Vom Flanieren und Beobachten...

Am vergangenen Samstag war es mal wieder so recht nach meinem Sinn. Nach einem ausgiebigen Frühstück mit französischem Landbrot an Käse und Schinken und Gesprächen mit dem Freund über die Bretagne, Autoreisen durch das verträumte Frankreich und nicht zuletzt den neuesten Film von der im Alter immer schöner werdenden Caterine Denevue, trugen mich meine Füße von Pempelfort über den Hofgarten in Richtung Rhein.

Am Rhein atme ich immer besonders tief durch, fliege mit den Möwen in Gedanken nach Holland und genieße den „Holland-Wind“, wie ich ihn seit Jahren nenne. Die frische Brise, die mir geradewegs vom Meer über den Rhein zu kommen scheint und Haare und Möwen durcheinander fliegen läßt.

Auf der Treppe sitzen trotz der frischen Brise ein paar ältere Herrschaften und trinken Bier aus der Flasche. Sie erzählen einander schamlose Witze und klopfen sich beim Lachen heftig auf die Schenkel. Warum werden ältere Leute oft so zweideutig in ihren Erzählungen ? So schamlos zweideutig und so eindeutig sexistisch. Was möchten sie damit wohl kompensieren ?

Aber dann sehe ich plötzlich ein akrobatisches Wunder ! Da springt doch tatsächlich ein Skateboardfahrer mit einem kleinen Anlauf von ca. drei Metern mit einem Satz auf das Geländer, das entlang dem Rheinufer zur Sicherheit gezogen wurde, damit nicht nochmal jemand in den Rhein fällt. Er steht auf dem Geländer, justiert sich – und springt mit gekonntem Sprung auf sein Skateboard, umso gleich elegant damit ein paar Schleifen zu drehen.

Dann das Gleiche wieder von vorne ! Er springt wieder gekonnt auf das Geländer, wippt ein wenig, schwankt (Hilfe !!!), justiert sich, steht dort siegessicher und springt wieder aufs Skateboard. Soll ich ihn ansprechen, ihn warnen ? Ein Fehltritt und der Mann liegt im Wasser oder verletzt sich schwer an den Steinen. Andere sehen es auch, hetzen achtlos vorbei. Er ist so sicher, wie ein Eichhörnchen mit seinen Sprüngen. Meine Augen lassen nur ungern von ihm ab, kleben förmlich an diesem akrobatischen jungen Mann – während die Ohren von den älteren Herrschaften durchs Bett gezogen werden auf einer Reise von Viagra nach Potenz. In Potenz herrscht dann Stillstand nach lauthalsem Gejohle bei der Ankunft.

Aber mein Skateboardfahrer kennt keinen Stillstand – er fegt weiter auf seinem Brett am Rheinufer entlang, springt mit einem Satz auf das hohe Brückengeländer, erfreut sich an seiner Fähigkeit, das Gleichgewicht zu halten und ist weit entfernt von Viagra und Potenz – aber dafür dem Himmel sehr nah.

Und ich ? Ich stehe mitten drin – zwischen Himmel und der profanen Erde, auf der ich meine Samstagsaufgaben lösen sollte. Auf dem Markt einen Bovistenpilz kaufen. Der wird zu Hause in Mehl, Ei und Paniermehl gewälzt und dann beidseitig gebraten. Dazu gibt es frischen Kopfsalat in Orangensoße mit Olivenöl. Die Orangensoße ist nach einem Rezept von meinem griechischen Freund und schlägt jeden Essig aus dem kulinarischen Feld.

Der Nachmittag gehört der Bewegung. Eine Wanderung ist geplant. Und wenn meine Wanderfreundinnen dann, wie immer, anfangen, schmutzige Witze zu erzählen über ihre Männer, werde ich versuchen, mit einem Sprung auf die erste Treppenstufe vom Aufgang des Naturfreundehauses zu springen. Ich will angesiedelt sein zwischen Himmel und Erde – so wie mein Skateboardfahrer vom Rhein. Frei sein und mutig dazu. Beweglich sein und anmutig. Schöne Gedanken kann man haben bei einem Bummel entlang der Düsseldorfer Rheinpromenade !

Autor:

Karin Michaeli aus Düsseldorf

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