Fremden nicht einfach die Tür öffnen

Sie stehen in gepflegten Anzügen vor der Tür, klingeln vornehmlich bei älteren, alleinstehenden Damen und geben sich als Wasserwerker aus. Einziger Sinn dieser oder ähnlicher Betrügereien: In die Wohnung gelangen, um Schmuck, Bargeld und Ec-Karten zu stehlen.
In Essen gab es im vergangenen Jahr allein 64 Raubstraftaten und Trickdiebstähle durch falsche „Wasserwerker“. Dabei gehen die Täter immer gleich vor. Sie verschaffen sich irgendwie Eintritt in die Wohnung, lenken den Bewohner ab und lassen die Wohnungstür aufstehen für den zweiten oder dritten Täter. Der oder die räumen dann in aller Ruhe die Wertgegenstände ab und verschwinden so lautlos wie sie gekommen sind.
Anhand der Spuren und Täterbeschreibungen erkannten die Ermittler des Kommission „Rohr“ des Polizeipräsidiums Essen eine Serie und kamen der Bande letztendlich auf die Spur.
Einer Großfamilie aus Altenessen konnten die Ermittler das Gros der Taten zuordnen. Anführer der „Bande“ ist der 56-jährige Vater, der die Taten für seine sechs Kinder - drei Jungen und drei Mädchen - deligierte. „Deswegen reden wir auch von einer Bande,“ so der Leiter der EK, Andreas Kluth. „Der Vater bestimmte wer, wann, wo und mit wem die Taten ausführte.“
Zwei der Söhne saßen schon in Haft, der dritte ist mittlerweile auch inhaftiert. Gegen die drei polizeibekannten Töchter und drei weitere Männer aus dem Bekanntenkreis der Familie wird noch ermittelt. Auf das Konto der Großfamilie gehen bis dato sichere 31 Taten, dazu gehören auch Taten in Norddeutschland. Nach ermittlungstechnischen Ergebnissen sind auch auswärtige Täter aus Hildesheim, Bremen und Grimma für Taten in Essen verantwortlich. „Die Ermittlungen laufen natürlich weiter,“ so Kluth. Bei mehreren Durchsuchungen sind zwar Gegenstände sichergestellt worden, die bestimmten Taten zugeordnet werden können. Doch bei einer Schadenssumme von insgesamt über 1 Million Euro liegt noch einiges an Ermittlungsarbeit vor den Polizeibeamten.
„Immerhin haben die Betroffenen den Großteil ihres Vermögens verloren und mit der Tat den schlimmsten persönlichen Terroranschlag ihres Lebens erlebt,“ so Andreas Kluth. Viele der Opfer seien bis heute schlimmst traumatisiert und könnten das Geschehen nicht verarbeiten. Dazu käme die Scham, Opfer geworden zu sein.
Der Tipp von Brigitte Niebuhr vom Kommissariat Prävention und Opferschutz, die den Wasserwerker nur als eine Facette von Kriminalität gegen Senioren betrachtet: „Das beste Mittel nicht Opfer einer solchen Trickbetrügerei zu werden, ist immer noch keinem Fremden die Tür aufzumachen. Und - achten Sie ein wenig auf ältere Menschen.“

Autor:

Patricia Koenig-Stach aus Essen-Borbeck

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