Ein Riss durch Werden? Heiße Diskussionen um das „Verkehrs-Verlagerungs-Konzept“ für Werden

Die B 224 mit dem Werdener Markt. Spätestens 2017 läuft der Verkehr hier anders. Oder auch nicht...
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Die Sondersitzung der Bezirksvertretung zum Verkehrskonzept war ein Paradebeispiel für das Auseinanderdriften unserer Gesellschaft. Sie bot eine unheilvolle Mischung...

Politiker, die ihren eigenen Partei-„Freunden“ widersprachen, Verwaltungsmenschen, die betont lässig klar machten, wer das Sagen hat. Bürger, die aus ihren eigenen Interessen flott den Anspruch der Deutungshoheit für die Allgemeinheit postulieren.
Aus Information wurde Diskussion, aus sachlichem Vortrag von Argumenten irgendwann eine hoch emotionale Auseinandersetzung, die die Grenzen dieser Versammlung sprengte.

Ein Missverständnis?

War alles nur ein Missverständnis? Rainer Wienke vom Amt für Straßen und Verkehr zog jedenfalls die Stirn kraus: „Diese Themen sind vor zwei Jahren besprochen worden. Das Verkehrskonzept wird nicht mehr grundsätzlich diskutiert. Wenn der Rat sagt, er will es umsetzen, dann wird gebaut!“
Auch Bezirksbürgermeister Dr. Michael Bonmann zeigte sich irritiert. Er und seine Kollegen hatten nun schon zum zweiten Mal aus einer BV-Sitzung eine Anhörung der Werdener gemacht, unter der Leitung von Stadtplaner Michael Happe. Deswegen sieht Bonmann den latenten Vorwurf, da wäre keinerlei Bürgerbeteiligung, kritisch: „Wir nehmen sie doch mit ins Boot - was wollen die Bürger?“
Protestieren! Denn sie fühlen sich übergangen, die Bürger, die bisher dachten, sie würden im Werdener Ortskern wohnen. Nun fühlen sie sich ausgeschlossen.
Zukünftig soll zwar die Brückstraße vom Rang einer Bundes- zu einer Gemeindestraße herabgestuft werden und somit in den Bereich der Altstadt integriert werden.
Eine Geschäftsstraße mit lärmoptimiertem Asphalt, Tempo 30, neue Bäume, das ist sicherlich prima, hat aber für ihre Anwohner den Bumerang, dass sie über Kommunalabgaben bis zu 70 Prozent der Kosten für Gehweg und Fahrbahnbelag tragen müssten.
Zeitgleich wird die Abteistraße alleinige Trasse der B 224 und entsprechend umgestaltet, bekommt eineinhalb Spuren dazu, Parkplätze fallen weg, die Anlieferung wird erschwert. Dort werden laut Kommunalabgabengesetz nur geringe Beteiligungen der Anwohner fällig, für den Gehweg etwa. Auch haben sie das Recht auf Lärmschutzmaßnahmen. Doch das ist so manchem nur ein schwacher Trost.
Diese neue „Autobahn Abteistraße“ zerteile Werden wie ein scharfes Schwert. Die Region rund um den Wesselswerth werde abgetrennt vom Rest Werdens. So sehen es die engagierten Bürger, die auch monieren, dass das vorliegende Konzept lediglich anders verteile, und zwar zu Lasten der Nebenstraßen, die teilweise deutlich höheres Aufkommen an Fahrten verzeichnen würden.

Strickfehler

Tenor der Kritiker: „Das Konzept hat so viele Strickfehler, benachteiligt mehr die Menschen, als dass es ihnen Gutes bringt!“
Daniel Schwarze wetterte: „Kein Werdener ist nach seiner Meinung gefragt worden! Machen Sie erst einmal ihre Hausaufgaben!“
Rita Boegershausen sprach für die Interessengemeinschaft B 224: „Auch in der Abteistraße leben Menschen! Kein Brief wird beantwortet. Wenn man für die Stadt nicht existiert, warum soll man noch Steuern zahlen?“
Hanslothar Kranz spürte bei den diesbezüglichen Versammlungen seiner CDU Werden: „Da war keiner dabei, dem es gefallen hat! Es wird eine Deltabildung geben, wie am Nil, das Wasser (der Verkehr) fließt in die Nebenstraßen.“ Kranz und seine Mitstreiter sind sehr skeptisch: „Werden wird geteilt!“

"Charakter ändert sich positiv"

Genau das Gegenteil behaupten diejenigen, denen das Konzept – eventuell mit einigen Korrekturen - zusagt.
Christoph Fleischer von der BI Werden-Heidhausen: „Durch die Bebauung Grüne Harfe kommt sehr viel mehr Verkehr. Ich möchte einen Lanze für das Konzept brechen - der Charakter Werdens ändert sich positiv!“
Ähnlich sah es Udo Steinhauer von den Grünen: „Bei unseren Veranstaltungen waren mehr dafür. Unterm Strich überwiegen die Vorteile.“ Dafür fing sich der gute Mann Buh-Rufe.

Bürgerbegehren?

Selbst das eigentliche Highlight des Konzeptes, der gewonnene Platz am Markt, mit einer optisch durch einheitlich-gelblichen Bodenbelag wahrnehmbaren Einheit, erhöhter Aufenthaltsqualität, zusätzlichen Spielmöglichkeiten für Kinder? In den Augen vieler Werdener rechtfertigt er nicht die Neuverteilung der Verkehrsströme.
Bei den Kritikern schließen sich bereits die Reihen, offen wird über die Möglichkeit eines Bürgerbegehrens diskutiert. Da grätschte Dietmar Rudert vom Bürger- und Heimatverein dazwischen: „Prinzipiell ist dies die letzte Chance für Werden, was zu ändern. Wir haben schon Tunnel und Umgehung kaputt geredet!“ Ulla Lötzer von den Linken stimmte zu: „Es darf nicht nichts passieren!“

Arbeitskreis B 224

Patrick Widmaier, auch CDU, aber offensichtlich ein ganz anderer Parteiflügel als Hanslothar Kranz, verwies auf den 2010 einberufenen Arbeitskreis B 224, der Umgestaltungs- und Entlastungsmöglichkeiten erörtern sollte: „Die Verkehrssituation ist katastrophal - eigentlich müsste man die Brückstraße zumachen. Wir müssen was machen. Wir dürfen die Feinstaubbelastung nicht ignorieren – hier geht es um Menschenleben!“
Dr. Klaus Wetter von der FDP malte ein düsteres Bild: „Jetzt brettern die LKW nachts durch die Brückstraße, zukünftig brettern sie durch die Abteistraße. Was ist da gewonnen?“

"Bitte sachlich bleiben"

Oft musste Moderator Happe bei zu erregten Wortbeiträgen die Wogen glätten: „Mit Schreien erreichen sie hier nichts - versuchen sie, sachlich zu bleiben!“ Letztlich wurde Rita Boegershausen gar des Saals verwiesen.
Ach, die Ziele des Verkehrs-Verlagerungs-Konzeptes? Fast wären sie untergegangen: Vom ursprünglichen Auftrag des Rates, eine Verkehrsreduzierung von 25 Prozent zu erreichen, ist nichts mehr übrig. Stattdessen soll es jetzt Aufwertung des Marktes, Einbindung der Brückstraße in den Ortskern, Verlagerung des Verkehrschwerpunktes vom Markt zur Brücke geben.

Wird alles umgesetzt 2016 bis 2017. Wenn der Rat es so beschließt…

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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