Nachdem Schüler an Gymnasien abgelehnt wurden, nimmt die Verwaltung Stellung
Kapazitäten reichen nicht

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Der Unmut war groß, als zahlreiche Viertklässler bei der Anmeldung an den städtischen Gymnasien in Kettwig und Werden leer ausgingen. Auf eine Anfrage der CDU-Fraktion im Rat bezog das Dezernat für Jugend, Bildung und Kultur nun ausführlich Stellung.

Tenor des Schreibens: Von einem "eklatenten Anmeldeüberschuss im Bezirk IX", den Martina Schürmann (CDU Werden), Guntmar Kipphardt (Kettwig) u.a. konstatieren, könne nicht gesprochen werden. An den Ablehnungsbescheiden ändert sich nichts. Zudem müssten für kommende Jahrgänge dringend zusätzliche Klassen her. Besonders in Kettwig wird das schwierig.

"Keine unzumutbare Belastung"

Aktuell wurde die Unterdeckung von 45 Plätzen durch die Gründung einer vierten Eingangsklasse am THG abgemildert. "Nur" noch elf Kinder müssen auf ein anderes Gymnasium wechseln (z.B. Burg, Helmholtz oder Überruhr), was nach Ansicht der Verwaltung keine unzumutbare Belastung darstellt. Für 17 Mädchen und Jungen, die gern das Gymnasium Werden besucht hätten, trifft das selbe zu. Der Grundsatz "Kurze Beine, kurze Wege" gelte für Grundschulkinder. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Schulpraktische Studien empfiehlt für Jugendliche in der Sekundarstufe II eine Obergrenze von drei Stunden für Hin- und Rückweg. Eltern haben den Rechtsanspruch, dass die Stadt einen Platz an der gewünschten Schulform bereitstellt, nicht aber an der gewünschten, wohnortnahen Schule.
Schon für die nähere Zukunft besteht dringender Handlungsbedarf. Das Theodor-Heuss-Gymnasium verzeichnete noch vor kurzem mehr Plätze als Anmeldungen. Deswegen hätten Ablehnungen viele Eltern überrascht. Dieses Verhältnis dreht sich nun. An einer dauerhaften Vierzügigkeit kommt man nicht vorbei und müsste anbauen. Das aber lässt das Grundstück kaum zu. Die Rückkehr zu G9 erhöht den Raumbedarf zusätzlich. Mit diesem Problem sehen sich auch andere Essener Gymnasien konfrontiert.
Zur Mutmaßung, dass Kinder ohne ersten Wohnsitz in Kettwig bevorzugt worden seien, kann die Stadt keine Auskunft geben. "Über die Aufnahme entscheidet die Schulleitung", so die Rechtslage. Im Landesschulgesetz ist Wohnortnähe kein Aufnahmekriterium. In strittigen Fällen entschied das Los über den Schulwechsel. Wegen ihrer besonderen Profile verfügen die Gymnasien in Werden (u.a. Tanzausbildung) und Kettwig (Elitenförderung im Sport, Europaschule) über Renommees, die sie auch jenseits der Stadtgrenzen attraktiv erscheinen lassen. Im Sinne eines "guten kommunalen Miteinanders" sei es nicht sinnvoll, Kindern aus Nachbarstädten vom Besuch einer Essener Schule auszuschließen. Auch aus Essen pendeln Schüler über die Stadtgrenzen.
Guntmar Kipphardt, einer der Verfasser der Anfrage, konzediert: "Soweit ich das beurteilen kann, sind die Auskünfte der Verwaltung formaljuristisch nicht falsch." Allerdings hätte er sich vom Schuldezernat mehr Sensibilität gegenüber den berechtigten Interessen von Eltern und Schülern gewünscht.
"Die CDU-Fraktion hält die Größenordnung, in der Gymnasien Ablehnungen aussprechen mussten, für nicht unbeträchtlich. Und das Problem wird ja größer", erläutert Kipphardt. Er möchte auf die städtischen Beamten nicht verbal einschlagen, hält aber die Schulbedarfsplanung für "Larifari". Kurzfristig führe an einem Abzweig für das Theodor-Heuss-Gymnasium kein Weg vorbei. Er selbst verbrachte einen Teil seiner Zeit am THG in der ehemaligen "HJ-Schule" neben der Feuerwache. Das jetzige Hauptgebäude existierte allerdings noch nicht. Doch die Kapazitäten in städtischen Schulbauten betrifft, ist Kettwig auf Kante genäht.
Mit dem Neubau am Mintarder Weg entspannt sich die Situation an der Gustavstraße. Damit ist fürs Gymnasium allerdings nichts gewonnen. Auch Schmachtenberg- und Realschule dürften ausgelastet sein. In der Flüchtlingsunterkunft neben dem Bahnhof findet die Kindertagesstätte Vor der Brücke ihr zwischenzeitliches Domizil.

THG abreißen und neu bauen?

"Jetzt ist die Immobilienverwaltung am Zug", meint der CDU-Ratsherr, der sich mittelfristig Abriss und Neubau der Schule an der Hauptstraße vorstellen kann. Wenn das Grundstück intelligent genutzt werde, ließen sich auch mehr Klassenräume unterbringen. Das THG ist übrigens im Kalten Krieg errichtet worden, in einer Zeit, in der ausgedehnte Bunkeranlagen unter öffentlichen Gebäuden obligatorisch waren.

Bedarf muss gesichert werden

"Der Bedarf muss gesichert werden", fordert Kipphardt, "ich erwarte von der Verwaltung kreative Lösungen."

Laut Schulentwicklungsplan fehlen in diesem Einschulungsjahrgang statistisch 10,1 Grundschul-Klassen in Essen.

Dieser Wert steigt 2021/22 auf 18,6 und im Folgejahr auf 20,6.

Für alle weiterführenden Schulen ergibt sich eine Bedarfsunterdeckung von 1,2 (2021/22) und 15,2 Klassen für den Übergangsjahrgang 2022/23.

Die Verwaltung sieht sich außerstande, die Zahlen nach Schulformen getrennt vorauszusagen.

Autor:

Markus Tillmann aus Essen-Kettwig

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