Ein vergessener Berg: Der „Mosels Bergh“ von Bedburg-Hau

Mosels Bergh
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Der „Mosels Bergh“ ist eigentlich kein Berg im herkömmlichen Sinne, sondern ein künstlich angelegter Hügel auf einem künstlich angelegten Plateau im Moyländer Wald, in der Nähe des Schollenberges, wenige Meter neben dem heutigen Voltaireweg, einem alten Postweg von Kleve nach Moyland. Von der Mühlenstraße über den Voltaireweg Richtung Moyland, nach rd. 250 Metern, an der höchsten Stelle des Weges, liegt der „Mosels Bergh“ etwas versteckt, rd. 20 Meter zur rechten Hand im Wald. Dieser Teil des Waldes gehört zur Gemarkung Schneppenbaum, Flur 24, Flurstück 6 (51°45'37.7"N 6°12'34.9"E) und gehört zum Staatsforst NRW.

Kein Voltaireweg-Wanderer wird auf diesen historischen Platz aufmerksam
Friedrich Wilhelm I. der „Soldatenkönig“, sein Sohn Friedrich II. „Friedrich der Große“ auch der „Alte Fritz“ genannt, beide eng verbunden mit der Familie von der Mosel auf dem Gut Rosendal, haben mehrmals beim verweilen auf dem Königlichen Schloss Moyland, den heutigen Voltaireweg nachweislich benutzt. Unvorstellbar, dass beide den prachtvoll ausgestatteten „Mosels Bergh“, ein Aussichtspunkt, der damals einen wunderbaren Blick auf die Niederung hergab, nicht betreten haben.
Auch Voltaire wird den „Mosels Bergh“ nicht links liegen gelassen haben. Voltaire besuchte Friedrich II. am 11. September 1740 auf Schloss Moyland. Er hatte sein Quartier in Kleve, muss also den Weg, der nach ihm benannt wurde, benutzt haben. Voltaire weilte dreimal in Kleve, vom 11. bis 14. September, am 12. Dezember 1740 und für 14 Tage ab dem 2. Juli 1750 auf dem Weg von Paris nach Potsdam.

Von der Mosel/Rosendal
Die Familie von der Mosel stammt aus dem Dorf Mosel in Sachsen. Der Oberstleutnant Konrad Wilhelm von der Mosel (1664-1733), später General und Gouverneur der Festung Wesel, kaufte 1706 das Gut Rosendal von Ludolf von Osterwyk. Sein Sohn Friedrich Wilhelm von der Mosel war später ebenfalls General unter Friedrich II. 1726 besuchte Friedrich I. mit Kronprinz Friedrich das Gut Rosendal. (s. dazu Anekdote am Ende) Konrad Wilhelm von der Mosel beschützte Kronprinz Friedrich in der Festung Wesel vor den Handgreiflichkeiten seines Vaters, nachdem seine Flucht 1730 gescheitert war und der Kronprinz in der Festung festgehalten wurde.
Das Gut Rosendal wurde als Sommersitz, als Lustschloss genutzt.
Unmittelbar nach dem Kauf wurden Gärten und Obstplantagen angelegt. Der Aussichtspunkt, der „Mosels Bergh“ muss auch in diesen Jahren angelegt worden sein, denn bereits 1723 ist dieser Berg im clevischen Kataster, Amt Cleverhamm, eingezeichnet.
Das Gut Rosendal befindet sich heute noch im Besitz der Familie von der Mosel. Leider ist das Wissen um den „Mosels Bergh“ bei von der Mosels nicht mehr präsent, es gibt auch keinerlei Unterlagen darüber.

Der „Mosels Bergh“
Der Hügel befindet sich auf einem rechteckigen Plateau mit den Maßen 80 m x 40 m und liegt auf 43 m ü. NN. Im derzeitigen Zustand hat der Hügel einen max. Durchmesser bis zu 25 m, die Höhe liegt bei 1,80 m. Zum Plateau hinauf führen von allen Seiten stufenartige Aufgänge die im heutigen Zustand nur sehr schwer auszumachen sind. Im digitalen Geländemodell sind diese Aufgänge jedoch deutlich erkennbar. In westlicher Richtung, auf einer leicht abfallenden Geländeterrasse mit einer Länge von 123 m, in südlicher Richtung, ebenfalls leicht abfallend, auf einer Länge von 90 m. Ansatzweise ist auch in östlicher Richtung ein Aufgang zu erkennen. In nördlicher Richtung, auf den heutigen Voltaireweg, scheint es auch einen Aufgang gegeben zu haben. Die Aufgänge haben eine Breite von rd. 9 m.
Im clevischen Kataster 1723, ist das Plateau mit dem Namen „Mosels Bergh“ dargestellt. (Karte, oben ist Süden) Die Aufgänge zum Plateau fehlen bis auf eine Ausnahme, der Aufgang vom Voltaireweg ist eingezeichnet. Das Fehlen der anderen Aufgänge könnte darauf hinweisen, dass diese später errichtet wurden. Am Voltaireweg ein Gatter, dass den Zugang versperrt und oberhalb nochmals ein Gatter am Plateau. Das Plateau wird durch zwei Wege durchschnitten die sich in der Mitte in einem Rondell kreuzen. Die vier „Beete“ scheinen mit Büschen oder kleineren Bäumen bepflanzt zu sein. Das Rondell scheint eine Einfassung zu besitzen und die zueinander laufenden Wege sind an der Stelle eingeengt. Bänke? In der Mitte des Rondells ein großer Baum. Das ganze Plateau ist von einer Hecke oder ähnlichem eingefasst.
Rund einhundert Jahre später, auf der Tranchot-Karte um 1810, sind die Aufgänge, die im clevischen Kataster fehlen, eingezeichnet. Auf der Tranchot-Karte ist auch eine andere Gartenanlage „Starrenbusch“, die damals auch zum Gut Rosendal gehörte verzeichnet.
Bereits in der preußischen Uraufnahme um 1850 gibt es keinen Hinweis mehr auf den „Mosels Bergh“. Auch auf späteren Karten ist nichts verzeichnet, man kann lediglich erkennen, dass es dort einen kleinen Hügel gibt.
Im digitalen Geländemodell, hierbei wird der Oberflächenbewuchs weggerechnet, sind der Hügel, das Plateau und die Aufgänge ganz klar erkennbar.

Der Aussichtspunkt
Im 17./18. Jahrhundert war es modern Aussichtspunkte, im franz. „Point de vue“ genannt, in und außerhalb von Gartenanlagen zu errichten. Meist gab es von Aussichtspunkt zu Aussichtspunkt, oder zu anderen markanten Geländepunkten, eine Sichtverbindung die sog. Sichtachsen.
Wesentlich sinnvoller wäre es gewesen für den Aussichtspunkt „Mosels Bergh“ den wenige hundert Meter südlich gelegenen Sternberg, der zudem auch einige Meter höher liegt, zu nutzen. Tatsächlich gab es auf dem Sternberg auch einen Aussichtspunkt, mit sternförmig angelegten Wegen, wie man auf der Tranchot-Karte erkennen kann.
Warum der „Mosels Bergh“ am Postweg errichtet wurde lässt sich jedoch erklären. Er liegt genau in einer langen Sichtachse. Schwanenburg - Papenberg – Mosels Bergh – Moylandse Bergh (Katzenbuckel) und Monreberg Kalkar.

Was nun?
Über den vergessenen „Mosels Bergh“, über die Geschichte, habe ich den Bürgermeister Peter Driessen informiert und vorgeschlagen, den Berg in den Voltaire-Wanderweg mit einzubeziehen. Dazu müssten nur wenige Stufen vom Voltaireweg aus angelegt und eine Tafel mit Erklärungen zum „Mosels Bergh“ aufgestellt werden. Zudem habe ich angeregt den Berg in die Liste der Bodendenkmale der Gemeinde aufzunehmen. Peter Driessen unterrichtete mir vor kurzem, dass er diesbezüglich schon Gespräche aufgenommen hat.

Eine kleine Anekdote aus:
Albrecht Hallers Tagebücher seiner Reisen nach Deutschland, Holland und England 1723-1727 Leipzig 1883 Verlag S. Hirzel, Seite 63 - 65. Bayerische Staatsbibliothek, Ludwigstr. 16, 80539 München.
17. Juli 1726:"...Nachmittags giengen wir alleine Hr. Man darf nicht als gerüstt an Hof gehen nach Rosen–Dael, Lustschloße des Generals Mosels, davon die Gärten schön gewest, itzt bedeutets alle Mal nicht viel: Wir hielten vorm Hof stille und fanden, daß der König und Kronprintz in Preußen, General Dönhof, Mosel und Graf Fink an der Tafel waren. Er wurde von wenigen Dienern in ziemlich schlechter livrée, alle blau und roth, aufgewart, kein Page, ja kein aimable Gesicht drunter. Wir warteten vorm Speisesaal wohl 11/2 Stunden. Es kame auch ein alter Mann und ein Franzose, mit Suppliquen. Zu ihrem Unglüke kame General Mosel besoffen rauß, der dann brutal, wie Soldaten von Fortune gerne sind, sie 2 weg stieße und außm Schloße juge. Uns fragte er, was wir wolten. Nichts. Darauf ging er weg, frug den Diener, wer wir wären. Ueber eine Weile ging der König in Garten, indeßen stieg Finkenstein in die Kutsche, fuhr nach Cleve. Endlich kam der König und Printz sammt den Generalen: S. K. M. ging gerade auf uns zu und fragte, wer wir wären? Schweizer. Woher? Von Leyden, da wir studierten. Ob wir Edelleute? Nur Hr. Y. Diesbach. Unsre Nahmen? Wo hin? Nach Hannover, Hamburg. Ob wir nie gedient? Nein. Ob Hr. von Diesbach nicht wolte? Nein, könnte der Re– publique sonst dienen, in Chargen. Glück auf die Reise! Hiermit zog er den Hut, wie beym Antritt, ab und stieg zu Pferde. Es ist ein ziemlich langer besetzter Herr, trägt ein naturel-grau Perükgen, roth Gesicht, graue Augen, kleine Nase und sehr kleinen Mund, le regard majestueur, ferme, blauen Grenadier-Rock mit einem silbernen Sterne auf der linken und Oranjefarben Band, als Großmeister des schwar zen Adler-Ordens, Hosen und Gétres. Indessen hatte der Printz eine Comoedie. Der besofene Mosel wolte S. K. H. Pferd besteigen, wie aber der Bediente ihm den Stegreif immer zu kurtz machte, merkte er es endlich, wolte ihn prügeln. Der ander lieff aber immer ums Pferd rum. Endlich mußte er aufsteigen, weil der Prinz herzlich lachte. Der Herr ist nicht groß, schwarze Augen und Haar, aimable Gesichte, schlechte Grenadierkleider, auch ein schlecht Pferd. Darauf ritte der Hof nach Moyland, wo eine Jagd geschehen sollte, wir aber fuhren vergnügt nach Cleve hin. Remarquable war es, daß General Dönhoff, nachdem S. M. so gnädig mit uns geweßt, uns angesprochen, sich über die Unwißenheit unseres Standes entschuldigt, daß er uns S. M. nicht über Tafel praesentirt und zusammen sehr höflich gewest! - Regis ad exemplum totus componitur oróis."

Voltaire in Moyland: Die Moyländer Tafelrunde und das Wasser von Cleve Teil 1  hier  , Teil 2  hier  ,  Teil 3  hier

Autor:

Günter van Meegen aus Bedburg-Hau

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