Ein-Euro-Jobs
"Arbeitsgelegenheiten" auch beim Bürgergeld

Das Kind hat einen neuen Namen - sonst bleibt fast alles beim alten - insbesondere die "Arbeitsgelegenheiten" (Ein-Euro-Jobs) | Foto: https://ccnull.de/foto/aus-hartz-iv-wird-buergergeld/1088857
  • Das Kind hat einen neuen Namen - sonst bleibt fast alles beim alten - insbesondere die "Arbeitsgelegenheiten" (Ein-Euro-Jobs)
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Durch den Ukraine-Krieg und dem Streben der imperialistischen Staaten nach Weltherrschaft sind die sozialen Probleme in Deutschland ziemlich in den Hintergrund getreten. Zwar hat es Zugeständnisse der Bundesregierung beim Wohngeld für Menschen mit geringem Einkommen gegeben, die Umsetzung der Erhöhung des Wohngeldes ist bis auf den heutigen Tag nicht geschehen.

Ganz zu schweigen von der Situation der Langzeiterwerbslosen unter dem neuen Bürgergeld. Auch hier gibt es weiterhin die Möglichkeit, die Erwerbslosen in eine sog. "Arbeitsgelegenheit",besser bekannt als Ein-Euro-Job, unter Androhung von Sanktionen zu zwingen. Diese Maßnahme ist im Wesentlichen ein Instrument, von dem nur die Maßnahmeträger profitieren. Der Erfolg dieses Arbeitszwanges für die Leistungsbezieher ist gleich Null!

Ich bin erschüttert über eine Schilderung eines Langzeiterwerbslosen, der Anfang der 2010er- Jahre in einer Arbeitsgelegenheit war. Er übte die Tätigkeit des Baumfällers aus - eine gefährliche Arbeit, die zudem eine ausreichende Berufserfahrung voraussetzt. Nicht einmal wurden die zusätzlichen Fahrkosten von der Wohnung bis zur Arbeitsstelle vom Jobcenter übernommen - mit der Begründung der Aufwandsentschädigung durch den Ein-Euro-Job!

Nachfolgend der Bericht dieses Arbeitslosen (Quelle:rf-news.de vom 21.05.23)

Witten
Ausbeutung im 1,50-Euro-Job

Ich hatte in den frühen 2010er-Jahren im Schwedenheim der VHS Witten eine sogenannte AM gemacht. AM heißt: Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung. Der Begriff an sich ist schon ein Widerspruch in sich. Hier erhält man 1,50 Euro pro Stunde. Man darf im Grunde genommen so viele Stunden arbeiten, wie man will, und darf alles "erarbeitete" behalten. Wir haben im Schwedenheim Brennholz hergestellt. Das heißt, als Waldarbeiter haben wir die Bäume gefällt, die Stämme gerückt, reingeholt, gesägt und gespalten und auch ausgeliefert. An sich ist das eine sehr schöne Tätigkeit, aber auch eine sehr gefährliche mit sehr hoher Unfallquote. Gefahrenzulage ist Fehlanzeige.

Nun war es so, dass die Arbeitsstelle über 4 Kilometer von mir zu Hause entfernt war. Dorthin musste ich laufen. Da das "Sozialticket" 38 Euro kostet, habe ich darauf verzichtet, zumal dieses hier nur für den Ennepe-Ruhr-Kreis gilt, sobald ich nach Bochum oder Dortmund will, muss ich noch ein Zusatzticket kaufen. Das ist für mich daher sinnlos. Wegen der Entfernung habe ich einen Antrag auf Übernahme der Kosten für das Sozialticket gestellt, da ich ja irgendwie zum Schwedenheim hinkommen muss. Das wurde abgelehnt- mit der Begründung, dass ich dafür ja die Mehraufwandsentschädigung erhalte. Das heißt also, ich gehe für 1,50 Euro die Stunde arbeiten und praktisch alles was sich daraus an Zusatzkosten ergibt, muss ich selbst tragen.

Zwar wurde der notwendige Arbeitsschutz (Schnittschutzhosen, Helme, usw.) gestellt, aber persönliche Arbeitskleidung - außer den Sicherheitsschuhen - erhielt man nicht. Ich war im Winter dort und musste mich entsprechend dick einpacken. Wenn meine Klamotten durch die rauhe Arbeit kaputt gehen, muss ich sie ebenfalls von dem Geld bezahlen. Das ist eine der übelsten Formen der Ausbeutung in Deutschland. Sicher tut Arbeit der Gesundheit gut, aber wenn man so minderwertig bezahlt und behandelt wird, wundert es nicht, dass man sich am Ende weigert, eine solche Arbeit auch anzunehmen. Es zersetzt die eigene Initiative, Abläufe zu verbessern und sich richtig einzubringen, was letztlich auch eine Verrohung der eigenen Haltung zur Arbeit begünstigt.

Dazu sei gesagt, dass die hier beschriebene Arbeitsstelle eine der höherwertigeren war. Häufig sind solche AM regelrechte Beschäftigungsmaßnahmen, für die die Unternehmen noch 500 Euro pro Beschäftigten kassieren, also alleine durch die Anstellung Gewinn machen.

Weg mit den ausbeuterischen Arbeitsgelegenheiten! Qualifizierung durch umfassende Fortbildung oder Umschulung! Das stellt zwar die Änderung des SGB II (Bürgergeld) in den Vordergrund, aber ich bezweifle die Umsetzung!

Autor:

Ulrich Achenbach aus Bochum

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