SPD: Mindestlöhne und Arbeitsschutz dienen den Beschäftigten – Fakten entsprechen der Koalitionsvereinbarung - Kritik der nicht nachvollziehbar.

SPD MdB Petra Hinz: “Seitens der Arbeitgeberverbände und auch aus der Union gibt es massive Angriffe gegen den gesetzlichen Mindestlohn und gegen die Novellierung der so genannten Arbeitsstättenverordnung. Die Kritik der Arbeitgeberverbände durch nichts belegt, ist irritierend und nicht nachvollziehbar. Denn der gesetzliche Mindestlohn wurde mit großer Mehrheit und mit den Stimmen der Union im Bundestag beschlossen."

"Es geht nicht darum, bürokratische Hindernisse aufzubauen und die Wirtschaft damit unnötig zu belasten.Es geht darum, dass gesetzliche Regeln zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Lohndumping und gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen auch kontrolliert werden müssen. Schließlich käme auch niemand auf die Idee, Verkehrsregeln, die der Vermeidung von Unfällen dienen, als bürokratisches Monster zu bezeichnen.“ so die SPD Bundestagsabgeordnete Petra Hinz
Die SPD hat deshalb11 Fakten zur Kontrolle des Mindestlohns und Arbeitsschutz veröffentlicht, um der Verbändekritik und Verunsicherung entgegenzutreten:
1. Warum sind Kontrollen notwendig?
Es gibt immer wieder Fälle, bei denen Arbeitgeber Min¬destlöhne zahlen, Arbeitnehmer aber viel länger dafür arbeiten müssen. Diese Erfahrungen hat z. B. der Deutsche Gewerkschaftsbund gemacht, der eine Mindestlohnhotline eingerichtet hat. DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell: „Zahlreiche AnruferInnen unserer Mindestlohn-Hotline sind geringfügig beschäftigt und berichten von Umgehungsversuchen ihrer Arbeitgeber, die ihnen neue Verträge mit reduzierter Stundenzahl vorlegen, aber dennoch die Arbeit im alten Umfang erwarten.“
2. Warum muss die Arbeitszeit dokumentiert werden?
Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro bezieht sich auf die Bezahlung pro Stunde. Daher ist nicht nur die absolute Lohnhöhe entscheidend, sondern auch der Umfang der Arbeitszeit. Deshalb muss für eine effektive Kontrolle der Einhaltung des Mindestlohnes auch die Länge der Arbeitszeit erfasst werden. Übrigens: Bisher mussten auch alle Arbeitszeiten Erfasst werden, um Lohn- und Gehaltsabrechnungen zu erstellen oder haben Unternehmen Arbeitszeiten geschätzt?
3. Welche Dokumentationspflichten gibt es bei Mindestlöhnen?
Arbeitgeber müssen für Beschäftigte, die weniger als 2.985 Euro verdienen, Beginn, Dauer und Ende der Arbeitszeit erfassen. Dies betrifft alle Branchen, die im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz aufgeführt sind: zum Beispiel das Bau- und Gebäudereinigungsgewerbe, das Gaststättengewerbe, Speditionen und Logistik und die Fleischwirtschaft. Eine Herabsenkung der Verdienstgrenze auf 1.900 Euro erhöht die Gefahr des Missbrauchs.
4. Wie kommt die Lohngrenze von 2.985 Euro zustande?
Die Verordnung über die Dokumentation der Arbeitszeit vermeidet unnötige Bürokratie. Deshalb wurde eine einfa¬che Lohngrenze gewählt, oberhalb derer für Arbeitnehmer keine Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeit besteht. Der Bruttostundenlohn von 8,50 Euro multipliziert mit der maximal möglichen Höchstarbeitszeit mit allen Ausnah¬megenehmigungen nach Arbeitszeitgesetz, ergibt diesen Schwellenwert. Oberhalb dieses Schwellenwertes kann ein Verstoß gegen das Mindestlohngesetz ausgeschlossen werden, da dieser Höchstarbeitszeitrahmen nicht regelmäßig voll ausgeschöpft werden kann. Eine Herabsenkung der Verdienstgrenze auf 1.900 Euro erhöht die Gefahr des Missbrauchs.
5. Gelten die Kontrollen auch für Minijobs?
Auch für Minijobs gilt der Mindestlohn von 8,50 Euro. Da Minijobs auf einen Verdienst bis zu 450 Euro monatlich be¬grenzt sind, muss auch hier die Stundenzahl (maximal 52) eingehalten und dokumentiert werden. Gerade Minijobber sind besonders häufig von Missbrauch betroffen. Für Minijobber in Privathaushalten gilt die Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeit nicht.
6. Gilt der Mindestlohn für Ehrenamtliche in Sportvereinen?
Der Mindestlohn gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmerin¬nen und Arbeitnehmer. Ehrenamtliche Tätigkeiten, die nicht der Sicherung oder Besserung der wirtschaftlichen Existenz dienen, fallen nicht unter den Mindestlohn. Werden Tätigkeiten im Sportverein im Rahmen eines Minijobs erledigt, ist anzunehmen, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis han¬delt und der Mindestlohn für diese Tätigkeit im Rahmen des Minijobs gilt. Ein Minijob schließt darüber hinausgehendes ehrenamtliches Engagement aber nicht aus, so dass eine Kombination von Minijob mit einer Ehrenamts- oder Übungsleiterpauschale möglich bleibt.
7. Entstehen durch die novellierte Arbeitsstättenverordnung neue Bürokratiehürden?
Nein. Im Gegenteil. Die bisherige Bildschirmarbeitsplatz¬verordnung wird abgeschafft und geht in die Arbeitsstättenverordnung ein. Die Regelungen für Telearbeit werden dadurch nicht ausgeweitet. Viele weitere Regelungen werden konkreter gefasst und vereinfacht.
8. Überzieht die neue Verordnung bei den Aufklärungspflichten der Arbeitgeber?
Nein. Bereits heute müssen Beschäftigte umfassend über die Arbeitsschutzbestimmungen aufgeklärt werden. In der alten Arbeitsstättenverordnung fehlte bisher die Definition, über welche Gefährdungen die Beschäftigten unterwiesen werden müssen (z.B. Brandschutzmaßnahmen, Fluchtwege und Notausgänge etc.). Die Konkretisierung der neuen Verordnung ist praxisgerecht und hilft den Arbeitgebern dabei, ihren jetzt schon bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen besser achzukommen.
9. Müssen künftig auch Pausenräume ein Fenster nach außen haben?
Ja. In die novellierte Arbeitsstättenverordnung wurde die alte Regelung zur „Sichtverbindung nach außen“, die von 1975 bis 2004 galt, wieder aufgenommen. Das Arbeitsministerium hat auf Wunsch der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeit¬geberverbände Einkaufszentren aus der Regelung ausgenommen.
10. Muss es künftig für alle Beschäftigten abschließbare Schränke geben?
Ja. Aber diese Regelung stand nicht im Entwurf des Arbeits¬ministeriums. Sie wurde vielmehr vom sächsischen CDU-Ministerpräsidenten und stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden Stanislaw Tillich in den Bundesrat eingebracht und dort verabschiedet. Umso absurder ist es, wenn jetzt gerade die Union diesen Punkt kritisiert, der erst über ein CDU-regiertes Land überhaupt Eingang in die Verordnung gefunden hat.
11. Hatten die Arbeitgeberverbände Einflussmöglichkeiten auf die Verordnung?
Der Entwurf wurde mit Verbänden und weiteren Akteuren seit 2012 – also noch unter der damaligen CDU-Arbeitsmi¬nisterin Ursula von der Leyen – beraten. Auch die Bundes¬vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) war daran umfangreich beteiligt, hat aber die nun geäußerte konkrete Kritik so nicht geäußert. Im Oktober 2014 erfolgte die Kabinettsbefassung und danach die Beratung des Bundesrates in seinen Ausschüssen und im Plenum.

Autor:

Otto Reschke aus Essen-West

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