Zuhause bei Fremden - Lina van de Loo aus Uedem ist im Rahmen eines Schüleraustausches für ein Jahr in Australien

Surfen und mit Delfinen schwimmen, das gehört zum Leben von Lina van de Loo derzeit dazu.
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Lina van de Loo aus Uedem ist am anderen der Welt in Australien, wo sie an einem Schüleraustauschprogramm teilnimmt. Was bewegt eine junge Frau dazu, das vertraute Umfeld für ein Jahr hinter sich zu lassen und eine ganz andere Kultur zu leben? Die Uedemerin erzählt es unseren Lokalkompass-Lesern selbst.

VON LINA VAN DE LOO

Uedem/Australien. "Einen Schüleraustausch zu machen, das heißt Freunde und Familie für ein ganzes Jahr hinter sich zu lassen. Zuhause hinter sich zu lassen. Zuhause ist ein Begriff, den wir oft benutzen, ohne darüber nachzudenken, was er wirklich bedeutet. Also, was bedeutet er? Eine spezifische Antwort darauf kann ich nicht geben, die muss jeder für sich selbst haben. Aber allgemein würde ich sagen, dass Zuhause dort ist, wo man sich wohlfühlt.
Warum also sollte man Zuhause hinter sich lassen, für ein ganzes Jahr, um dafür mit fremden Menschen an einem fremden Ort zu leben, ohne jeglichen Komfort von Zuhause? Denn das ist genau das, was man macht, wenn man einen Schüleraustausch macht.
(...) Walcha ist nicht unbedingt der Ort, den man sich vorstellt, wenn man an Australien denkt. Es liegt etwa 200 km von der Küste entfernt, in einer Höhe von etwas über 1000 m. Im Ort selber wohnen 1500 Menschen, weitere 1500 wohnen, hauptsächlich als Landwirte, außerhalb der Ortschaft. Der nächstgrößere Ort ist 65 km entfernt, bis dahin findet man in der umgebenden Hügellandschaft nichts anderes als riesige Wiesen mit trockenem Gras und Eukalyptusbäumen, die das Zuhause von über einer Millionen Schafen und Rindern bilden.

Eine unglaublich gute Gemeinschaft

Tatsächlich wäre es als Austauschschüler einfacher, in einer größeren Stadt mit anderen Austauschschülern, guter Infrastruktur und vielen Freizeitaktivitäten zu leben. Davon hat Walcha allerdings nichts zu bieten.
(...) Walcha hat eine unglaublich gute Gemeinschaft, von der ich nun ein Teil bin. Es war schon etwas Eigeninitiative notwendig, um dorthin zu kommen, aber das war es definitiv wert.
Ich bin hier durch das Austauschprogramm von Rotary, und ich gehe zu den wöchentlichen Treffen meines Rotary Clubs in Walcha, sowie zu sämtlichen anderen Aktionen meines Rotary Clubs, um dort zu helfen. Das klingt nicht sonderlich spaßig, und das ist es auch nicht, vor allem wenn man bedenkt, dass das Durchschnittsalter meines Rotary Clubs um die 65 liegt. Aber mit der richtigen Einstellung ist es gar nicht so schlimm, es kann sogar ziemlich interessant sein. (...)
Von großer Wichtigkeit ist es natürlich auch, im Austauschland Freunde zu finden. Obwohl ich mich selber als recht schüchtern beschreiben würde, habe ich von meinem ersten Schultag an eine Gruppe von Freunden gefunden, die mich sofort herzlich aufgenommen hat, und zu der ich bis heute dazu gehöre. Und das ist eine der vielen Sachen, die begründen weshalb ich dieses kleine Dorf Walcha so sehr liebe. Ich bezweifle nämlich, dass das in einer großen Stadt auf einer großen Schule so einfach gewesen wäre.

Ohne einer Menschenseele zu begegnen

Es ist aber auch nicht so, als würde ich die ganze Zeit nur in Walcha „festsitzen“, ganz im Gegenteil. Ich war hier schon in vielen verschiedenen, vermutlich eher unbekannten Orten, sowie auch in Sydney und Australiens Hauptstadt Canberra. Ich war sowohl weiter westlich in Australien, wo die Straßen sich für hunderte Kilometer strecken, ohne dass man auch nur einer Menschenseele begegnet, als auch an verschiedenen Orten entlang der Ostküste, wo man mit freien Delfinen im kristallklaren Meer schwimmen kann.
Die meiste Zeit bin ich dann aber doch in Walcha. Was also mache ich hier die ganze Zeit? Wenn nicht gerade Ferien sind, gehe ich natürlich zur Schule. Zu meiner Schule gehen 270 Schüler, angefangen mit Kindergarten bis hin zu Jahr 12. In meinem Jahrgang sind 18 Schüler, und in einem meiner drei Kurse sind wir nur vier Schüler. Dass die Schule so klein ist, ist aber nicht der einzige Unterschied zu meiner Schule in Deutschland. Das Tragen von Schuluniformen zum Beispiel, war zu Beginn auch sehr ungewohnt für mich.

Schule mit eigener Farm und Tieren

Und, obwohl meine Schule ‚nur‘ eine kleine öffentliche Schule ist, ist sie sehr gut und modern ausgestattet. So verfügt sie unter Anderem über zahlreiche moderne Tablets und Laptops, Drohnen und einen 3D Drucker. Auch das Schulgelände ist sehr groß und hat zahlreiche Sportplätze sowie eine eigene Farm mit Rindern, Schafen, Schweinen und Hühnern.
Die Schule endet jeden Tag um 15.10 Uhr. Danach geht es oft mit Freunden zum Pool in Walcha. Jeden Donnerstag ist außerdem touch football, ein Event zu dem absolut jeder in Walcha geht, ganz egal ob man spielt oder nicht, man geht einfach hin.
Da es in Walcha nicht sonderlich viele Shops gibt, fahren wir, entweder nach der Schule oder an Wochenenden, regelmäßig zu einer der nächstgrößeren Städte.
An Wochenenden unternehme ich außerdem oft Dinge mit meiner Gastfamilie, und auch in den Ferien bin ich mit meiner Gastfamilie in den Urlaub gefahren.
Über das Jahr verteilt haben wir drei Treffen zusammen mit anderen Rotary Austauschschülern. Das erste Treffen war ein Orientierungs-Wochenende, während wir beim zweiten Treffen eine Woche zusammen am Meer verbracht haben und schnorcheln gegangen sind.

Kängurus sind überall

Das dritte Treffen, das jetzt bald kommt, ist eine Safari-Tour durch Australien. Dabei legen wir in drei Wochen mehr als 10 000 km mit dem Bus zurück, sehen den Uluru, reiten auf Kamelen und schwimmen im Great Barrier Reef.
Ich könnte eine unendlich lange Liste mit weiteren Dingen schreiben, weshalb ich Australien so sehr liebe. Selbst Dinge wie Pommes mit Bratensoße hätten einen Platz darauf. Aber an erster Stelle würde vermutlich stehen, dass es hier in Walcha unmöglich ist das Haus zu verlassen, ohne dabei einem Känguru über den Weg zu laufen.
Jetzt aber zurück zu der Frage am Anfang, warum man Zuhause für ein Jahr hinter sich lassen sollte. Meine Antwort darauf ist, dass ich jetzt ein zweites Zuhause am anderen Ende der Welt habe."

Surfen und mit Delfinen schwimmen, das gehört zum Leben von Lina van de Loo derzeit dazu.
Am anderen Ende der Welt liegt für ein Jahr das Zuhause von Lina van de Loo.
Autor:

Franz Geib aus Goch

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