Hahneschlacht vom ältesten Essener Karnevalsverein endet mit Tränen
Dramatik - Tragik

Noch beste Stimmung: Heiße Lust auf die Hahneschläge... | Foto: Schattberg
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  • Noch beste Stimmung: Heiße Lust auf die Hahneschläge...
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Der 24. Februar 2019 geht in die Essener Geschichtsbücher ein. Es passiertes etwas - tja, das an Dramatik nicht übertroffen werden kann. Schauplatz: Innenhof St. Elisabeth, Dollendorfstraße. Menschenpulk oberhalb der Mauern. Klärchen strahlt. Unten marschiert zackig, bejubelt vom Volk - der traditionelle Karnevalsumzug in den Pfarrzentrumhof. Ralf Wierig, Hahnekopp-Präsident, heizt spitzenmäßig das Volk ein.„Nachweislich werden wir heute unsere 157. Hahneschlacht vollziehen. Einmalig in Essen." 
Der junggebliebene Fröhlich-Macher zählt zig Freund-Karnevalsgesellschaften auf. Mächtig Beifall für das noch amtierende Königspaar Angelika II und ihren Mann Thomas I. Ehrensenator Klaus Persch raunt mir was ins Ohr. Was?!..

Abwarten...Los geht’s. Auf der quergelegten Leiter liegen an den Enden Decken, damit die Popos nicht durchflutschen. Drehen beginnt. Die Leiter-Lustigen reißen an kreisende Körbe, aus denen Süßigkeiten-Beutel baumeln. Wer die längsten Finger hat, schleudert die Tüten himmelhoch – oder in Regenrinnen...
Die Leitersprossen werden nicht kalt. Wierig fordert von Karnevalsgesellschaften Mutige auf, Platz zu nehmen. „Heißgeliebte Mettwürste müssen abgeschlagen werden.“ Huch, die landen ab und zu als Deko auf Köpfen.
Ehrensenatorin Jutta Pentoch wird aufgerufen. Ihr wird’s heiß. Der Schal fliegt an Klaus Hals. Die Mettwurst – angestochen von Jutta – dreht sich wie wild.Ralf Wierig schraubt die Stimmung auf. „Wir fahren mit 35 Umdrehungen. Jetzt aber mit Schmackes!“ Rüdiger Feuersänger, 1. Vorsitzender, gibt Schwung. Psst! Er machte den Hahn „schlagfertig“ - mit Befestigung im Kreissaal-Korb. Wierig will’s wissen. „Jetzt bin ich unverschämt. Die Runden gehen jetzt rückwärts.“

„Ohhh“! Aufschrei. Manfred Messing, „Manni“ genannt, drischt auf den Leder-Hahn. „Nur ein Schumacher in Essen kann so einen Hahn basteln“, weiß Klaus Persch. Federn lässt er. Der Vogel. Drei Aspiranten säbeln jetzt wild auf den stimmlosen Hahn. Spannung. Es geht nicht mehr um die Wurst – um die Krönings-Krone. Anwärter sind Manni Messing, Karl-Kurt Wieprecht und Thomas Fernau (noch König).
Wau! Beim Schlag von Manni flutscht ein Wattehaufen aus dem Tierbauch. Federn fliegen. Der Gockel ist zäh. Feuersenger und Wierich begutachten ihn. Der Moderator lästert: „Das wird ‚ne Abendveranstaltung. Aber wir haben ja noch ein Königspaar.“
Der Mast wackelt. Drei Männer halten ihn. Schweiß wird von der Stirn gewischt. Jetzt will es Manni wissen. Die Hahn-Strotte hängt nur noch an zwei Kunststoff-Fäden. Das Duell Thomas I. mit Manfred fällt von Dur in Moll. Manni fiebert, verfehlt den Hahn. Wütend zischt der Säbel von Thomas durch die Luft. Zschuuu! Hahn-Sturzflug. Ungläubigkeit.

Circa 15.40 Uhr. „Der alte König ist wieder der neue König!“, ruft Wierig. Thomas schüttelt immer wieder den Kopf. „Ich wollte das gar nicht. Was sagt jetzt meine Frau. Ich glaub, ich darf nicht mehr nach Hause...“ Manni rinnen Tränen die Backe runter. Michelle, 15 Lenze, Tanzmariechen, tröstet ihren Papi. Tränen auch bei Kathrin, Tochter vom Königspaar. „Wir haben es den anderen so gegönnt. Ich bin im Moment sprachlos. Mein Bruder weiß es noch nicht. Aber fair play!“ Feuchte Augen bei Angelika, Thomas. Wie war das Jahr? „Hammer! Mega geil!“„Pech gehabt“, bedauert Manfred.
Werden Angelika, Thomas den Titel abgeben? Annehmen? Abwarten – bis 20 Uhr...

Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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