„Hier ist das Paradies“
Rumänische Familien finden mit Unterstützung der Stadtverwaltung eine neue Heimat in Castrop-Rauxel

In diesem Zimmer schlafen die Söhne (11 und 10) von Müller und Ioana.  | Foto: Demuth
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628 Rumänen leben in Castrop-Rauxel. In der Hoffnung auf Arbeit und eine bessere Zukunft für ihre Kinder sind sie nach Deutschland gekommen. In die Wohnungen von zwei Romafamilien lud jetzt der städtische Bereich Migration und Obdachlosenhilfe die Presse ein, um einen Eindruck von ihrem Leben zu vermitteln.

2017 entschlossen sich Marta (35) und Constantin (37), nach Deutschland zu emigrieren. Zurzeit leben sie mit sieben Kindern (14 Jahre bis acht Wochen) in einer 70 Quadratmeter großen Wohnung auf der Lange Straße 107. Müller (33), benannt nach dem Fußballer Gerd Müller, Ioana (30) und die vier Kinder (11, 10, 8 und 5) sind seit 2016 in Deutschland und leben seit einem halben Jahr in einer städtischen 3,5-Zimmer-Wohnung an der Erfurter Straße in Deininghausen. In Rumänien wohnten sie mit den Familien seiner vier Brüder sowie den Eltern zusammen in einem Haus.
„Es gibt in Rumänien keine Arbeit. Höchstens als Tagelöhner für zehn Euro am Tag“, übersetzt Sefer Osmani, der mit Frank Gerbert mit je einer halben Stelle das externe Migrationsmanagement bildet, die Aussagen von Marta. Hier ist ihr Mann Constantin als Hausmeister und Reinigungskraft im Haus auf der Lange Straße tätig und möchte gern noch mehr arbeiten.

„Aber auch wenn man was kann, kann man in Rumänien nicht Fuß fassen.“

Weder Marta noch Constantin haben die Schule besucht oder eine Ausbildung. Anders sieht es bei Müller und Ioana aus, die beide elf Jahre zur Schule gingen. Zudem hat Müller eine Ausbildung in der Landwirtschaft gemacht. „Aber auch wenn man was kann, kann man in Rumänien nicht Fuß fassen“, übersetzt Osmani für Müller.
In Deutschland hat Müller für einen Paketdienst gearbeitet, Zeitungen ausgetragen und hofft, bald unabhängig vom Jobcenter zu sein. „Es sieht gut aus, dass er in Kürze eine Vollzeitstelle bekommt“, sagt Susanne Köhler, kommissarische Bereichsleiterin.
Alle Erwachsenen besuchen Sprachkurse im Café Q, sprechen aber noch nicht gut Deutsch. Daher stehen ihnen Osmani und Gerbert zur Seite. Kürzlich stand bei Martas und Constantins Zwillingen die Sprachstandsfeststellung an. „Das haben die Eltern nicht verstanden, weil die Kinder noch keine sechs sind“, sagt Köhler. Nach dem Test wurden die Zwillinge für die Kita angemeldet. „In der Hoffnung, dass sie fürs letzte Jahr Plätze bekommen und ihre Sprachkenntnisse verbessern können.“

Schulbildung für Kinder

Die Schulbildung ihrer Kinder ist den Eltern wichtig. In Rumänien gibt es eine Schulpflicht, aber keine Konsequenzen, wenn das Kind nicht hingeht. „Das läuft hier besser“, sagt Marta. Sie und Constantin hoffen genauso wie Müller und Ioana, dass ihre Kinder in Deutschland eine Ausbildung absolvieren.
Beide Familien fühlen sich wohl in ihrer neuen Heimat. „Wir wollen auf keinen Fall nach Rumänien zurück, wo wir jeden Tag gekämpft haben, wie wir an ein Mittagessen kommen“, so Marta. „Wir sind glücklich, dass wir hier sind.“ Müller sagt: „Hier ist das Paradies.“ Er und Ioana haben Kontakt zu anderen Mietern im Haus, die Kinder haben Freunde in der Umgebung gefunden, und die beiden Söhne spielen nach der Sommerpause bei SuS Merklinde.

Einschüchterungsversuch

Seit Herbst 2017 unterstützt der Bereich Migration und Obdachlosenhilfe auch EU-Einwanderer bei der Integration. Das Engagement findet aber nicht durchweg Anklang. Kaum waren die ersten Kontakte zu rumänischen Familien geknüpft, „hatte ich Besuch im Rathaus, und man hat versucht, mich einzuschüchtern“, berichtet Köhler. „Es gibt Leute, die an der Arbeits- und Wohnsituation der Rumänen verdienen.“ Auch sei den Familien erzählt worden, dass die Stadt ihnen die Kinder wegnehmen wolle. „Mittlerweile vertrauen sie uns aber.“

Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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