Kupferdreh: Josefschüler reisten zurück ins Mittelalter

Die stolzen Ritter und edlen Damen am Ende des Ritterprojektes. In den vergangenen drei Tagen haben die Mädchen und Jungen viel über das Leben an einem mittelalterlichen Hof gelernt. Foto: Janz
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  • Die stolzen Ritter und edlen Damen am Ende des Ritterprojektes. In den vergangenen drei Tagen haben die Mädchen und Jungen viel über das Leben an einem mittelalterlichen Hof gelernt. Foto: Janz
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Zurück ins Mittelalter ging es kürzlich für die Mädchen und Jungen der beiden vierten Klassen der Josefschule. Drei Tage lang standen minnigliches Verhalten statt Mathe und Schwertkampf statt Sportunterricht auf dem Lehrplan - wobei: Recht sportlich ging es auch hier zu.

Es ist Tag drei des Ritterprojektes, als der KURIER die zeitgereisten Kupferdreher Grundschüler besucht. Das Wichtigste haben die Kinder schon gelernt und das ist auch gut so, schließlich bildet der heutige Tag den feierlichen Abschluss ihrer Verwandlung.
Aus den Jungs wurden Knappen - den hohen Ritterstand gilt es heute noch zu erreichen. Die Mädchen sind jetzt edle Frouwen mit so klingenden Namen wie Isabella von Burghohenstein, Kunigunde die Erste oder Carla von Lichtenstein.
Alle sind auf dem hinteren Teil des Schulhofs - pardon, dem Turnierplatz - versammelt. Trudchen von Trutzberg alias Christiane Engemann schreitet, gewandet in dunkelroten Samt, heran. Die Klassenlehrerin der 4b hat das Ritterprojekt zusammen mit ihrer Kollegin Dorothe Noll, Lehrerin der 4a, an die Josefschule geholt. Die Aufmerksamkeit der Schüler gilt heute aber definitiv dem Grafen Engelbert von Burg. Der heißt im wirklichen Leben Olaf Fabian Knöpges, ist studierter Historiker und Museumspädagoge und verfügt über reichlich Erfahrung darin, Schülern das Mittelalter auf solch lebensnahe Weise zu vermitteln.

Ohne Minne kein Turnier

Der Alltag von Knappen und Burgfräulein war durch höfisches Verhalten definiert. Ein großes Thema dort wie auch hier beim Ritterprojekt: der richtige Umgang untereinander (bei Hofe), die hohe Minne inklusive, mitsamt ritterlichem Dienst für die Auserwählte, die Unterwerfung unter ihren Willen und die Werbung um ihre Gunst.
Ehe die Knappen ihre Stärke auf dem Schlachtfeld beweisen können, müssen sie zunächst das Herz einer Dame gewinnen. „Für die Jungs in diesem Alter kostet es sicherlich Überwindung, ein Mädchen in so direkter Weise anzusprechen, aber das ist der Preis dafür, dass sie das Turnier haben können“, erläutert Knöpges.
Die Mädels fühlen sich richtig wohl in ihrer Rolle als Burgfräulein. „Die Mädchen haben schon ein gewisses Standing als adlige Damen“, so Knöpges. Zu ihrer Kemenate haben die Knappen keinen Zutritt und sie können die Jungs regelrecht rumkommandieren.

Die Brautwerbung unterliegt strengen Regeln: Durch höfisches Verhalten und ein Liebesgedicht mussten die Jungen im Vorfeld das Herz ihrer Auserwählten gewinnen. Die Verse haben die Ritter in spe selbst verfasst „oder bei Walther von der Vogelweide geklaut“, schmunzelt Christiane Engemann. Wird der Jüngling von seiner Dame erhört, erhält er ihr Minneband - sozusagen das Eintrittsticket für den Kampf.
Letzterer folgt ebenso strengen Ritualen wie die Brautwerbung. Ehe die Knappen geharnischt und mit Schild und (Holz-)Schwert aufeianderrasseln, gibt es einen Tanz. Die Herren verbeugen sich, die Damen machen einen Knicks. Jeder Knappe berührt seine Dame zart an der Hand und führt sie dann zu ihrem Platz. Er kniet nieder, während sie ihm die Hand auf die Schulter legt und sagt: „Ich wünsche dir viel Glück“.
Schließlich wirft die Edle ein Wieselfell in die Arena und die beiden Kontrahenten überziehen sich mit Schmährufen: „Du stinkst wie ‘ne Kuh mit Schweinekacke!“ - „Und Du stinkst wie der Misthaufen von einem Hahn!“- „Du bist in einem Hühnerstall geboren!“ - „Mir reicht‘s, lass den Kampf entscheiden!“ Und auf geht‘s mit Gebrüll. Ein Knappe nach dem anderen beweist seinen Mut im Zweikampf und in den Augen der Burgfäulein sind sie alle der Ritterehren wert.

Bewährungsprobe nach dem Ritterschlag

Das Spektakel endet mit dem ersehnten Ritterschlag. Nachdem die jungen Helden ihren Eid geleistet haben, müssen sie noch eine Bewährungsprobe bestehen: „Und nun nehmet den letzten Streich entgegen, ohne euch dafür rächen zu können“, verkündet Engelbert von Burg alias Olaf Fabian Knöpges. Und wie Männer nehmen die Jungs die Watschen hin, die ihnen ihre Klassenkameradinnen in ihrer Rolle als Burgfräulein verpassen. Die eine schlägt ganz zart, kaum merklich, manch andere nutzt die Situation etwas aus. Am Ende stimmen die Neu-Ritter und ihre Damen alle noch das Lied „Under der Linden“ an. Das schrieb einst der große Minnedichter Walther von der Vogelweide und der wäre heute gewiss mächtig stolz auf die Josefschüler.

Autor:

Melanie Stan aus Essen-Ruhr

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