin Regina Ranft wünscht viel Glück: „Aber vor Gericht und auf hoher See ist man ausgeliefert."
Die Verbundausbildung mit dem Ringhotel Katharinenhof, gefördert von der IHK, könnte für die jungen Männer keine Nedstation sein. Regina Ranft: „Die Gastronomiefachkraft ist die Basis. Eine
Ausbildung zum Koch könnte sich anschließen.“ In dem Berufsfeld bestehen derzeit sehr gute Berufschancen.
Hauptschulabschluss
Saikou absolvierte vorab sogar den Hauptschulabschluss. Er lernt schnell, hat Kontakte zu Gleichaltrigen. Ist der Küchendienst im Schalander beendet schnürt er die Fußballschuhe. Bei Rot-Weiß Unna kickt der Stürmer mit seinen Freunden. Er kommt auch im Schalander gut an: „Saikou kümmert sich einfach gerne“, hat Regina Ranft erkannt. Für Taimoor Hussein ist nach dem Dienst das Chillen auf dem Sofa und der Kontakt zur Familie per Handy wichtiger.
Sehnsucht nach Familie
Trotzdem: Allein in Deutschland zu sein fällt ihnen oft schwer. In der Vorweihnachtszeit vermissen sie ihre Familie besonders. Taimoor: „Weihnachten finde
ich schön, aber besser mit Familie."  Seit 13 Jahren ist er allein unterwegs. Seine Eltern
wollen Pakistan nicht verlassen. „Aber ich will hier bleiben.“ In seiner Heimat wird auch Weihnachten gefeiert. „In Pakistan trifft sich die Familie zum Festessen und man geht nach draussen um andere zu treffen.“ Als Festessen gibt es in Guinea meist Rindfleisch. Mit einer Beschreibung des Festes tut sich Saikou schwer. "Anders, aber fast das gleiche wie hier. Wir haben nicht so viele Möglichkeiten zu feiern.“
Speisen aus der Heimat
Ein Gericht aus ihrer Heimat würden beide gerne mal im Schalander anbieten. Da hat Regina Ranft offene Ohren: „Syrische Wochen gibt es ja im Schalander. Warum nicht mal afrikanische oder pakistanische Speisen.“
Mit der Ausbildung in der Gastronomie nehmen die beiden auch die Arbeitszeiten in Kauf. Am Heiligabend werden sie in der Disko des Kühlschiff im Service eingesetzt, zur traditionellen „X-mas Party“. Zum Weihnachtsfest wird Ausbilderin Regina Ranft ihren Schützlingen viele gute Wünsche auf den Weg geben. Für sie ist die Ausbildung auch ein Stück gelebte Integration. "Wenn wir solche Menschen hier nicht gebrauchen können, was dann."

Autor:

Stefan Reimet aus Holzwickede

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