Es gibt sie noch: die alltäglichen Abenteuer, die man „vor der Haustür“ erleben kann. (ein Abenteuer in zwei Teilen)
Teil 2

Teil 2

… Na siehste … doch nix verlernt … „Cliffhanger“ perfekt gesetzt.
Der geneigte Leser, der bislang nicht abgeschaltet hat, kann sich auf weitere „Highlights“ unserer Abenteuer-Tour freuen.

In Stichworten: der Zusammenhang zwischen Gewürzpreisen und einer Instruktionsstunde beim „Kommiss“, eine Beinahe-Ohnmacht und als Abschluss der klassische „Showdown“ an der Haltestelle Bochum-Wattenscheid Brucknerstraße der Linie 310.

… aber der Reihe nach: Ich bin immer noch bei den Gewürzen im Laden im Erdgeschoss der Bongardstraße 2 und mache mir Gedanken über Preise von Gewürzen und einem Grundprinzip des Nachrichten-Journalismus. Wie? Wieso?? … Nun, der zentrale Begriff ist „Einsdreißig“!! Ich staune nicht schlecht, als ich feststelle, dass die meisten Gewürze pro Glas € 1,30 kosten. Da muss ich wohl nochmal genauer recherchieren. Aber gefühlsmäßig bezahle ich im übrigen Einzelhandel gut das drei- oder vierfache, und dann kommen die Gewürze in kleinen Blech- oder Plastikstreuern daher und nicht im Schraubglas, welches es ermöglicht, den Speisen mal eine Fingerspitze der jeweiligen Gewürze zuzusetzen.

Dagegen hat der Begriff „Einsdreißig“ im Journalismus die Bedeutung, dass der Medienkonsument im Durchschnitt nach einer Minute und dreißig Sekunden abschaltet, falls kein neuer Impuls kommt. Eine Nachrichtensendung ist also so getaktet, dass die „Einsdreißig“ nur bei Kommentaren überschritten werden dürfen. Also: ein Begriff und zwei ganz unterschiedliche Einheiten.

… Dazu passt die Geschichte aus der Instruktionsstunde beim Kommiss. Der „Spieß“ steht breitbeinig vor einer Gruppe von Rekruten und kommandiert: „Alle ma herhörn! Heute Thema „Wasser“. Merken wir uns als erstes: Wasser kocht bei 90°!“ --- betretene Stille, bis sich ein junger Rekrut aus der ersten Reihe meldet: „Schuldigung, Herr Unteroffizier, aber Wasser kocht bei 100°.“ --- Der Spieß, immer noch breitbeinig, stemmt seine Fäuste in die Seite und ‚schnauzt‘: „Wenn der Unteroffizier sagt ‘Wasser kocht bei 90°, … bei wieviel Grad kocht dann Wasser???“ --- Rekrut (kleinlaut): „Bei 90°“
Eine Woche später; die nächste Instruktionsstunde. Der Spieß erscheint, windet sich etwas und beginnt dann: „Also, äh, … letzte Woche, äh, … kleiner Irrtum, äh … 90 Grad, äh … das, das war die Sache mit dem „Rechten Winkel“.

Ich verlasse das Ladenlokal nicht ohne weitere Komplimente an den Ladenbesitzer und der Ankündigung eines weiteren ausführlichen Besuchs in nächster Zukunft.
Beim Verlassen des Gewürz-Himmels kommt es dann zur angekündigten „Fast-Ohnmacht“: Vor mir in seinem Rolli sitzt mein Freund F. und grinst mich schelmisch an. Ich stammle: „Aber wie, äh, … aber du, äh … wie um alles in der Welt hast du allein und fast blind den Fahrstuhl und vor allem „die Rampe“ überwunden??? Begeisterte Hobby-Skifahrer würden den Vergleich mit „Kandahar im Nebel“ als passend bezeichnen (die Kandahar gilt als eine der anspruchsvollsten Abfahrten im FIS Alpinen Skiweltcup). --- „Ja“ grinst F. stolz, „das war nicht ganz einfach; aber wer als Rolli-Fahrer die Herausforderung nicht liebt, der sollte gleich zu Haus bleiben … für immer.“

Nachdem wir am Dr. Ruer-Platz noch anstehende Bank-Geschäfte erledigt haben, gelangen wir über den Hellweg schließlich zum Hauptbahnhof Bochum und dort mit Hilfe zweier Fahrstühle zum unterirdischen Straßenbahn-Bahnhof, um den Heimweg Richtung Wattenscheid anzutreten. Alles geht erstaunlich reibungslos, obwohl die vielen geschlossenen Ladenlokale rechts und links doch ein wenig „spooky“ wirken, in einem Bereich der Innenstadt, in dem normalerweise um diese Zeit und bei schönstem „Frühlingswetter“ das pralle Leben pulst.

Als die Linie 310 schließlich anrollt, bin ich als Rolli-Schubser besser vorbereitet und sehe dem kommenden „Kraft-Akt“ über die Einstiegsstufe etwas gelassener entgegen.
… und wieder etwas Unerwartetes: ein junger Mann fasst, ohne meine Zustimmung abzuwarten, den Rolli gekonnt an der richtigen Stelle an und hilft uns mit dem Wort „Moment“ und einem kräftigen Handgriff über die Hürde: „Vielen Dank an dieser Stelle, junger Mann!!!“ … ein typischer Fall von „unverhofft kommt oft … und manchmal ist die Hilfsbereitschaft einzelner Mitmenschen echt rührend, oft aber wohl auch eine Frage von Gewohnheit und Routine der Helfenden: Vielen, vielen Dank!!!

Also auf zum Showdown an der Haltestelle Brucknerstraße. Im Nachhinein wird mir klar: gegen zwei starke und versierte Gegner (zumal Frauen ;-)) hatten wir nie eine echte Chance.

Etwas angespannt habe ich das Feld mit dem gelben Balken im Blick und rechne nicht damit, dass das Feld seine „Absenk“-Funktion erfüllt. Also: Muskeln angespannt und auf alles vorbereitet. Alles, aber nicht den ersten starken Gegner, genauer Gegnerin, noch genauer: „mit Rollator bewaffnete und ÖPNV-erfahrene Seniorin“. Sie weiß genau: „Zögern heißt Verlieren“ und die „altmodische“ Regelung: „Erst Aussteigen lassen, dann Einsteigen“ ist bei extrem kurzen Haltezeiten nicht „zielführend“ oder „erfolgversprechend“. Also „Augen zu und durch“ und in diesem Augenblick wird „Gegnerin-Nr.-zwei“ aktiv … wir hatten nie eine Chance.

Gegnerin-Nr.-zwei ist die Herrin über den Führerstand der Bahn. Abgelenkt, übermüdet, vom Frühlingswetter hormonell fehlgeleitet … der Leser wird es nie erfahren … unbeeindruckt von der Tatsache, dass ein Rolli ausstiegsbereit auf der gelb-markierten Stufe steht setzt sie die Fahrt beherzt fort: an der nächsten Haltestelle, der Endstelle Höntrop wartet schließlich die 5-minütige Pause bis die „wilde Fahrt“ wieder zurück in die Bochumer City führt.

Der Rest ist schnell erzählt: gezwungenermaßen Fahrt bis zur Endstelle, dort Ausstieg, nach fünf Minuten Rückfahrt bis Brucknerstraße, fast problemloser Ausstieg und bald sind wir zwei „Abenteurer“ wieder bei der Adresse von F. angekommen, um viele, viele und leider überwiegend negative Erfahrungen reicher.

Und … das nächste Abenteuer wartet bereits: da ich für das nächste Projekt wegen eigener Termine nicht zur Verfügung stehe, kündigt F. an, den nächsten Arzttermin mit dem „Bogestra-eigenen“ „Rolli-Service“ bestreiten zu wollen … Abenteuerlust, Verwegenheit oder Todessehnsucht … wir werden sie weiter informieren.

Autor:

Manfred Elwing aus Bochum

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