Was zählt, ist der olympische Gedanke

Ein Triathlet im Medienhafen. Foto mit freundlicher Genehmigung von Sportograf. | Foto: sportograf.com
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Drei Sportarten, ein Wettkampf. Kein anderer Sport fasziniert mich so sehr wie Triathlon. Werden dort doch drei meiner liebsten Disziplinen gemeinsam absolviert. Schade nur, dass man nicht noch ein Fußballspiel anhängen kann, aber man kann ja nicht alles haben.

Bedauerlicherweise sind Triathlonveranstaltungen in Düsseldorf eher selten, meine erste Teilnahme war 1988 anlässlich des 700-jährigen Stadtjubiläums am Unterbacher See. Was damals nach einer Woche Schützenfest und Größter Kirmes am Rhein für mich keine vergnügungssteuerpflichtige Angelegenheit war. Und da ich recht lustlos war, mit dem Auto zu einem Triathlon in der Umgebung zu fahren, musste ich bis letztes Jahr warten, um mal wieder schwimmen, radeln und laufen zu dürfen. Da fand erstmals der T3-Triathlon im und am Medienhafen statt und ich versuchte mich auf der Sprintdistanz mit 750 Metern Schwimmen, 20 km Radfahren und 5 km Laufen.

Nachdem dies trotz schlechter Vorbereitung ganz ordentlich geklappt hatte, stand am 08. Juli die olympische Distanz auf meinem persönlichen Spielplan. Das bedeutete 1.500 Meter Schwimmen, 40 km Radeln und knapp 10 km Laufen. Ich fühlte mich diesmal besser vorbereitet und meine Bedenken richteten sich nur auf die Wetterbedingungen, denn die Teilnehmer der Sprintdistanz morgens und die Athleten der Deutschen Meisterschaften mittags konnten sich beherzt durch den Regen schlagen.

Ich hatte da mehr Glück und musste nur vor dem Start einen starken Regenguss über mich ergehen lassen. Doch so rückten die Sportler in der Wechselzone unter den Bäumen näher zusammen und da Triathleten nette Menschen sind, entwickelten sich auch interessante Gespräche. So merkte ich schon, dass ich mit dem Verhältnis meines Alters (44) zur Anzahl meiner Triathlonwettbewerbe (bis dahin 2) eher ein Exot im Feld war. Wie ein Exot fühlte ich mich auch, als ich zwischen den vielen neoprenverpackten Sportlern zum Start ging und mir zum Schutz gegen Wind und Wetter über meine Badehose eine damals beim Köln-Marathon für eben diesen Zweck verteilte Plastiktüte mit der WDR-Maus überzog. Einmal wurde ich sogar gefragt, ob ich damit schwimmen werde. Ich sagte: Klar, damit nehm´ ich jede Welle mit." Und alle grinsten.

Das Schwimmen
Natürlich hatte ich mich der Maus entledigt bevor es ins Wasser ging und frohen Mutes sprang ich ins Hafenbecken. Das Wasser war nicht kalt und die Aufregung stieg. Ohne Vorwarnung kam das Startsignal und es ging los, ich mittendrin. Und wenn ich eben schrieb, Triathleten seien nette Menschen, dann gilt das natürlich nicht im Wasser. Ohne Rücksicht kraulten die Schwimmer an allen Seiten an mir vorbei und ich fühlte mich wie ein Fisch im Schwarm. Die Situation war schon unangenehm, doch als einer fast über mich drüber schwamm, geriet ich sogar leicht in Panik und mit Schnappatmung ließ ich mich zurück fallen. Einen kurzen Augenblick dachte ich sogar, ich müsse dringend raus aus dem Wasser, aber ich beruhigte mich und schwamm dann im Grußmutterstil (tut mir leid liebe Omas) weiter. Drittletzter war ich nun und das Feld schwamm immer weiter davon.
Als ich dann auf der Fußgängerbrücke meine Frau sah, die sorgenvoll zu mir herunterblickte winkte ich ihr zu. Im nächsten Moment hörte ich nur, wie ein Rettungsschwimmer auf einem der Boote rief: "Ich glaube, der hat nur gewunken." Mir war klar, dass ich gemeint war und bestätigte, dass es mir gut ginge, denn der Kollege des Rufenden wollte mich wohl schon aus dem Wasser retten. Nun, das war zumindest beruhigend. Nach und nach gewöhnte ich mich an das Hafenwasser und konnte dann auch kraulend die Letzten des Feldes wieder einholen.

Der erste Wechsel
Froh, diese Etappe bestanden zu haben, ließ ich mir aus dem Wasser helfen und lief durch die Wechselzone zu meinen Sachen. Während die Profis unter ihren Neoprenanzügen schon die Radkleidung tragen und ihre Radschuhe schon an den Pedalen hängen, trocknete ich mich ab, zog mich um, quälte mich in meine Radschuhe und vergaß dabei auch noch die Startnummer. Zum Glück passte ein Ordner auf und wies mich auf diese Duselei hin. Nach über 5 Minuten stieg ich dann aufs Rad.

Das Radfahren
Das Radfahren sollte eigentlich meine schönste Disziplin sein, bin ich doch einige Male auch zügig die 45 km über die Theodor-Heuss-Brücke und am Rhein entlang bis Krefeld bis zur Krefeld-Uerdinger-Brücke und auf der rechtsrheinischen Seite wieder zurück gefahren. Und es war entgegen meiner Befürchtung weiter trocken geblieben. Doch leider kam ein starker Wind seitlich vom Rhein, so dass man irgendwie ständig das Gefühl von Gegenwind hatte. Nach einiger Zeit merkte ich, wie die Muskeln brannten und das Schlimmste: ich konnte nach gut der Hälfte der Strecke nicht mehr sitzen. Ein Problem, das ich bei keiner Trainingsfahrt hatte, zeigte sich ausgerechnet am Wettkampftag. Ich fuhr weiter und hatte das Gefühl, danach keinen Schritt mehr laufen zu können.

Das Laufen
Auch beim zweiten Wechsel brauchte ich 5 Minuten, vor Allem weil mich ein Ordner in aller Ruhe aufklärte, dass ich auch in der Wechselzone den Helm zu tragen habe, auch wenn ich das Rad nur schiebe. Ungeduldig wartete ich die Belehrung ab und setzte den Helm wieder auf, quälte mich dann wieder aus den Radschuhen und in die Laufschuhe, schnappte mir eine Banane und lief los. Zu meiner großen Überraschung hatte ich keine Probleme und startete zwar langsam, konnte das Tempo aber gleichbleibend halten, während andere Läufer Gehpausen einlegen mussten. Und nachdem beim Radfahren fast kein Zuschauer zu sehen war, wurde zumindest im Medienviertel die Stimmung besser. Zum Beispiel stand auf der Kaistraße ein junges Paar, das alle Läufer lautstark anfeuerte. Auf der dritten von vier Runden rief ich ihnen zu: "Ihr seid ja immer noch da." Und sie antworteten: "Klar, für euch." Lächelnd lief ich weiter und war nach 3:06 Stunden glücklich im Ziel. Mein Wunsch, unter 3:20 Stunden zu bleiben wurde dabei erfüllt und trotzdem war ich mit Platz 330 von 358 männlichen Teilnehmern ziemlich am Ende der Platzierungen. Doch vor allem hat es viel Spaß gemacht, trotz rücksichtslosen Schwimmern und Gegenwind beim Radeln. Der Weg war das Ziel und alles was zählte, war der olympische Gedanke: es war schön, dabei zu sein. Und als mich auf dem Heimweg ein Radler mit einem großen bunten und vor Allem echten Papagei auf der Schulter freundlich nach den Anmeldemodalitäten fragte, war mir wieder klar: Triathleten sind eigentlich doch nette Menschen, außer im Wasser…

Autor:

Marc Pojer aus Düsseldorf

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