Schubladendenken: Überleben auf Festivals von Oliver Uschmann aus dem Bücherkompass

Wie erwähnt es Oliver Uschmann so treffend in „Die Bauten und Siedlungen“ Kapitel „Stadtviertel“ auf Seite 348: „Ausnahmen von dieser neuen Regel (Bildung von sogenannten Stadtvierteln auf Festivals) bilden lediglich kleinere Veranstaltungen wie das harmoniesüchtige Haldern Pop...“ Nach der Lektüre dieses Ratgebers :-) bin ich froh. Froh, bislang nur Besucher dieses „hamoniesüchtigen“ kleinen Haldern Pop gewesen zu sein.

Denn: Den Durchblick auf großen Festivals zu bekommen, scheint echt Hölle zu sein. Die ganzen Gruppen der Festivalbesucher und der Musikergruppen auseinanderzuhalten. Sich zurechtzufinden. Zu ÜBERLEBEN. Der geneigte Leser dieser Rezension wird bald feststellen - ja, ich bin gegen Schubladendenken, besonders wenn es so extrem durchexerziert wird, wie in diesem Buch. Da helfen auch Augenzwinkern und Satiremodus nichts!

Geradezu happy bin ich auch über die Tatsache, dass der Festivalbesucher Typ Rezensionistin durch alle Raster des Herrn U. zu fallen scheint. Nein, nirgendwo ist die Reder von der Tagespendlerin, die die ausgelassene, ungezwungene Stimmung auf dem Festival genießt und in sich einsaugt. Aber ein absoluter Nichtcamper ist und sich gerne am Kaffeestand neben der Bühne ein großes Stück Melone gönnt. Das zuvor übrigens liebevoll vom Haldern-Team entkernt worden ist. Also nix da mit Todsünde Obst, Teeren und Federn der Deliquentin inklusive!

Gefallen hat mir aber der locker-flockige Schreibstil, der nicht nur bei mir zu dem ein oder anderen herzhaften Lacher geführt hat. So wurde „die Krankenschwester“ wiedererkannt und das Erlebnis-Wurfzelt. Allerdings ganz großes Manko ;-) wo bleibt die Beschreibung der Weihnachtsbäume aus dem letzten Jahr, mit denen zahlreiche Behausungen verschönert werden? Dieses Jahr stand unser Zeltviertel übrigens tatsächlich neben einem Veteranen-Wohnmobil, wo sich die Bewohner jeden Morgen hinter echten Spiegeln rasierten.

Überaus beruhigt bin ich auch, dass es in Haldern kaum Generatorhöllen, Tanzkriege und „quer durch die Gegend fliegen“, wahlweise mitten hinein ins Dixi, zu geben scheint. Dafür aber ausgeprägte Grill- und Kuchenrituale, an denen wir alle sehr hängen. Auch Biermischgetränke sind mittlerweile nicht mehr ganz so verpönt wie noch vor ein paar Jahren...

Mein Fazit: Eine amüsante Lektüre für alle Festivalbesucher. Aber ohne großen Identitätsanspruch und für meinen Geschmack einfach zuviel Schubladendenken.

Autor:

Christiane Bienemann aus Kleve

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