Beachcafe am Kemnader See
Die Crux mit den Liegestühlen

Beach Cafe am Kemnader See
 - oder die Crux mit den Liegestühlen

Was kann man bei schönem Wetter anderes tun als sich hinaus in die Natur zu begeben? Aber wichtig ist dabei natürlich auch der westliche Konsum. Und so bietet sich in Bochum das Beach Cafe am Kemnader See hervorragend an. Man hat Sand, wie an der Küste, eine kleine Bar, Musikberieselung aus diversen Lautsprechern rund um das Areal, und – Liegestühle.
Nun ist es mit den Liegestühlen so eine Sache, eine ganz besondere, denn, wie man weiß, bestehen sie aus drei Ebenen, also drei unterschiedlichen Holzverstrebungen, die in bestimmte Richtungen zusammengeführt werden müssen.
Es ist schwierig.
Da ich den meinen schon schön zusammengebastelt hatte und gemütlich in der Sonne saß, konnte ich mir das anderweitige Treiben genüsslich zu Gemüte führen.
Unweit von mir tauchte ein mittelalterliches Paar auf, er, dick und behäbig mit einem Doppelkinn und weißem Igelschnitt, sie, sehr gepflegt und schlank, Typ Sekretärin. Er holte zwei Liegestühle und gemeinsam begannen sie, diese aufzubauen. Weder sie noch er waren mit dieser gemeinen Konstruktion wirklich vertraut.
Es war auch schwierig, zumal diese Kemnader Liegestühle noch eine exklusive Besonderheit aufwiesen. Sie hatten Armlehnen. Damit hatte es eine besondere Bewandtnis. Während man nämlich das Gestell des Stuhles mit diesen drei komplizierten Ebenen bediente, musste man gleichzeitig die Armlehnen beidseitig entweder nach vorne oder nach hinten klappen, damit sie entweder nach oben oder nach unten zeigten. Wenn man allerdings BEIDE Armlehnen nach oben klappen wollte, hatte man ein Problem, denn diese Vorrichtung funktionierte leider nicht synchron. Hatte man die eine Seite der Armlehne bewerkstelligt, hieß das nicht zwangsläufig, dass die andere Armlehne auch passgenau saß. Bei dieser Rumklapperei konnte es dann passieren, dass man die rechte Seite hingekriegt hatte, die linke aber wieder gegengleich zusammenfiel. Machte man sich dann an der linken Seite zu schaffen, klappte mitunter die rechte Armlehne wieder ein. Und so weiter, und so weiter….
Dieses Spiel betrieb die Frau, Typ Sekretärin, nun schon eine ganze Weile mit herausfordernder Akribie, die mich sie bewundern ließ. Jedes Mal musste sie also den Liegestuhl hinten hochheben, um seitlich die Armlehnen zu klappen. Doch da es ihr unmöglich war, gleichzeitig auf der rechten Seite als auch auf der linken des Stuhles zu stehen, um die Biester umzuklappen, und gleichzeitig dann der Liegestuhl wieder in sich zusammenfiel, wenn sie diese Luxusversion installieren wollte, war sie doch einigermaßen irritiert.
Es musste einen Trick geben, aber den hatte sie nicht raus.
Ihrem Mann hingegen war ein gravierender Fehler beim Aufklappen des gesamten Liegestuhles unterlaufen. Das mit den Armlehnen hatte er schon mal gar nicht in Erwägung gezogen. Sein Liegestuhlgestell setzte sich nicht passgenau in die dafür vorgesehenen hinteren Kanten, so dass die eine Seite oben, die andere etwas tiefer einrastete. Ein Irrtum. Mit einem Plumps ließ er sich nun endlich in seinen Liegestuhl fallen und hing jämmerlich schräg auf der Liegefläche, wobei er jetzt wohl nicht genau wusste, was passiert war. Er zögerte. Überlegte. Sollte er sich wirklich noch einmal aufraffen oder aber die Dinge geschehen lassen? Na ja, rückenfreundlich war es nicht. . Er bemühte sich schwerfällig auf und reparierte den Fehler.
Ich beobachtete dieses Schauspiel geraume zehn Minuten sehr interessiert, doch leider konnte ich irgendwann nicht mehr an mich halten. Mir schien, der ganze Prozess hatte etwas von Mister Bean. Ich muss zugeben, ich konnte mein Lachen nicht mehr unterdrücken und je mehr ich mich bemühte, ernst zu bleiben, desto stärker wurde es. Mein ganzer Bauch bebte schon, mir traten Tränen in die Augen und einmal, aber auch nur einmal, gluckste ich laut auf. Die Dame, Typ Sekretärin, hatte es bemerkt und raunzte mich an. Das verursachte erst recht einen nicht mehr zu unterdrückenden Lachanfall. Ich sagte etwas wie „Versteckte Kamera“ oder „Verstehen Sie Spaß“ aber die Dame, Typ Sekretärin, verstand keinen Spaß und glotzte mich wütend an.
Zu guter Letzt saßen die beiden in ihren Stühlen. Er zog die Bildzeitung aus der Tasche und sie konzentrierte sich auf ein Buch, mit einem Blick, der vermuten ließ, dass sie keine einzige Zeile las. Mir schien, sie genoss die Sonne nicht. In ihr hatte sich Regenwetter angesammelt, starkes Regenwetter, Donner und Blitz. Sie starrte mit bösem Blick in ihr Buch. Dachte nach. Weiteres entzog sich meiner Kenntnis.
Es ist ja nicht schön, über andere zu lachen, wenn sie nicht gerade wie mister Bean auf der Bühne stehen, obwohl – diese Bühne war das Köstlichste, was mir an jenem Nachmittag passierte. Ganz gegen meinen Willen.

Autor:

Ingrid Dressel aus Bochum

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