Geschichte
Ein Brite in Dortmund

David Fletcher (Mitte) im Kleingarten der Familie Mollek in Brackel. | Foto: Fletcher
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Die britische Armee in Dortmund

Sie war eine abgeschlossene Community, die Rheinarmee in Dortmund. Bis zu 10.000 Soldaten lebten zeitweise in der Stadt, hauptsächlich im süd-östlichen Teil, rund um Brackel und Hörde und im heutigen Hohenbuschei. David Fletcher aus Blackpool im Norden Englands war einer von ihnen.

Fünf Jahre lang, von 1975 bis 1980, lebte Fletcher in Dortmund, schon vorher war er an anderen Orten in Deutschland stationiert. Als Zivilangestellter bei der britischen Armee arbeitete er für das Navy, Army and Airforce Institute, besser bekannt als NAAFI. Sie versorgte die Mitglieder der Rheinarmee und ihre Familien mit allem, was sie zum Leben brauchten – von der Waschmaschine bis zu britischen Lebensmitteln: „Die NAAFI war dafür bekannt, alles besorgen zu können was man sich vorstellen konnte. Solange es legal war!“ So gerne vielleicht mancher Deutsche einmal einen Blick in die NAAFI geworfen hätte – sie war tabu, nur die britischen Soldaten und Angestellten und ihre Familien hatten Zutritt.

Während seiner Zeit in Dortmund lebte Fletcher auf dem Gelände der Suffolk Barracks in Wambel, in der Nähe der Rennbahn. „Das Haupttor zum Gelände war an der Straße „Auf dem Hohwart“, dort wo sich jetzt der Baltische Weg befindet. Das Tor war meistens geöffnet. Hinter dem Tor auf der rechten Seite war eine Gebäude, in dem die Mitarbeiter der NAAFI gemeinsam mit den Lehrern der Cornwall School (heute Europaschule) teilten. Im Keller trafen sich die Pfadfindergruppen. Im gegenüber liegenden Haus hatten die Lehrer eine Kantine und Pausenräume, einige wohnten auch dort. Hinter dem Haus gab es ein Schwimmbad und zwei Tennisplätze. Die Straße zwischen den Häusern führte hinunter zum Rennweg. Dort gab es weitere Zufahrtstore, die aber meist geschlossen waren“, erinnert sich Fletcher.

Am Ende des Häuserblocks auf der rechten Seite führte eine Straße nach rechts. Dort war die NAAFI mit einem Lebensmittelmarkt und einem kleinen Kaufhaus sowie Lagerräumen. Außerdem war in einem Nebengebäude die SSAFA untergebracht, die Soldiers, Sailors and Airmen Family Association. Sie bot verschiedene Services an, unter anderem gab es dort ein Café und einen kleinen Laden, in dem man britische Zeitungen bekommen konnte.

Auf einer Wiese zwischen den Häusern wurde regelmäßig gegrillt, die Briten nutzen ihre Freizeit aber auch für Ausflüge in die Umgebung. David Fletcher hat noch viele Filme und Fotos aus der Zeit, die er dem WDR-Projekt Digit zur Verfügung gestellt hat. Unter dem Suchbegriff „Fletcher“ sind sie auf der Seite digit.wdr.de zu finden.

In seiner Freizeit hielt Fletcher alles mit seiner Foto- und Filmkamera fest, so auch eine Tour zum Fort Fun, oder gemeinsame Grillnachmittage. In der Kleingartensiedlung „Auf dem Hohwart“ hatte David Fletcher Freunde, die er leider im Laufe der Zeit aus den Augen verloren hat: Ewald und Rosemarie Molleck hat er oft in ihrem Garten besucht. „Ewald müsste etwa 88 Jahre alt sein, aber seine Frau Rosemarie war ungefähr zehn Jahre jünger als sie. Sie hatten einen gemeinsamen Sohn, Michael. Doch die Suche nach ihm in sozialen Netzwerken brachte bisher kein Ergebnis.

In Dortmund hatte Fletcher die Gelegenheit, große Konzerte in der Westfalenhalle zu sehen: „Mindestens einmal im Jahr bin ich in der Westfalenhalle gewesen. Ich habe dort YES im Jahr 1977 und das „British Rock Meeting“ 1979 gesehen. Uriah Heep war meine Lieblingsgruppe. Sie kamen einmal im Jahr nach Dortmund.“

An die Dortmunder NAAFI hat David Fletcher noch genauer Erinnerungen: „ Ein gewundener Weg führte vom Supermarkt zum Parkplatz. Rechts vom Supermarkt neben dem Parkplatz war ein kleines Kaufhaus, dort konnte man alles vom Spielzeug über Filme, Kameras, Möbel, Kleidung, Campingzubehör und vieles mehr kaufen. Zu Weihnachten gab es einen Weihnachtsmarkt, im Sommer Artikel für Urlaub und Camping. Die NAAFI-Gebäude waren Reste der Kasernen aus dem Zweiten Weltkrieg, vielleicht eine Garage oder Werkstätten, mit nackten Steinwänden, hohen Decken und dicken Türflügeln aus Metall“, vermutet er.

Bei den deutschen Taxifahrern hießen die verschiedenen Standorte der Briten nur Camp 7 ( Suffolk Barracks). Das Hauptcamp auf der anderen Seite der B1 war als Camp 10 (Napier, heute Hohenbuschei)bekannt. Die Militärpolizei war in der Nähe der Rennbahn untergebracht.

Nach seiner Zeit bei der NAAFI ging Fletcher Ende 1981 zurück nach Großbritannien. In seinem Heimatort Bolton in Nordwest-England gab es damals keine Jobs, aber weil er in Blackpool einige Leute aus seiner Zeit in Dortmund kannte, fand er eine Stelle in einem kleinen Theater. Dort war er 33 Jahre lang bis zu seinem Ruhestand beschäftigt.

Autor:

Lokalkompass Dortmund-City aus Dortmund-City

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