Wie geht es Künstlern nach einem Jahr im Lockdown? Benjamin Eisenberg erzählt
Kulturschaffender ohne Kultur

"Die Enttäuschung kam im letzten Jahr häppchenweise", sagt Benjamin Eisenberg. Foto: Kappi
  • "Die Enttäuschung kam im letzten Jahr häppchenweise", sagt Benjamin Eisenberg. Foto: Kappi
  • hochgeladen von Judith Schmitz

Eigentlich könnten wir in diesen Tagen den ersten Geburtstag feiern. Wenn es nicht so traurig wäre. Ein Jahr mit leeren Bühnen, verwaisten Theatersälen, abgesagten Ausstellungen, ohne Kabarett und Co.

Der Frust des Publikums ist die eine Sache. Wie es den Musikern, Schauspielern, Malern oder Kabarettisten selbst geht, eine andere. Benjamin Eisenberg ist einer von ihnen, und mitten drin im Corona-Schlamassel.
Bei der Frage, wann er das letzte Mal auf der Bühne stand, muss er kurz nachdenken. Ach ja, beim FrechDax in der Kulturkirche Heilig Kreuz. Das war Anfang Oktober, und einer der seltenen Abende vor Publikum. "Ich war ja echt erstaunt, wie diszipliniert alle waren. Den ganzen Abend Maske ...", sagt Eisenberg. Das längst ausverkaufte Neujahrskabarett ist verschoben, erstmal auf April. "Aber wir schieben im Notfall auch weiter. Wenn es sein muss, bis Dezember", trotzt der 39-Jährige. Solange es nicht anders geht, werden Online-Formate genutzt. Die nächste Veranstaltung ist ab dem heutigen politischen Aschermittwoch abrufbar: Nachgewürzt, eine Art TV-Show ohne TV. Und auch die Mai-Folge von Comedy im Saal ist im Netz zu finden. "Aber online ist eben kein Vergleich zu einer Live-Veranstaltung", weiß der Kabarettist.

Online ist kein Ersatz

Was macht das mit einem Kulturschaffenden, der ein Jahr Kultur nur per Bildschirm unters Publikum bringen kann? "Die Enttäuschung kam im letzten Jahr häppchenweise", sagt Benjamin Eisenberg. "Man war ja am Anfang völlig naiv. Spätestens im Herbst, hat man gedacht, läuft es wieder normal." Der berühmte Satz mit X. "Man hatte gerade wieder eine Veranstaltung, und zack, wurde wieder alles kaputt geschossen. Irgendwann vergeht einem die Lust, Sachen vorzubereiten, die dann doch nicht stattfinden." Die Stimmung nicht nur in der Bottroper Kulturszene sei auf dem Nullpunkt. "Alle sind frustriert, denn keiner weiß, wann es wie weiter geht. Das setzt jedem zu."

Dazu kommt, dass viele Künstler im Moment gravierende Geldsorgen haben. "Ich habe tatsächlich die November- und Dezember-Hilfe bekommen", erzählt der Bottroper, "viele andere aber nicht. Das ist natürlich untragbar, wenn Hilfen erst im Januar oder Februar gezahlt werden." An seine Rücklagen musste er trotzdem gehen. Dabei kann Eisenberg von Glück sagen, denn er hat Unterstützung durch das Künstlerstipendium des Landes NRW bekommen.

Langeweile habe er aber nicht unbedingt gehabt. So ein Lockdown hat auch seine Vorteile - nämlich dann, wenn Zeit bleibt, die begonnene Doktorarbeit doch mal fertig zu stellen. "Aspekte der Komik-Analyse - Wie entsteht Sprachkomik?". Dr. Benjamin Eisenberg. Geht doch!
Außerdem hat er für neue Nummern recherchiert und mal wieder mit seinen Bandkollegen von "Masters and Commander" Musik gemacht. Die gewohnte Tagesstruktur ist trotzdem weg. "Die Abende sind frei, ganz ungewohnt. Aber dafür gibt es ja Netflix."

Termin

Ab dem heutigen politischen Aschermittwoch ist die Show "Nachgewürzt" online unter www.nachgewuerzt.de abrufbar. Mit dabei sind Benjamin Eisenberg, Christian Hirdes, Marco Jonas Jahn und Matthias Reuter. Die Nachgewürzt-Band sind Philipp Ernsting (Schlagzeug), Thilo Henn (Gitarre) und Holger Hahn (Bass), die mit jazziger Musik die Veranstaltung geschmacklich abrunden. termin

Autor:

Judith Schmitz aus Bottrop

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

9 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.