Ein Projekt von Martha Seuken bringt junge Menschen und Instrumente zusammen
Die Musik kommt Kindern ganz nah

Annette Verhoeven-Vüllings (links), Schulleiterin der Niers-Kendel-Schule, Stefan Rouenhoff und Martha Seuken
  • Annette Verhoeven-Vüllings (links), Schulleiterin der Niers-Kendel-Schule, Stefan Rouenhoff und Martha Seuken
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Um es salopp zu formulieren: Martha Seuken hat Musik im Blut, denkt in Dur und Moll und engagiert sich leidenschaftlich dafür, dass schon Kinder mit Musik in Berührung kommen. Gerade im ländlichen Raum ist dies wegen der Distanzen nicht leicht. Martha Seuken macht es umgekehrt: Der Unterricht kommt ins Haus. Wie das möglich ist, das erfahren Eltern und Kinder/Jugendliche morgen im Gocher Gymnasium.

VON FRANZ GEIB

Goch. 37 von 800 und Goch ist dabei! Da musste Martha Seuken erst einmal tief Luft holen: "Sie können sich vorstellen, wie es mir in dem Moment ergangen ist!" Gemeint war der Moment, als die Musiklehrerin erfuhr, dass ihr Musikprojekt "Niers-Kendel macht Musik mobil - Musik kommt dir entgegen" im Februar dieses Jahres die Zusage des Bundesmusikverbandes Chor & Orchester e. V. erreichte. Ihr Antrag auf Unterstützung musikalischer Ausbildung in ortsnaher Umgebung hatte den Zuschlag bekommen, als einer von 37 in ganz Deutschland und einer von zweien in ganz NRW. "Da stockt einem der Atem!", so die erste Reaktion der Gocherin, die bis zu ihrer Pensionierung am Konrad-Adenauer-Gymnasium in Kleve unterrichtet hat und noch heute stundenweise in der Grundschule in Asperden und Kessel Musikunterricht gibt.

Vielfältige Chancen

Ihre Idee, Kindern aus der Umgebung vielfältige Chancen einer qualifizierten musikalischen Ausbildung anzubieten, hat offenbar überzeugt. Hierbei geht es darum, Familien, die keinen leichten Zugang zur Musik finden, finanziell und logistisch unter die Arme zu greifen. Gerade im ländlichen Raum sei es häufig nicht einfach, Kindern außerschulische Aktivitäten zu ermöglichen. Wenn beispielsweise die nächstgelegene Musikschule viele Kilometer entfernt ist, habe dies häufig zur Folge, dass vielen Kindern das Erlernen eines Instruments nicht möglich ist. "Es ist traurig, dass deshalb so viele Talente unentdeckt bleiben. Hier soll das Projekt ansetzen“, erläutert Martha Seuken. Wenn schon die Kinder und Jugendlichen nicht zur Musik kommen, dann sollen, so die Pädagogin, die Instrumentallehrer den Musikinteressierten ganz nah kommen.
Das Ziel des Projekts ist es, fachkundigen Instrumentalunterricht vor die Haustür der Kinder zu bringen, konkret an den Ort, an dem Kinder sich ohnehin aufhalten: In die Grundschule oder die unmittelbare Umgebung.

Preisgünstig, ortsnah

Jungen Musikinteressenten soll so die Chance gegeben werden, Instrumentalunterricht preisgünstig und ortsnah mit der Aussicht auf ein Engagement in Musikensembles, spricht Bands, zu bekommen.
So wird beispielsweise den Schülerinnen und Schülern der dritten und vierten Klassen der Niers-Kendel-Grundschule die Möglichkeit gegeben, nach dem Unterricht in den Räumlichkeiten der Grundschule ein Instrument zu lernen. Für die Eltern entfällt damit der Aufwand, die Fahrt zur Musikschule organisieren zu müssen; zudem soll der Instrumentalunterricht im Projektzeitraum zunächst weitgehend kostenlos sein. Aber Martha Seuken betont, dass die Gruppen offen sind und es bleiben sollen: "Es handelt sich nicht um schulische Veranstaltungen, sondern jeder kann mitmachen." Für das Projekt hat Martha Seuken bereits viele qualifizierte Instrumentallehrerinnen und -lehrer gefunden. Zudem werden Leihinstrumente zu sehr günstigen Preisen zur Verfügung gestellt. Mittelfristig hat sie es sich zum Ziel gemacht, ein Ensemble aufzubauen, das auch an Musikevents teilnehmen könnte. "Jeder kann alles erlernen, was zu einer echten Bigband gehört", so die Initiatorin. Es würde jedem eine Chance gegeben, um später gemeinsam mit anderen zu musizieren. Dabei spiele ein gewisses Level keine Rolle, es gehe in erster Linie darum, ein Instrument zu erlernen. Würden die Jugendlichen auf diesem Weg an das Instrument herangeführt, könnten sie nach Beendigung des Projekts zur weiteren Ausbildung an die Vereine und Musikschulen herangeführt werden, wehrt sich Martha Seuken gegen Kritik, sie könne in Konkurrenz zur Arbeit der Musikvereine agieren. Es gehe lediglich darum, unentdeckte Talente zu fördern.

Corona verzögerte den Start

Eigentlich sollte das Musikprojekt bereits im März dieses Jahres starten, doch Corona hat den Start hinausgezögert. Für die Musiklehrerin aber kein Grund für Pessimismus: Sie habe dadurch Zeit gewonnen, viele Instrumentallehrer für die gute Sache zu gewinnen.
Die Politik ist auf das Projekt aufmerksam geworden. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Rouenhoff verriet im Wochenblatt-Gespräch, dass er als Jugendlicher ein solches Projekt begrüßt hätte: "Ein tolles Angebot. Ich hatte auch immer den Traum, Gitarre zu erlernen."
Am morgigen Donnerstag, 3. September, 18 Uhr, besteht nun für Eltern und Jugendliche die Möglichkeit, das Projekt in einer Schnupperstunde kennenzulernen. In den Räumen des Gocher Gymnasiums treffen sie auf die Instrumentallehrer und dürfen auch Instrumente ausprobieren. Die Veranstaltung wird unter Beachtung der geltenden Corona-Hygieneregeln durchgeführt. Eine Maske ist also mitzubringen.
Weitere Informationen zum Projekt hat Martha Seuken, Hassumer Straße 280 in Goch unter Telefonnummer 02827/920412 oder der Mobilnummer 0178/1699111, oder auch per Mail unter martha@seuken.de

22.500 Euro für die Förderung

MusikVorOrt ist der Name des Förderprogramms, das gemeinsames Musizieren im ländlichen Raum fördern soll. Es wird durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien finanziert, die dafür rund zwei Millionen Euro bereitgestellt hat. Verwaltet wird das Programm durch den Bundesmusikverband Chor & Orchester e.V. (BMCO), dem Dachverband der Amateurmusik in Deutschland. Pro einzelnem Projekt beträgt die Förderhöhe bis zu 25.000 Euro, für das von Martha Seuken initiierte Musikprojekt wurden 22.500 Euro bewilligt. Die Projektdauer ist auf den 31. März 2021 begrenzt, wird aber wohl, so sagt Stefan Rouenhoff, aufgrund der Corona-Verschiebungen bis zum Juli kommenden Jahres ausgedehnt.

Autor:

Franz Geib aus Goch

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