„Soul and Blues“ im Gemeinschaftshaus Wulfen

Julia Neigel begeisterte mit starker Bühnenpräsenz und unglaublich variabler und kraftvoller Stimmer das Publikum im Gemeinschaftshaus Wulfen. Die Sängerin und Songschreiberin aus Ludgwigshafen hatte zudem hervorragende Musiker für ihr Programm „Neigelneu - unplugged“ mitgebracht. Mit Joerg Dudys, ihrem Gitarristen und Lebensgefährten, und Simon Nicholls an Keyboard und Flügel spielt Neigel schon seit zehn Jahren zusammen. Die zehn Jahre, in denen sie nicht in der großen Öffentlichkeit zu sehen war. „Wir haben auf Kleinkunst-Bühnen getourt, Sachen ausprobiert, und das neue Album vorbereitet. Es ist wichtig, das die Chemie stimmt, musikalisch zusammenarbeiten kann man nur, wenn es charakterlich passt.“ Und die Chemie stimmte. Zweieinhalb Stunden konnten sich die Zuhörer im Saal des GHW davon überzeugen. Neigel sang viele Songs aus ihren alten Alben, wie „Nur nach vorn“ von 1992 und „Herzlich willkommen“ von 1994. Mit Charme und Witz reflektierte sich Inhalte und leitete neue Nummern ein. Viele Anwesende erkannten schon nach wenigen Worten die Titel und riefen diese lautstark in den Raum. Aber es blieb nicht nur bei den Titeln. Bei der wunderschönen Version „Du bist nicht allein“, von Nicholls einfühlsam am Flügel begleitet, forderte die Sängerin mit ihrer warmen Soul-Stimme die Fans zum Mitsingen des Refrains an, und alle sangen. Eingefleischte Neigel-Fans eben. Mit den Songs der in diesem Jahr erschienenen CD „Neigelneu“ bewies die Sängerin jedoch, dass sie sich künstlerisch permanent weiterentwickelt, und absolut nicht auf die alten Hits zu reduzieren ist. Im Soul-Sound wettert sie in „Teufel“ gegen Bedrängnis und Gewalt, „Wärst Du bei mir“ ist die musikalische Steigerung des alten Titels „Sehnsucht“. Zur wahren Offenbarung aller stimmlichen Qualitäten und des Musikgefühls der Julia Neigel wird der Blues „Love of a woman“ von Bernie Lyon. „Ich habe einige Töne dieses Songs im Fernsehen bei einer Werbung gehört und gedacht, den muss ich singen. War gar nicht so einfach herauszubekommen, von wem der ist“, erklärt die Sängerin. Das Suchen hat sich gelohnt. „Love of a woman“ passt zu Julia Neigel. Der Saal verwandelt sich in einen Club in New Orleans. Mit rauchig tiefen Molltönen und ekstatischen Höhen, rhythmisch spannungsreich unterstützt durch den Drummer Chriss Gross und die anderen beiden Musiker legt Neigel ihre komplette Gefühlswelt offen. Stehende Ovationen und spontane Ausrufe seitens der Zuhörer führen zu weiteren nicht enden wollenden Steigerungen. Die Künstlerin liebt ihr Publikum und die Interaktion. Zugaben gibt es im eleganten schwarzen Abendkleid. Natürlich kommt „Schatten an der Wand“, ihr Durchbruchssong von 1988. Aber auch diesen führt Julia Neigel durch gekonnte Improvisationen neu erfunden in das Jahr 2011.
Beim tollen Konzert im Gemeinschaftshaus Wulfen waren leider nur 130 Zuhörer anwesend. „Drei Wochen Vorlauf für die Werbung waren einfach zu kurz“ erklärt Oliver Grimm vom GHW. „Aber wir wollten Julia Neigel unbedingt, und im nächsten Frühjahr haben wir keinen Termin mehr frei“. Schade, denn der Saal eignet sich gut nicht nur fürs Kabarett, sondern auch für Konzerte dieser Art. Das Gemeinschaftshaus braucht ausverkaufte Veranstaltungen, um weiterhin in diese Richtung zu planen. Nächster Termin: 14. Januar 20 Uhr – „Vor Gebrauch schütteln“, musikalische Lesung von Heinz Rudolf Kunze. Tickets 02369-93450

Autor:

Barbara Seppi aus Dorsten

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