Menschen auf ihrer letzten großen Reise begleiten

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Man findet ja nie die richtigen Worte…“ mit einer Mischung aus Selbstironie und Ernsthaftigkeit fasst Hildegard Kleintjes die Sprachlosigkeit zusammen, mit der auch erfahrene Begleiter immer wieder vor Angehörigen stehen, wenn jemand verstorben ist.

Emmerich. Sie hat vor gut 20 Jahren gemeinsam mit Gleichgesinnten und den Ärzten Dr. Kriegel, Dr. Dormann und Dr. Niemeyer die Hospizgruppe Emmerich gegründet. „Man kann aber auch einfach nur da sein... das ist oft schon ein Trost. Muss nicht viele Worte machen“, gibt sie denjenigen einen Tipp, die ebenfalls hilflos dastehen, wenn Mitmenschen schmerzhaft Abschied nehmen müssen. Regelmäßig treffen sich die knapp 40 Mitglieder der Hospizgruppe Emmerich, und Hildegard Kleintjes ist stolz darauf, dass es so viele ehrenamtliche Begleiter gibt. Alle zwei Jahre bietet die Hospizgruppe eine Weiterbildung an, an der Menschen teilnehmen, die sich mit dem Thema Tod auseinander setzen wollen.

Die Motive sind unterschiedlich

Häufig ist es ein persönliches Thema, reines Interesse, ebenso oft aber schließen sich Menschen der Gruppe an, die Angehörige oder Nachbarn begleitet haben und für sich hier eine Aufgabe sehen.

Dabei geht es längst nicht nur um die Begleitung der Sterbenden, sondern auch darum, für die Angehörigen dazusein, sie bei ermündenden Wachen zu entlasten, ihnen eine Verschnaufpause zu gönnen. Sechs Männer gehören zur Emmericher Gruppe, und das ist ein Trend, den es früher so nicht gab: „Eigentlich ist man daran gewöhnt, dass Frauen diejenigen sind, die pflegen und begleiten, aber es gibt inzwischen auch Männer, die sich diese Aufgabe zueigen gemacht haben“, freut sich Kleintjes über eine etwas andere Art der Emanzipation. Erstaunlich findet sie auch, dass auch jüngere Menschen zur Gruppe oder zur Ausbildung kommen, die noch im Berufsleben stehen: „Das hätte ich, glaube ich, nicht leisten können, als ich noch gearbeitet habe“, hat sie Hochachtung vor denjenigen, die sich an den Wochenenden den Sterbenden und ihren Angehörigen widmen. Wer sich für das Thema der letzten großen Reise interessiert, muss bereit sein, sich auch intensiv mit der eigenen Geschichte und Wahrnehmung auseinanderzusetzen: „Oft ist das so, dass man gerne helfen möchte, und sei es nur durch ein Gesprächsangebot. Mitunter aber wird auch dieses Angebot von Todkranken nicht angenommen, weil sie lieber mit ihren Gedanken und Empfindungen allein klarkommen wollen. Dann darf man sich als Begleiter nicht persönlich angegriffen oder zurückgewiesen fühlen, denn häufig wird schon die bloße Anwesenheit eines Begleiters als wohltuend empfunden.“ Auch das aktive Zuhören will geübt sein, denn darin besteht unter Umständen eine gute Unterstützung. Dazusein und nichts zu tun – so paradox das klingen mag, aber oft ist das für einen Sterbenden oder Trauernden die größte Hilfe. Für ihre eigene Arbeit und die ihrer Kollegen würde Hildegard Kleintjes sich wünschen, dass sie nicht erst dann gerufen werden, wenn ein Mensch bereits im Koma liegt: „Viel besser wäre es, wenn man früher die Gelegenheit hätte, jemanden kennenzulernen, zu wissen, was einer mag oder auch nicht, womit man ihm eine Freude machen kann oder was gar nicht geht.

Schön wäre, wenn wir bereits angesprochen werden, wenn jemand vielleicht eine aussichtslose Diagnose bekommt“, wünscht sich die Pionierin der Emmericher Hospizgruppe, weil man dann helfen könnte, die verbleibende Lebenszeit so gut wie möglich zu verbringen.

Autor:

Caroline Büsgen aus Emmerich am Rhein

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