Hausrotschwanz
Zwischen Thalys und Schallschutzmauer

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Auf dem schmalen Stück Bahnbrache zwischen den Gleisen, auf denen der Thalys Reisende in gut vier Stunden von Essen nach Paris bringt, und der 5,5 Meter hohen Schallschutzmauer, die ein Neubaugebiet vor den Lärmemissionen der Bahn schützt, kann man von März bis Oktober die Hausrotschwänze beobachten. Diese finden dort einen ähnlichen Lebensraum vor, wie den, den sie als Felsenbrüter noch vor 200 Jahren im Gebirge besiedelten.

Das  vegetationsarme Gelände und der Schotter zwischen den  Gleisen scheint ihnen hinreichend Insekten - und Spinnentiere zu bieten, die sie  auch in den Nischen der  Kunstfelsen finden, die die Bahn ihnen unbeabsichtigt entlang der Mauer errichtet hat, indem sie dort Baumaterialien zwischenlagert. 
Diese Kunstfelsen aus Bahnschwellen, Containern, Holzstapeln und Schotterbergen dienen ihnen auch als Ansitzwarten, von denen sie ihre Jagdzüge starten können. Für den Beobachter der Vögel hat das den Vorteil, dass man die sonst eher kleinen und unscheinbaren  Vögel leicht entdecken kann, obwohl sie sonst eher scheu sind und gleich auf die andere Seite der Schallschutzmauer fliehen, wenn sie sich beobachtet  fühlen. Diese Vorsicht ist  auch angebracht, denn die Brache ist zeitweise auch das Revier des Turmfalken, der  von den Strommasten nach  Nagetieren, Kleinvögeln und jungen Tauben  Ausschau hält.
Obwohl ich die Hausrotschwänze dort schon im vierten Jahr hintereinander beobachte, wird dies nie langweilig und es gibt immer noch neue Seiten  ihrer Lebensweise zu entdecken.
So war in diesem Jahr ein Erdwall,, der eine Verlängerung der Schallschutzmauer bildet, völlig verdorrt (oder verbrannt). Erst nach den Regenfällen der letzten Wochen hat sich das Gras etwas erholt. Prompt haben die Hausrorschwänze ihren Lebensraum erweitert und stellen nun auch am Boden ihrer Insektenbeute nach.
Normalerweise sieht man außerhalb der Brutzeit  nur die graubraunen Weibchen und Jungvögel. In diesem Jahr zeigte sich aber auch  ein Männchen mit seiner grauen Rückenpartie und dem typischen weißen Flügelfeld. Man konnte deutlich    den Kopf des Männchen mit der schwarzen Maske und dem weißen Streifen über den Augen  zu erkennen. Die namengebenden roten Schwanzfedern kann man in beiden Geschlechtern am besten im Flug sehen.
Jetzt im Trühherbst  erweitern die Hausrotschwänze  ihr Nahrungsspektrum und fressen auch die Beeren des Wilden Weins und des Efeus. Gut, dass die Schallschutzwand in den Jahren dicht bewachsen ist und den Vögeln neben Verstecken und Nahrung an beschädigten Stellen auch Nistmöglichkeiten bietet.
Bleibt zu hoffen, dass die Bahnangestellten das Gelände nicht zu sehr aufräumen, so dass dieser spannende Lebensraum aus zweiter und dritter Hand den Hausrotschwänzen auch in den nächsten Jahren noch erhalten bleibt.
Mir sind sie über die Jahre richtig ans Herz gewachsen und ich freue mich jedes Mal, wenn ich sie beobachten und fotografieren kann. Im Posen an exponierten Stellen übertreffen sie sogar noch die Rotkehlchen.

Autor:

Bernd Dröse aus Essen-West

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