Werden wir als Bürger nur noch veralbert?

Seit wir vor einem halben Jahr unseren Arbeitskreis Kommunalpolitik gegründet haben, versuchen wir die Politik in Unna ein bisschen mehr in Richtung Bürgerbeteiligung zu bringen.

Dass das nicht leicht wird, war uns schon klar, immerhin versuchen wir ein seit Jahrzehnten etabliertes Gremium wie den Rat der Stadt aufzuwecken. Einige der Ratsmitglieder sitzen seit vielen Jahren in ihren Ratssesseln und haben sich kuschelig eingerichtet. Aber wir waren der Meinung, dass man sich vernünftigen Anregungen nicht auf ganzer Front verschließen kann.

Schon im Rahmen der Bürgerinitiative "Unna ohne RWE" im Sommer 2011 stießen wir auf absolute Ignoranz und die Tendenz, Totschlagargumente zu entwickeln, die sachlicher Grundlage entbehrten. So wurde man nicht müde, den Bürgern zu erzählen, dass bei unserer Variante der Strom teurer würde. Was sachlich falsch war, aber halt einfach zu glauben. Das Bürgerbegehren scheiterte und der Strom wurde auch so teurer.

Dann kam unser Antrag auf Reduzierung der Fraktionszuwendungen. Ein gut durchdachter, mit Zahlen unterfütterter Antrag, der den Ratsmitgliedern aber überhaupt nicht schmeckte. Hinter vorgehaltener Hand, im privaten Gespräch und am Telefon wurde uns von verschiedenen Ratsmitgliedern, die namentlich nicht genannt werden wollten, inhaltliche Zustimmung signalisiert. Die Reduzierung der Fraktionszuwendungen hätte einige Pünktchen weniger bei der Grundsteuererhöhung bedeutet. Was passierte mit unserem Antrag? Er wurde von Ausschuss zu Ausschuss weitergereicht und schließlich der Verwaltung zur Prüfung übergeben. Das heisst, er verschimmelt jetzt in irgendeiner Schublade und zwar nur deshalb, weil der Rat zu feige war, öffentlich darüber abzustimmen.

Im Rahmen des Haushaltskonzeptes habe ich, wie einige andere Bürger auch, Einwendungen gegen einige Inhalte wie Lichtkunstbezuschussung, Gradierwerkbezuschlussung usw angemeldet. Die Einwendungen wurden auch behandelt. ich erhielt dann einen Brief mit einer formalen Beantwortung meiner Einwendung. Zum Beispiel wurde angeblich meiner Einwendung gegen die Subventionierung des Gradierwerkbaus stattgegeben. Klar, der Kämmerer hatte die Bezuschussung wegen einer Finanzierungslücke aus dem Haushaltsplan zurückgezogen. Direkt anschließend gab es aber eine Beschlussfassung, das Gradierwerk zu subventionieren, wenn die Finanzierungslücke geschlossen würde. Da fühle ich mich doch total veralbert!

Jetzt unsere Anträge zum Schulkonzept: Ein Antrag mit einem Alternativkonzept, das parallel zu dem Konzept der Stadt der Verwaltung zur Überprüfung übergeben werden soll. Ein Konzept, das wir nach viel Diskussion unter Einbeziehung der Argumente der Bürgerinitiative der Grundschulen erarbeitet haben. Ganz plötzlich sehen auch die Ratsmitglieder Bedarf an Alternativkonzepten. Die GAL will sogar ein eigenes entwickeln. Ich bin gespannt, wie sehr sich dieses Konzept von unserem unterscheiden wird.

Für viele Äußerungen in der Presse sorgte unser Antrag auf einen Ratsbürgerentscheid zum Schulkonzept. Auch hier das alte Muster: Antrag entweder gar nicht gelesen oder nicht verstanden oder eine bewusste Falschdarstellung, um uns blöd darstehen zu lassen. Es wurde behauptet, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt einen Bürgerentscheid wollten. Nein, wollen wir nicht, wäre ja auch sinnlos. Wir wollen, dass verschiedene vorliegende Konzepte ordentlich auf Machbarkeit und finanzielle Auswirkungen geprüft werden und dann, nach Information und Diskussion mit den Bürgern, soll im Rahmen der Kommunalwahl im Mai 2014 abgestimmt werden. Viel Zeit also zu prüfen und zu diskutieren. Das ist auch nötig, weil mit der Verabschiedung eines Konzeptes langfristige Folgen für das Schulsystem der Stadt und Folgen für den städtischen Haushalt verbunden sind.

Weitere Beispiele gibt es genug. Ich denke an die vielen Bürger, die über Lärm vor der eigenen Haustür klagen und von der Stadt Veränderungen fordern. Auch hier gibt es Ideen auf Bürgerseite, die nicht ernsthaft diskutiert werden. Oder die Einwendung eines Bürgers bezüglich der Bebauung am Afferder Weg. Auch hier wird nicht im Rat oder den Ausschüssen diskutiert. Insgesamt gibt es die Tendenz, dass sich bei Anträgen aus der Bürgerschaft Ratsvertreter in der Presse äußern, häufig herablassend und sich wenig mit den Hintergründen oder den Argumenten auseinandersetzend.

Bürgerbeteiligung ist in Unna nicht nur nicht erwünscht, sondern wird oft im Vorfeld behindert und herabgewürdigt. Ich erwarte von unseren gewählten Volksvertretern, dass sie sich zumindest mit Ideen und Argumenten sachlich auseinandersetzen. Dass nicht im Vorfeld eine private Meinung herausposaunt wird, sondern dass sich in den Ausschüssen und im Rat ernsthaft mit diesen Anträgen und Einwendungen beschäftigt wird.

Und, liebe Mitbürger: Glaubt nicht jedem Argument, dass in der Presse lanciert wird. Informiert euch und beteiligt euch an Diskussionen.

Mehr zur Arbeit der Piratenpartei in Unna gibts auch hier

Autor:

Heike Palm aus Unna

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.