Von Kurios bis Schock: Erlebnisse im Schlüsseldienst
Eingeschlossene Kripo aus Wohnung befreit

Den Einsatz des Zieh-Fix, eine Kralle mit enormer Punktkraft, darf Ante Pavic zeigen, das Spezialwerkzeug bleibt gut verborgen.
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  • Den Einsatz des Zieh-Fix, eine Kralle mit enormer Punktkraft, darf Ante Pavic zeigen, das Spezialwerkzeug bleibt gut verborgen.
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(SR)Eines vorab, der Klassiker funktioniert nicht, mit der Geldkarte lässt sich kein Schloss öffnen. „Die bricht nur ab“, weiß Ante Pavic. Der Experte in Sachen Türöffnung hat im Laufe der Jahre kuriose und schockierende Fälle erlebt - Von der Messi-Wohnung bis zum Tatort.

Ungewöhnlich ist es nicht, dass die Polizei bei Ante Pavic klingelt. Ein Fall blieb aber besonders haften, denn der trieb ihm den Schweiß richtig auf die Stirn. In der Wohnung hatte sich ein Mord ereignet und Mitarbeiter der Kriminaltechnischen Untersuchung waren vor Ort. Während der akribischen Spurensicherung fiel durch einen Luftzug die Eingangstür ins Schloss. Der Zylinder war bereits zerstört, ein Öffnen von keiner Seite möglich. „Die verlangten extreme Vorsicht“, erinnert sich Pavic. „Nichts durfte berührt werden.“ Der Einsatz am Tatort wurde zu den längsten 25 Minuten seines Lebens.
Zieh-Fix
Eigentlich geht es mit Spezialwerkzeug recht zügig. Der Zieh-Fix ist wohl das bekannteste, die feinen Präzisionsinstrumente, mit denen Zylinder und Schließriegel im Notfall bearbeitet werden, müssen aber im geschlossenen Koffer bleiben. Einen enormen Wandel beobachtet der Experte, der in einem Schlüsseldienst in Massen arbeitet,  in der Sicherheistechnik. Hohe Einbruchzahlen, vor allem jetzt in der Vorweihnachtszeit und die Sensibilisierung der Eigentümer kurbeln die Nachfrage nach modernen Systemen an.
Öffentliche Fördermittel erhält, wer mehr als 500 Euro in anerkannte Sicherheitstechnik investiert. Der Anteil der „smart home“-Technik ist da noch eher gering. „Die besten Sicherungssysteme sind die mechanischen“, so Pavic. Jedes Objekt muss individuell ausgestattet werden, je nach Tür- und Fensterflächen. Das Wichtigste seien hochwertige Zylinder und Scharniere auch an Terassentüren und Nebenanlagen. Immer häufiger werden Schließanlagen mit unterschiedlichen Zugangsberechtigungen eingebaut. Bestimmte Räume, Garagen, Werkstätten werden in Untergruppen aufgeteilt. Bei Verlust halten sich heute auch die Kosten im Rahmen, im Gegensatz zu früher. Denn moderne Zylinder können umgebaut oder verlängert bzw. gekürzt werden. „Ein guter Zylinder hält länger als manche Tür.“
Mehrere Tausend Kunden hat ein moderner Schlüsseldienst, der Schlüsseldienst Schlang etwa im Einzugsbereich von Soest bis Düsseldorf und von Selm bis Iserlohn.
Panik
Notdienste für Wohnungsgesellschaften oder größere Unternehmen gehören zu den Hauptaufgaben. Aber das "Aussperren" von Privatleuten ist immer noch der häufigste Einsatzgrund. Die gestresste Mutter mit Kleinkind, die auf dem Weg zum Waschmaschinenkeller den Schlüssel vergisst, führt die Rangliste an.  Häufig kommen die Leute aber auch nicht mehr aus der Wohnung, weil das Schloss defekt ist oder der Schlüssel abgebrochen. Dann ist etwas Psychologie gefragt. „Viele geraten in Panik.“
Kommt der Auftrag von einer Behörde, erlebt Ante Pavic  ganz andere Umstände. Amtliche Türöffnungen gehören dazu, um Verstorbene aus der Wohnung zu holen. Von Todesfall bis Selbstmord bekommt er einiges zu sehen. Mit dem Gerichtsvollzieher ist er manchmal unterwegs. Wer die Pfändung hartnäckig verweigert und der Amtsperson den Zugang verweigert hat, bekommt Besuch vom Schlüsseldienst.  „Die meisten Betroffenen sind sehr kooperativ“, durfte Pavic erfahren.  Manche öffnen im letzten Moment. „Die Kosten stapeln sich ja bei denen.“ Nicht jede Wohnung ist angenehm anzusehen. „Oft ist der Geruch schon anders.“ Manchmal stapeln sich Unrat und Gegenstände bis unter die Decke. 
Silvestereinsätze
Zum Jahresende verbessert sich nochmals die Auftragslage des Schlüsseldienstes. In der Silvesternacht beginnt meist gegen halb eins der Einsatz, wenn man nach dem Feuerwerk vor verschlossener Tür steht. In einer "normalen" Nacht sind es immerhin drei Alarmierungen. Die typische "Türaussperrung" ist meist bis 20 Uhr. 
Aber auch wenn die Tür offen steht wird der Schlüsseldienst geordert. Nach Einbruch, Vandalismus oder Sturmschäden sind beschädigte Türen und Fenster zu verschließen. In Zukunft stellt sich Ante Pavic vermehrt auf elektronische Systeme ein. Ganz auf den Schlüssel zu verzichten scheint das Ideal vieler Eigentümer zu sein. Mit Zahlenkombinationen lassen sich Eingangs- und Terassentürschlösser elektrisch entriegeln. 
Die Sicherheitstechnik wird immer spezieller und umfangreicher. Ante Pavic plant daher einen Wechsel in neue Geschäftsräume mit größerer Ausstellungsfläche. Die Türöffnung im Notfalle wird es aber weiterhin geben. Die Frage ist, was öfter vergessen wird, ein Schlüssel oder ein Zahlencode.

Autor:

Stefan Reimet aus Holzwickede

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