Zeitgemäße Passion 2020 feierte Premiere in der evangelischen Kirche in Rotthausen
Die Passion 2020: Aktuell wie die Ewigkeit

Der Hohe Rat (Wolf-Rainer Borkowski, Christian Becker, Klaus Köster, Hermann Reck, Klaus Lücke und Klaus Peltzer) duldet keinen einflussreichen Mann neben sich.  | Foto: Gerd Kaemper
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  • Der Hohe Rat (Wolf-Rainer Borkowski, Christian Becker, Klaus Köster, Hermann Reck, Klaus Lücke und Klaus Peltzer) duldet keinen einflussreichen Mann neben sich.
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Die Geschichte vom Leben und Leiden von Jesus Christus ist beinahe so alt wie die Menschheit. Die Passion 2020 zeigt aber, dass sie nach wie vor aktuell ist, denn Jesus hatte mit Problemen zu kämpfen, die uns auch heute noch beschäftigen.

In ihrer Begrüßung wünschte Pfarrerin Kirsten Sowa den Besuchern einen anregenden und aufregenden Abend mit einer gesegneten Veranstaltung und ihr Wunsch ging in Erfüllung. Denn Regisseur Ulrich Penquitt und der Schreiber des Scripts Wolf-Rainer Borkowski legten im wahrsten Sinne den Finger in die Wunde und zeigten Parallelen zwischen der Zeit des Nazareners und der heutigen auf.
Der Jesus der Passion 2020 gibt sich nachdenklich und erkennt früh, dass Gewalt nicht die Lösung ist. Damit stellt er sich auch gegen seine Gefolgsleute, wie die kämpferische Hannah. Maria aus Magdala erscheint in dieser Passion als Erzählerin, Christina Borkowski, erinnert daran, dass Jesus ein Flüchtling war.
Als „Mensch der Liebe“ bietet Jesus, Julian Wangemann, einen deutlichen Kontrast zu Johannes dem Täufer, Martin Exner, der wie die sprichwörtliche Axt im Walde auftritt und sich kämpferisch gibt.
Verführerisch geben sich Natalie Havel und Jesse Krauß als Teufel, die Jesus vom rechten Weg abbringen wollen, was ihnen aber bekanntlich nicht gelingt. Denn Jesus entscheidet sich für ein Leben wider das Böse und möchte den Menschen Mut zur Wahrheit schenken.
Während die Kanaanäer Christus preisen, weil er sie, die „unerwünschten Ausländer“, unterstützt, verwendet der Hohe Rat dieses Tun gegen Jesus und bezichtigt ihn: „Er gibt sich mit Ausländern ab, mit grellbunten Röcken und glänzendem Firlefanz behängt.“ Wer damit in der heutigen Zeit gemeint ist, dürfte wohl bekannt sein.
Pilatus, Alexander Welp, erscheint in dieser Passion als von den Juden genervter und mit seinem Schicksal hadernder Statthalter. Er hält die Juden für undankbar und fände es besser, wenn sie die römischen Götter anbeten würden, denn „die sieht man wenigstens“. Der dem Luxus verfallene Präfekt klagt über Juden wie auch andere Fremde in seinem Wirkungsbereich.
Als der Hohe Rat von ihm fordert, Jesus zu verhaften und verurteilen, ist er ratlos, weil er keine Gefahr sieht in dem Mann, der sich selbst als „der Weg, die Wahrheit und das Leben“ bezeichnet. Letztendlich urteilt er, anders als in den vorherigen Passionen, allein über die Kreuzigung des Messias.
Während Jesus an das erste Gebot und die Liebe zu Gott erinnert und die Menschen anhält, ihre Kinder nicht aufzuhetzen gegen Andersartigkeit, sondern sie zu erziehen zur Nächstenliebe, beklagt der Hohe Rat seinen Anspruch, der Messias zu sein, weil er um seine Macht bangt.
Da hilft es Jesus auch nicht, dass Nikodemus, Christian Becker, und Joseph von Arimathäa, Wolf-Rainer Borkowski, auf seiner Seite stehen. Am Ende überstimmen Gamaliel (Klaus Lücke), Nathanael (Klaus Peltzer), Annas (Hermann Reck) und Kaiphas (Klaus Köster) die Fürsprecher Jesu.
Judas, Andreas Scheuplein, wird von Jesus regelrecht in die Arme des Hohen Rates getrieben, um ihn zu verraten. Da helfen ihm auch die 30 Silberlinge nicht, die er lieber den Armen spendet. Vielmehr glaubt Judas an den Messias und versteht nicht, warum dieser sich nicht gegen das Unrecht wehrt.
Die Passion 2020 endet mit der Kreuzigung und der Trauerklage der Mutter Maria. Maria aus Magdala erinnert an die Auferstehung, das Erbe Jesu: Die Verbreitung der Liebe unter den Menschen in der Welt.
Es bleibt festzuhalten: Bisher war jede Passion anders als die vorherige. In dieser brilliert jeder der 30 Schauspieler und die Hauptdarsteller verleihen ihren Rollen einen eigenen und starken Charakter.
Die Aktualität der historischen Geschichte wirkt bedrückend und stimmt nachdenklich, denn Flüchtlinge gab und gibt es zu allen Zeiten. Ebenso wie Vorurteile gegen die, die anders sind als die Mehrheit. Vielleicht sollte die Geschichte vom Leben und Leiden Jesu Christi wieder häufiger in den Köpfen der Menschen Gestalt annehmen, um sie daran zu erinnern: Wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein!

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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