Mehr Demokratie wagen – Interview mit Landtagspräsidentin Carina Gödecke zum Tag der offenen Tür

Landtagspräsidentin Carina Gödecke weist den Weg: Der Düsseldorfer Landtag steht den Bürgern am kommenden Wochenende zwei Tage lang offen. Foto: Siegel
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Seit 1946 tagt der Düsseldorfer Landtag. Das heutige Landtagsgebäude wurde 1988 eröffnet. Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums findet am Samstag und Sonntag, 6. und 7. Juli, ein Tag der offenen Tür statt.

Anlässlich dieses Tags traf sich der Rhein-Bote mit Landtagspräsidentin Carina Gödecke. Dabei ging es nicht nur um das kommende Wochenende, sondern auch um den Landtag selbst.

Rhein-Bote: Frau Präsidentin, am kommenden Wochenende lädt der Düsseldorfer Landtag zum Tag der offenen Tür ein. Werden solche Veranstaltungen eigentlich regelmäßig durchgeführt?
Carina Gödecke: „Wir machen das in unregelmäßigen Abständen. Wir achten darauf, dass wir den Tag der offenen Tür nicht in den Jahren veranstalten, in denen das NRW-Fest stattfindet, und auch nicht in den Wahljahren. Da sind die Fraktionen, die ja auch am Tag der offenen Tür beteiligt sind, sehr beschäftigt. Ein solcher Tag ist sehr personalintensiv und stellt eine große organisatorische Leistung dar.“

Auf was freuen Sie sich beim Tag der offenen Tür selbst am meisten?
„Auf die Besucherinnen und Besucher und ihre Fragen...“

...das ist eine sehr präsidiale Antwort...
„...ich freue mich zum Beispiel auf Volker Rosin, den ich nur von den CDs meiner Enkel kenne und den ich jetzt live erleben kann. Ich freue mich auf die Maus vom WDR und ich bin gespannt auf das Schauschreiben unserer Stenografen.“

Sie sitzen seit 1995 im Landtag. Welches Ereignis ist Ihnen aus den vergangenen 18 Jahren besonders in Erinnerung?
„Die Selbstauflösung des Landtages im vorigen Jahr; das war das erste Mal seit der Nachkriegszeit. Das wird es wohl nicht mehr geben. Der Besuch der Queen 2004; das war für das Land NRW ein besonderes Ereignis. Für mich persönlich war es etwas Besonderes, als parlamentarische Geschäftsführerin direkt hinter Prinz Philip zu sitzen. Und auch der Besuch von Prinzessin Mary aus Dänemark am vorletzten Montag.
Besonders sind aber auch die Briefe von Bürgern, die sich für etwas bedanken, von denen zehrt man, da man etwas erreicht hat. Darum wollen auch die Kollegen im Petitonsausschuss dort bleiben, wegen der Unmittelbarkeit. Natürlich war auch mein erster Tag im Landtag etwas Besonderes für mich.“

Der Landtag ist ein großes, komplexes Gebäude. Welches ist Ihr persönlicher Lieblingsplatz?
„Wenn das nicht überheblich klingt: Oben auf dem Präsidiumsplatz. Man bekommt einen völlig anderen Blick auf den Planarsaal. Was ich auch als einen meiner Lieblingsplätze für mich entdeckt habe, ist der Raum der Stille. Das ist ein Raum, in dem man meditieren kann. Einmal in der Woche findet hier eine ökumenische Andacht statt. Man kann den Alltag hier für ein paar Minuten ausblenden.“

Im Juli 2010 sind Sie Vizepräsidentin geworden, seit letztem Jahr sind Sie die Präsidentin des Landtages. Im Plenum wird mitunter kontrovers diskutiert. Müssen Sie oft zur Ordnung rufen?
„Kontroverse Diskussionen sind nicht das Problem, aber Rumschreien und Rumpöbeln. Im Plenarsaal muss schon mal kontrovers diskutiert werden; da gehört ein bisschen Pfeffer dazu. Als Präsidentin muss man ein Fingerspitzengefühl dafür entwickeln, wann man eingreifen muss. Rügen vergeben wir nur bei unparlamentarischem Verhalten. Wir haben auch die Möglichkeit, einen Abgeordneten einen Tag später nachträglich zu rügen.“

Im Bewusstsein der Bürger spielt vor allem die Kommunalpolitik vor der eigenen Haustür und die Bundespolitik für das große Ganze eine Rolle. Die Wahlbeteiligung der Landtagswahl 2012 lag nur noch bei 59,6 Prozent. Was kann man gegen das Desinteresse der Bürger an der Landespolitik unternehmen?
„Das ist ein Phänomen, das alle Landtage haben. Wir hatten im letzten Jahr die Situation, dass wir keinen Haushalt zustande bekommen haben und die Bürger vor die Wahl gestellt haben, welcher Partei sie das zutrauen. Nur zwei Drittel der Bürger haben sich dafür interessiert. Ich habe direkt nach der Wahl die Frage aufgeworfen, wie es mit dem Parlamentarismus weitergeht, wie wir die Bürger wiederbesser erreichen. Wir haben eine Arbeitsgruppe zu dem Thema eingerichtet und eine Forsa-Umfrage in Auftrag gegeben.
Professor Güllner, der die Umfrage durchgeführt hat, ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kontakt zwischen den Abgeordneten und den Bürgern entscheidend ist, ebenso das Erleben des Parlaments bei einem Landtagsbesuch. Wichrig ist auch eine stärkere Einbeziehung der Bürger. Wir wollen keine direkte Demokratie, aber eine stärkere Bürgerbeteiligung muss die repräsentative Demokratie ergänzen. Darum machen wir auch den Tag der offenen Tür, um die Bürger besser zu erreichen.“

Autor:

Sascha Ruczinski aus Schwelm

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