Zwei-Klassen-Medizin führt bei Kranken und Armen zu menschenunwürdigen Lebensbedingungen

Die Auswirkungen der Pflegereform führt anstelle von Verbesserungen eher zu Verschlechterungen für die betroffene Person. Durch die Kriterien der 6 Module für die Bestimmung des Plegegrades sind die Voraussetzungen für die Anerkennung der Pflege bzw. Hilfebedürftigkeit einer Person wesentlich erschwert worden.

Beispiel (Zitat aus Modul 1 - Mobiltät bei einem Gutachten zur Feststellung der Pflegedürftigkeit gem SGB XI):

"Die Einschätzung richtet sich bei den Kriterien 4.1.1 bis 4.1.5 ausschließlich danach, ob die Person in der Lage ist, ohne personelle Unterstützung eine Körperhaltung einzunehmen oder zu wechseln und sich fortzubewegen. Zu beurteilen sind hier lediglich Aspekte wie Körperkraft, Balance, Bewegungskoordination etc. und nicht die zielgerichtete Fortbewegung"

Aus diesem Bespiel wird deutlich, dass es für die Pflegeversicherung völlig egal ist, ob die Person in der Lage ist, Treppen dauerhaft zu steigen oder permament Wege für den Einkauf usw. zu erledigen.

Um Kosten zu sparen, erkennt der Medizinische Dienst der Krankenkasse immer weniger Pflegebedürftigkeit an. So geschehen bei einem schwerkranken Mann, der an Lungenkrebs leidet und dem bereits ein Lungenlappen operativ entfernt worden ist. Nach dem medizinischen Gutachten wurde kein Pflegegrad anerkannt, da er kaum Kriterien für eine Beeinträchtigung seiner Selbständigkeit nach den 6 Modulen erfüllt hat. Der Gutachter gab lediglich die Empfehlung für Hilfsmittel und die Einrichtung eines Hausnotrufs. Die Hilfsmittel wie einen Rollator und einen Duschhocker erhielt dieser Mann zwar kostenlos von der Pflegekasse, nicht jedoch die Einrichtung eines Hausnotrufs.

Dieser Mann ist alleinstehend und Bezieher der Sozialhilfe nach dem SGB XII und bekam bisher Hilfe zur Haushaltsführung nach den Vorschriften des SGB XII, §§ 61 ff. Selbst diese Hilfe ist ist infrage gestellt, da das Sozialgesetzbuch XII 2016 geändert wurde und die Gewährung von Pflegeleistungen (darunter zählt auch die Einrichtung eines Hausnotrufs) davon abhängt, ob ein Pflegegrad vorliegt.

Von dem Regelbedarf der Sozialhilfe (z.Zt. 409,00 Euro) kann niemand die Einrichtung eines Hausnotrufs finanzieren! Preisbeispiel für Grundleistung mit Schlüsselhinterlegung bei der Hilfeorganisation DRK = 43,50 Euro monatlich!

Dieser Betrag ist selbst für Menschen mit eigenem durchschnittlichen Einkommen kaum zu finanzieren, geschweige denn für Bedürftige. Selbst notwendige medizinsiche Leistungen werden zu einem Privileg der Gutverdienenden und die Gesundheit immer mehr zur Ware!

Nicht nur bei der Anerkennung eines Pflegegrades und damit verbunden von Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung sollen Kosten vermieden werden, sondern auch bei anderen Leistungen der Krankenversicherung wie z.B. bei Kuren.

Bei dieser Entwicklung im Gesundheitswesen kann man nur jedem wünschen, nie krank und bedürftig zu werden! Doch der Stress am Arbeitsplatz und die Ausweitung des Niedriglohnsektors sind der ideale Nährboden dazu!

Autor:

Ulrich Achenbach aus Bochum

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