Ruhrtriennale Eröffnungs-Premiere: "Pelléas und Mélisande"

Verbotene und unerfüllte Liebe: Pelléas (Phillip Addis) und Mélisande (Barbara Hannigan) an der Bar. Foto: Ben Duin / Ruhrtriennale 2017.
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Die Ruhrtriennale startet mit der ersten Oper der Moderne unter Leitung von Sylvain Cambreling in der Regie von Krzysztof Warlikowski.

Der Generalmusikdirektor der Staatsoper Stuttgart und Debussy-Spezialist Sylvain Cambreling hat „Pelléas und Mélisande“ bereits über 50 mal dirigiert: Die Magie dieser einzig vollendeten, schwierigen Oper von Claude Debussy lässt ihn nicht los. Der Komponist hat das Libretto nach dem Drama von Maurice Maeterlinck 1902 vertont. Für Cambreling ein Jahrhundertwerk, gleichrangig mit Mozart, Wagner, Beeethoven.

Thema als Anlass der Komposition:

Prinz auf der Jagd trifft an einer Quelle ein schönes fremdes Mädchen, sehr scheu und ängstlich. Sie ist einem Mann entflohen, will aber nicht darüber sprechen, Prinz heiratet sie sofort und nimmt sie mit aufs Familien-Schloss. Sein jüngerer Halbbruder Pelléas verliebt sich ebenfalls in die schöne Fremde, wenn auch rein platonisch – im dennoch folgenden Eifersuchtsdrama tötet Prinz den Bruder, die begehrte Mélisande stirbt bei der Geburt ihrer Tochter.

Symbolismus pur

Weltstar Barbara Hannigans Mélisande ist ein Wunder. Schön und mit überirdischer Stimme. In dieser Version in einer Bar gestrandet. Verwirrt, seelisch und körperlich verletzlich, trinkt sie wie eine Verdurstende, mit letzter Kraft. Lässt sich betrunken von Prinz Golaud (Leigh Melrose) im Waschraum „aufreißen“. Folgt ihm in die riesige, düstere Familien-Villa. Mutter Geneviève (Sara Mingardo), Großvater Arkel (Franz-Josef Selig) und sein Sohn Yniold aus erster Ehe (im Wechsel die jungen Moritz Bouchard / Gabriel Böer) nehmen sie freudig auf.

Der jüngere Halbruder Pelléas (Phillip Addis) trifft sich mit ihr in Golauds Abwesenheit. Sie verliert ihren Ehering, Symbolismus: macht sie das frei für Pelléas? Doch der betet sie nur mit Abstand und in Anstand an. Was nichts an Golauds Eifersucht ändert, der schleift Mélisande an den Haaren weg, als sie vor Pelléas tanzt. Das schleichende Gift der Eifersucht, das Ungute verstärkt Regisseur Krzysztof Warlikowski mit Video-Bildern von Schafen auf dem Weg zur Schlachtbank und der berühmtesten Schulweg-Szene aus Hitchcocks „Die Vögel“, passend zum enorm einfühlsam genauen Spiel der Bochumer Symphoniker.

Nahaufnahmen

Ein stimmiger Kunstgriff sind in der Riesenhalle Live-Nahaufnahmen der szenisch bestens agierenden Sänger auf der große Leinwand über dem Orchester mitten im Bühnenbild. In stummfilmhaftem Schwarzweiß ästhetisiert - und stets aus anderem Kamera-Blickwinkel als der Zuschauer das Geschehen auf der Bühne sieht. Debussys Musik wirkt so noch intensiver, sie geht unter die Haut, doch bleiben „nur“ Gefühle, nicht etwa eine Melodie im Kopf. Szenisch wie musikalischer Höhepunkt: Wenn der tote Pelléas Kopf an Kopf mit der im Kindbett sterbenden Melisande auf dem übergroßen Esstisch liegt. Senkrecht vom Dach der Jahrhunderthalle gesehen auf die Leinwand übertragen.

Zu diesem Schrecken wachsen die Bochumer Symphoniker in harmonischster Perfektion endgültig mit dem erstklassigen Sänger-Ensemble über sich hinaus. Großer langanhaltender Beifall, auch vom neuen NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, von Frankreichs Schauspiel-Star und -Regisseur Mathieu Amalric (u.a. James-Bond-Bösewicht Greene aus „Quantum Trost“), Anke Engelke und Autorin Carolin Emcke, Festrednerin im vorigen Jahr. Und GMD Steven Sloane war zu Recht sehr stolz auf das unzweifelhaft internationale Niveau seiner Symphoniker. Bravo, bravissimo für dieses immer noch nicht populäre, enorm anspruchsvolle Werk der Moderne.

Besetzung/ Mitwirkende

Arkel - Franz-Josef Selig
Pelléas - Phillip Addis
Golaud - Leigh Melrose
Ein Arzt - Caio Monteiro
Mélisande - Barbara Hannigan
Geneviève - Sara Mingardo
Yniold - Solist des Knabenchores der Chorakademie Dortmund

Statisterie - Frank Bramkamp, Lisa-Katharina Breuer, Björn Castillano, Yacouba Coulibaly, Klaus-Peter Hannig, Monika Hüttche, Laron Janus, Juliana Jobe, Klaus Linden, Christian Scheid, Gabriele Schönstädt, Eva Stoldt, Aboubacar Traore

Orchester - Bochumer Symphoniker

· Komposition Claude Debussy
· Musikalische Leitung Sylvain Cambreling
· Regie Krzysztof Warlikowski
· Bühne, Kostüme Małgorzata Szczęśniak
· Licht Felice Ross
· Choreografie Claude Bardouil
· Video Denis Guéguin
· Dramaturgie Miron Hakenbeck

Mit freundlicher Unterstützung von der Stiftung Pro Bochum.
Eine Produktion der Ruhrtriennale.

Weitere Termine Pelléas und Mélisande:  26. / 27. / 31. August und 1. / 3. September, 19.30 Uhr, Jahrhunderthalle Bochum, Einführung jeweils 45 min. vor Vorstellungsbeginn. Karten: www.ruhr3.com/pel

Autor:

Caro Dai aus Essen-Werden

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