Radwegekonzept Kreis Unna beschlossen - Ehrgeizige Ausbauplanungen für komfortable Verbindungen
Besseres Netz für Alltagsradler

Foto: Kreis unna
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Mit dem Drahtesel auf beliebten Routen unterwegs zu sein ist spätestens seit Pandemiebeginn höchst beliebt. Von Montag bis Freitag bleibt das Rad aber meist im Keller, Nutzung für Berufs- oder Einkaufsfahrten: Fehlanzeige. „Zu gefährlich, nicht attraktiv“, lauten die Argumente auch im Kreis Unna. Das vom Kreistag beschlossene Radverkehrskonzept soll die Rahmenbedingungen für den weiteren Ausbau des Radwegenetzes geschaffen. Binnen Jahresfrist muss jetzt ein ehrgeiziges Baukonzept auf die Beine gestellt werden, das rund 330 Kilometer Radweg umfassen soll.

Das sog. Kreisradnetz soll vor Ort die Anbindung und Fortsetzung an den Radschnellweg Ruhr (RS1) sowie an das Regionale Radwegenetz Metropole Ruhr sicherstellen. Auf 20 Kilometern zieht der sich durch den Kreis Unna, weitgehend entlang der ehem. Klöcknerbahntrasse. Bis dahin gehen aber noch mindestens zehn Jahre für das Planfeststellungsverfahren ins Land. Rascher geht es, wenn der Kreis direkt planen kann. Etwa an der Landskroner Straße (K10) in Holzwickede, wo parallel zur Straße ein breiter Radweg gebaut wird, der Alltags- und Freizeitradlern mehr Platz und Sicherheit gibt. Komfort und Sicherheit stehen auch im Fokus des neuen Radwegekonzeptes.
Mehr Planung vor Ort
Seit Ende 2019 arbeitete der Kreis Unna in enger Abstimmung mit den zehn Städten und Gemeinden, dem Landesbetrieb Straßen.NRW, Nachbarkreisen und Interessenvertretern wie dem ADFC am Radverkehrskonzept. Ein Gutachterbüro aus Dortmund unterstützte den Kreis Unna dabei planerisch und konzeptionell. Nach Wunsch des Kreis Unna soll die Sicherheit nicht nur auf den Radverkehr bezogen betrachtet werden. Heftig diskutiert wurde, ob der Radverkehr auf Radhauptverbindungen an bestimmten Knotenpunkten Vorfahrt haben soll.
Für die Umsetzung eines rund 330 Kilometer langes Kreisradnetzes, das ergänzt und verdichtet werden soll, ghet der Kreis Unna einen speziellen Weg. . "Durch die bevorzugte Führung des Kreisradnetzes an oder auf Kreisstraßen möchten wir eine möglichst gute Umsetzbarkeit durch den Kreis Unna als zuständigen Baulastträger gewährleisten", erklärt Kreis-Baudezernent Ludwig Holzbeck. Heisst: Durch Planung vor Ort wird das Zeitfenster bis zur Umsetzung verringert. Dazu müssten aber Budget und Personalausstattung in den beteiligten Ämtern vorhanden sein. „Vor zehn Jahren gab es deutlich mehr Leute die Radwege planten, jetzt werden zwar kommunale Gelder bereitgestellt, aber es mangelt an Personal“, gibt Jürgen Heidenreich, im ADFC Unna Experte für Radwegeplanung, zu bedenken. „Da müssen Kapazität ausgebaut werden.“
Der Kreis Unna betont auch, man habe unmittelbaren Einfluss"nur" auf rund 200 Kilometer Kreisstraßen. Und man bitte die Städte und Gemeinden sowie das Land NRW um Kooperation. Und gibt sich selbstbewusst: Wegen seines guten Ausbau- und Beschilderungsstandards haben man ja die Auszeichnung als fahrradfreundlicher Kreis.
Rasche Umsetzung 
Bislang ist es nur ein Konzept, aber nach Wunsch des ADFC mündet es kurzfristig in Maßnahmen. Zu den rund 200 km gekennzeichneten Radwegen entlang der Kreisstraßen sind jetzt weitere 75 km für den Ausbau vorgesehen. Hohe Erwartungen bremst der ADFC aber: In der Vergangenheit konnten nur 3 km pro Jahr gebaut werden. „Wenn das Tempo bleibt sind wir bei 30 Jahren. Die Zeit bleibt nicht, wenn man ernsthaft die Wende erreichen will.“ Um die Klimaziele zu erreichen müsse der Radverkehrsanteil von rund 15% derzeit in den nächsten zehn Jahren mindestens verdoppelt werden.
Netzdichte
In einer Synopse sind die Vorschläge zu Änderungen im Radwegenetz im Detail örtlich aufgelistet. (siehe auch https://www.kreis-unna.de/hauptnavigation/kultur-tourismus/sport-und-erholung/radfahren-und-radwandern)  Schwerpunkte bilden Lückenschlüsse bestehender Teil-Radwege und die Anbindung an regionale Netze. Dem Kraftverkehrsnetz immer ähnlicher werden künftige Haupt- und Nebenverbindungen ausgewiesen.  Auch dem Thema Sicherheit wird raum gegeben: Besonders Zonen mit wenig Platz für unterschiedliche Verkehrsarten an Hauptverkehrsstraßen sind für Radfahrer unangenehm. Wo möglich setzt das Konzept auf einen sog. Modalsplit, die klare, sichere Abgrenzung unterschiedlicher Verkehrsarten.  Von zu langen Ampelwartezeiten bis zum Platzmangel neben Parkstreifen reicht der Maßnahmen-Katalog. Zur Sicherheit trägt auch eine Erhöhung der Mindestbreite, die von 2,50 auf 3 Metern von Zwei-Richtungsradwegen bei. Hier stellt sich aber das Problem der Grundstücksnutzung, Häuser oder Baumreihen bzw. der Naturschutz lassen das teilweise nicht zu. Der ganz große Wurf ist das Konzept nach Ansicht des ADFC aber noch nicht. 
Politischer Wille?
„Es ist noch nicht die politische Mehrheiten absehbar für ein Umdenken weg vom Auto zum Rad“, glaubt Jürgen Heidenreich. Erkennt aber einen Wechsel in der Sichtweise der Planer. Musste früher geprüft werden ob ein Radweg Sinn macht ist heute eine Begründung erforderlich, warum keiner gebaut wird. „Der Kreis Unna ist guten Willens“, ist Jürgen Heidenreich überzeugt. Bedauert aber, dass nur jeder 5. Vorschlag des ADFC akzeptiert, die Hälfte lediglich zur Kenntnis genommen wurde. Fehler seien gemacht worden, Zeit verloren, aber auch nachgebessert.
Anbindung Fröndenberg
Ob Radwege von Alltagsradlern akzeptiert werden hängt auch von der sog. "Umwegbarkeit" ab. Bis zu 20 Prozent längere Streckenführung nehmen Radler demnach in Kauf, im Vergleich zur PKW-Strecke. Die Radwegeverbindung zwischen Fröndenberg über Kessebüren nach Unna ist seit jeher umstritten. Wer die vom PKW-Verkehr dominierte Hauptstraße meiden will muss ausweichen. Das neue Radwegekonzept weist nur eine Umfahrung über die Siedlung Landwehr aus, teils über Trampelpfade. "Da wäre eine direkte Verbindung viel attraktiver", meint Jürgen Heidenreich. 

Optimierung Seseke- und Emscherradweg
Parallelverbindungen wurden erkannt und rausgenommen. Teilweise sei das Radnetz schon wieder dichter: Etwa von Kamen-Methler oder Lünen-Süd nach Lanstrop oder Bönen nach Hamm Pelkum. Auch sind Bahnhöfe als Verknüpfungspunkte aufgenommen. Ein positives Beispiel für Verkehrssicherheit ist der Mehrzweckstreifen entlang der Ökostation Bergkamen Heil. Er wurde kurzfristig, ein Radweg führt jetzt 2 km direkt am Naturschutzgebiet. Gelungen durch Ummarkierung und eine Schutzplanke. Zur Verbesserung der Radwege wünscht die Interessenvertretung der Radfahrer etwa die Asphaltierung von Emscher- und Sesekeradweg. Optimierungen seien erforderlich etwa zwischen Kamen und Lünen, insbesondere an der Lünener Straße, wo bislang nur Fragmente von Radwegen bestehen.
Realisierung
Die Umsetzung des neuen Radwegekonzeptes soll nach den Vorstellungen der Beteiligten einer jährlichen Kontrolle unterzogen werden, um Änderungen direkt einzubinden. Bis das Radwegenetz aber so eng und sicher ist wie erwünscht dürften aber Jahrzehnte vergehen. "Zeit die wir kaum haben", ist Jürgen Heidenreich überzeugt. "Für die kommenden Generationen wird es immer schwieriger."

Autor:

Stefan Reimet aus Holzwickede

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