Igel-Alarm im Liegewagen

Ach, war das herrlich, als man noch von Emmerich aus direkt und ohne umzusteigen bis nach Brig in der Schweiz fahren konnte! Da war es sogar möglich, mit 3 kleinen Kindern und einem dementsprechenden Haufen an Gepäck per Nachtzug in den Urlaub in der Schweiz zu reisen!

Und wieder einmal waren wir zu fünft im Liegewagen-Abteil unterwegs, waren in Emmerich pünktlich losgefahren, hatten alles Gepäck auf den Ablagen verstaut, die Kinder waren auf ihren Liegen eingeschlafen, die Eltern hatten endlich ein paar Stunden Ruhe. Unsere Größte durfte ganz oben liegen, wo sie es sich mit ihrem Kuschel-Igel so richtig gemütlich gemacht hatte. Morgens, bei der Ankunft in Brig, dann das übliche Ritual: Bettwäsche ordnen, Abteil aufräumen, Gepäck zu den Türen schleppen – und dann fertig machen fürs Aussteigen.
Doch irgendwann da muss es passiert sein: Wo ist das Igelchen der Tochter? Eilige Nachschau im verlassenen Abteil, nichts! Wird schon irgendwo im Gepäck dabei sein … Erst in der Ferienwohnung dann das Entsetzen: Das Kuscheltier ist weg!
Viele Fragen, Nachforschungen, Tränen – und letzlich die ernüchternde Feststellung: Das Igelchen ist alleine mit dem Zug weitergereist, wahrscheinlich wollte es bis nach Italien ans Meer. Mit dieser aus der Not geborenen Geschichte war auch die Tochter zumindest für den Urlaub vertröstet.
Nun, sowas kennen wohl alle Eltern: ein verlorenes Schmusetier, ein Ersatz wird beschafft, und doch ist es irgendwie nie mehr so schön wie mit dem verlorenen „Original“!
Die Geschichte hätte hier ihr übliches, trauriges Ende, wenn, ja wenn
... wir nicht auch im nächsten Jahr wieder mit der Bahn gereist wären, wieder von Emmerich nach Brig, wieder im Liegewagen-Abteil, wieder mit der ganzen Familie. Und wieder durfte die Größte ganz oben liegen. Same procedure as last year! Und doch war es diesmal ganz anders: Als wir Eltern die Decken für die Kinder bereiteten, trauten wir unseren Augen nicht: Da saß doch etwas ganz einsam oben in der Ecke der Gepäckablage, ein Etwas, ein Kuscheltier, nein, ein Igel, nein, „unser“ Igelchen! Unfassbar, die Tochter erkannte es gleich wieder und holte es sofort unter ihre Decke. Wieder gab es Tränen, doch diesmal Freudentränen. Wie war das möglich? Genau das verlorene Igelchen fand sich nach einem Jahr wieder – und wie sonderbar: Es war sogar ein klein wenig gewachsen! Das hatte die Tochter sofort bemerkt und es als ganz selbstverständlich eingestuft. Nach einem „Auslandsjahr“ in Italien musste der Igel sich ja entwickelt haben! Aber egal, er war ja wieder da!!!

Noch heute, über 15 Jahre später, ist es – zumindest für den Teil der Familie, der sich seine kindliche Fantasie erhalten hat – ein ungeklärtes Mysterium, wie das Igelchen zu seiner Besitzerin zurück gefunden hat. Und gäbe es immer noch die direkte Linie Emmerich-Brig, wir würden immer noch zum Jahrestag der Igel-Wiederentdeckung mit der ganzen Familie im Liegewagen verreisen, allein schon der romantischen Erinnerung wegen!

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(Christoph Krott)

Autor:

Christoph Krott aus Goch

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