Helicobacter pylori: ein Multitalent als Allergieschützer?

Helicobacter pylori ist seit einiger Zeit als Magenteufel, Ulcusekel, Gastritis- und Krebsverursacher in Verruf geraten. Dabei ist er seit Menschengedenken in aller Munde- besser in aller Mägen, weil er da genau das findet, was er zum Leben braucht –Säure!. Wo andere Keime einfach verdampfen, fühlt sich H.p erst so richtig wohl, ein echter Überlebenschemiker, der mit Harnstoff aus der Magensäure eine nette Base macht!

„No acid- no ulcer!“
Doch das dabei entstehende Ammoniak mag der Magen auch nicht und reagiert mit Entzündungen, die zu Geschwüren und letztendlich zu Krebs führen. Bewiesen wurde dieser Zusammenhang durch zwei australische Ärzte. Einer schluckte heldenmütig eine ekelerregende Bouillon mit Helicobacterbakterien und bekam sofort eine schwere bakterielle Magenschleimhautentzündung. Damit war klar, die Mutter aller Entzündungen und Geschwüre im Magen und Zwölffingerdarm ist nicht, wie bisher geglaubt, die Säure, sondern ein Bakterium. Das Dogma: „No Acid- no ulcer!“ (Ohne Säure –kein Geschwür!) vom Thron gestoßen!

Billroth adé!
Das bedeutete eine therapeutische Revolution: das Ende von Rollkuren und vor allem von verstümmelnden Magenoperationen nach Billroth- erinnern Sie sich noch? Einfach 14 Tage lang eine Antibioticakur schlucken und schon war der Magenteufel endgültig aus dem Magen ausgetrieben. Die Menschheit schien von der Geißel des Geschwürsleiden und letztendlich auch vom Magenkrebs befreit!

Statt Händewaschen Magensäure
Die Magensäure braucht man heute sowieso nicht mehr außer zur Arbeitsbeschaffung für Ärzte und Apotheker! Jedenfalls nicht für die Verdauung, das beweist jeder Magenoperierte. Zugegebenermaßen in grauer unhygienischer Vorzeit war sie das einzige wirksame Desinfektionsmittel gegen Magen-Darminfektionen.

Teufel mit Belzebub
Doch wie so oft im Leben, man hatte den Teufel mit Belzebub ausgetrieben. Je mehr man nämlich Helicobacter ausrottete, desto seltener wurden zwar die Geschwüre und der Magenkrebs, doch dafür nahm unerwarteter Weise der Speiseröhrenkrebs zu! Wie denn das? Der unbehandelte Helicobacter hätte nämlich auf die Dauer über eine chronische Gastritis die säurebildenden Zellen im Magen zerstört und damit die Säure lahm gelegt und damit die Speiseröhre vor der schlimmsten Säurekomplikation, dem Speiseröhrenkrebs, bewahrt. Doch nun kann die Säure ungehindert weiter ihr teuflisches Spiel treiben, noch dazu, wo sie einen wirksamen Wegbereiter gefunden hat- den zunehmend dicken Bauch. Was ist er nun wirklich, der Helicobacter, ein Magenteufel oder ein Speiseröhrenengel?

Was für die kleinen Saubermänner
Und jetzt hat man noch was Neues an ihm entdeckt. Bakterien vom Bauernhof schützen vor Allergien, die berühmte Geschichte mit den Schmuddelkindern stimmt!, Helicobacter -wer hätte es gedacht- ist gleichzeitig auch ein netter Kinderonkel. Er kann nämlich vor allergischem Asthma schützen. So soll er bald als Impfstoff gegen Allergien für Babys eingesetzt werden. Ein echtes Multitalent, man muß ihm nur Gelegenheit geben, sich von seiner besten Seite zu zeigen.

Autor:

Dr. Helmut Förster aus Essen-West

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