Keine Bespitzelung von Erwerbslosen!

Rund 20 Montagsdemonstranten sowie Passanten diskutierten über die geplante Online-Überwachung der Hartz IV - Empfänger durch die Bundesagentur für Arbeit.

"Ähnlich wie die NSA beabsichtigt die Bundesagentur, Daten auszuspähen. Das ist in keinem Fall hinzunehmen und dagegen ist massiver öffentlicher Protest angesagt", leitete einer der Moderatoren die Debatte ein.

Nach dem Eingangslied "Montagsdemo angesagt" begann die Debatte.

"Es ist völlig absurd, ALG II - Empfänger zu überwachen, ob sie bei Ebay - Geschäfte machen. Zum einem sind die Versteigerungserlöse sehr gering, zum anderen hat doch wohl kein Hartz IV - Bezieher genügend Waren, um sie meistbietend im Internet versteigern zu können. Hinter dieser geplanten Überwachung der Bundesagentur steht die Sanktionierung von Leistungen, um Kosten beim ALG II sparen zu können", äußerte sich eine Rednerin.

"Dieses Vorhaben der Bundesagentur steht auch im Widerspruch zu den "Ratschlägen" des Jobcenter Pinneberg, Dachböden zu entrümpeln und die Möbel im Internet zu verkaufen", ergänzte ein Redner.

"Hat sich diese Online-Überwachung bei den Hartz IV - Empfängern einmal durchgesetzt, wird sie garantiert ausgeweitet", hieß es in einer weiteren Wortmeldung.

"Durch Hartz IV hängt das Überleben vom Jobcenter ab", erdreistete sich eine Bezieherin des ALG II, "bleibt das Geld aus, kann man verhungern!"

Im Verlauf der Diskussion stellte sich die Frage, ob der Betroffene etwas an diesen Zuständen ändern kann. "Wenn Schikanen der Behörden publik gemacht werden, lenken diese aus Imagegründen oft ein. Ebenfalls ist eine konkrete Hilfe der betroffenen Person, z.B. durch Begleitung bei den Ämtern, immer vorteilhaft", meldete sich eine Rednerin. "Die Montagsdemo bietet auf Wunsch Sozialberatung an", erklärte einer der Moderatoren, "wir haben schon vielen Menschen dadurch geholfen".

Ein Redner fragte, warum so wenig Leute zur Montagsdemo kommen. "Diese Bewegung gibt es seit über 9 Jahren nicht nur in Bochum, sondern bundesweit. Im Laufe dieser langen Zeit liegt es in der Natur des Menschen, dass dieser Protest gegen Hartz IV, aber auch gegen andere brisante nationale und internationalen Themen nicht mehr die Massen mobilisieren kann. Trotzdem hat die bundesweite Montagsdemobewegung einen mahnenden Charakter, sie versetzt der neoliberalen Regierung immer wieder Nadelstiche", sagte ein Montagsdemonstrant.

Ein anderer Redner schilderte: "Viele glauben, sie seien durch ihre Berufstätigkeit überhaupt nicht von Hartz IV betroffen. Das ist ein gefährlicher Trugschluss. Nahezu alle Arbeitsplätze sind - bis auf wenige Ausnahmen z.B. im öffentlichen Dienst - potentiell gefährdet. Wer heute seine Arbeit verliert, ist der Hartz IV - Empfänger von morgen. Nach einem Jahr, spätestens nach zwei Jahren (je nach Alter) läuft das Arbeitslosengeld I aus. Die Chance, einen neuen Vollzeit-Arbeitsplatz mit akzeptabler Bezahlung zu finden, ist äußerst gering. Dann droht Hartz IV und Armut".

Auf die Frage, warum es in Deutschland gegen den Sozialabbau nicht solche Proteste wie z.Zt. in der Ukraine oder in Thailand gibt, kam folgende Antwort: 80% der Deutschen haben noch ein geregeltes Einkommen und sehen deshalb keinen Grund für Widerstand.

"Das mag zur Zeit noch so sein, doch die große Arbeitslosigkeit ist schon vorprogrammiert. Immer mehr Arbeitsplätze werden abgebaut, nicht nur bei Opel, sondern auch in vielen anderen Unternehmen", lautete eine Wortmeldung.

Einige schlugen eine Änderung der Protestform vor. Die Demonstration sollte direkt vor dem Jobcenter stattfinden.

Zum Abschluss der Kundgebung wurde ein "goldenes Buch" über die Bochumer Montagsdemo von einer langjährigen Montagsdemonstrantin präsentiert. In diesem Buch ist die Geschichte der Montagsdemo mit Fotos und Texten eindrucksvoll dargestellt. Auf einer Seite können Interessierte auch ihre Kommentare abgeben.

Weitere Verschlechterungen u.a. für Hartz IV - Empfänger sind in dem Koalitionsvertrag von SPD/CDU/CSU enthalten. Daher wurde einstimmig beschlossen, diesen Koalitionsvertrag am nächsten Montag zum Schwerpunktthema zu machen.

Mit der Abschlusshymne klang die Kundgebung aus.

Die Moderatoren
Ulrich Achenbach
Anatol Braungardt

Autor:

Ulrich Achenbach aus Bochum

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

21 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.