Welch ein Leben: Walter Kaufmann
Immer auf der Seite der Opfer

Der Schriftsteller Walter Kaufmann wurde 97 Jahre alt. Foto: Archiv
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Eine Geschichte, die in die Zeit passt: Die Kino-Dokumentation über den deutsch-jüdischen Schriftsteller Walter Kaufmann, der nie aufgehört hat, das Leben zu lieben, obwohl seine Familie und viele Freunde dem Holocaust zum Opfer gefallen sind. Im Jahre 2021 ist er im Alter von 97 Jahren gestorben.

Die Filmemacher Karin Kaper und Dirk Szuszies freuen sich auf den Besuch in Hagen. Foto: privat
  • Die Filmemacher Karin Kaper und Dirk Szuszies freuen sich auf den Besuch in Hagen. Foto: privat
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Karin Kaper und Dirk Szuszies, zwei historisch interessierte Regisseure, haben dem Autor mit der Dokumentation „Welch ein Leben“ nun ein Denkmal gesetzt: Am 12. September, 19 Uhr, wird dieser Film im Kino Babylon in Hagen präsentiert.
„Walter Kaufmann blieb bis zu seinem Tod unermüdlich kämpferisch. Er setzt mit seinem Leben ein nachwirkendes Zeichen gegen jede Form von Rechtsruck, Rassismus und Antisemitismus, die wieder bedrohliche Ausmaße in unserem Land angenommen haben“, meinen die Filmemacher Karin Kaper und Dirk Szuszies.
Der Film sei ein Appell an die heutige Generation, elementare Menschenrechte und demokratische Errungenschaften entschlossen zu verteidigen.

Zum Inhalt

Walter Kaufmann erlebte als Jude die katastrophalen Folgen des Nationalsozialismus. Als Schriftsteller und Korrespondent nahm er zudem regen Anteil an der Bürgerrechtsbewegung in den USA, am Prozeß gegen Angela Davis, an der Revolution in Kuba, den Auswirkungen der Atombombenabwürfe in Japan, der unendlichen Geschichte des israelisch-palästinensischen Konfliktes, zuletzt an der Entwicklung und dem Zusammenbruch der DDR.

Walter Kaufmann als junger Mann in New York. Foto: Archiv
  • Walter Kaufmann als junger Mann in New York. Foto: Archiv
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Der Film biete jüngeren und älteren Zuschauern eine Gelegenheit, die Welt aus der Perspektive dieses Zeitzeugen zu betrachten, so die Ansicht der Filmemacher.
Aus diesem Grund sollen außerdem Schulvorführungen am 13. September im oben erwähnten Hagener Kino mit Regisseur Dirk Szuszies folgen, der gerne in den Dialog mit den Kindern tritt.

Das Plakat. Foto: privat

Aus der Drehbuch-Recherche der Regisseure:
„Im Leben des am 15.4.2021 im Alter von 97 Jahren in Berlin gestorbenen Walter Kaufmanns spiegeln sich auf außergewöhnlichste Weise weltweit bedeutende Ereignisse, Katastrophen, Erschütterungen des letzten Jahrhunderts, die bis in unsere Gegenwart wirken.“
 

Welch ein Leben: Walter Kaufmann. Foto: Archiv.
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Walter Kaufmann

Er wird unter dem Rufnamen „Jizcha“ als unehelicher Sohn der polnischen Jüdin Rachela Schmeidler in Berlin geboren. Seine Mutter gibt ihn im Alter von drei Jahren zur Adoption an das wohlhabende Duisburger Ehepaar, Johanna und Sally Kaufmann, frei. 
Der Adoptivvater ist promovierter Jurist, angesehener Rechtsanwalt in Duisburg, alteingesessen und prominent. Ein liberaler Jude, dem es zufällt, die jüdische Gemeinde in den Jahren der Verfolgung zu führen.
Duisburg ist also Mittelpunkt des jungen Walter Kaufmanns. Die Stadt ist ihm zeitlebens wichtig geblieben und zwar als Ausgangspunkt des Aufbruchs in die weite Welt, wenn dieser auch unfreiwillig begann.

Die Adoptiveltern wurden nach Theresienstadt deportiert und später in Auschwitz ermordet. Im Gegensatz zu ihnen konnte Walter Kaufmann der Vernichtung durch die Nazis entkommen, rettete sich als Jugendlicher mit einem Kindertransport nach England. Wurde dort interniert und nach Australien verfrachtet, wo er noch fast zwei Jahre in einem Internierungslager verbringen mußte.
 
Er wurde australischer Soldat, Hochzeitsfotograf, Seemann und später preisgekrönter Schriftsteller. Bewusst entschied er sich Mitte der fünfziger Jahre für ein Leben in der DDR.
Er behielt seinen australischen Paß, durfte als Journalist und Schriftsteller ausreisen und verarbeitete diese Erfahrungen in zahlreichen Reportagen und Büchern, die in der DDR in hohen Auflagen erschienen.
Von 1985 bis 1993 stand er als Generalsekretär dem PEN-Zentrum vor. Hochrangige Auszeichnungen wie der Fontane-Preis, der Heinrich-Mann-Preis sowie der Literaturpreis Ruhr wurden ihm zugesprochen.
 
Der Film wandelt auf den Spuren seiner Lebenswege an internationalen Schauplätzen: USA, Kuba, Australien, Japan und Israel. In Deutschland sind die Filmstationen Berlin, wo er seit 1956 lebt, Duisburg, wo er seine Jugend erlebte und Born am Darß, wo er die Sommermonate verbringt.

Hintergrund

Karin Kaper und Dirk Szuszies. Foto: privat
  • Karin Kaper und Dirk Szuszies. Foto: privat
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Für die beiden Filmemacher, Karin Kaper und Dirk Szuszies, sind die wesentlichen Inhalte des Lebens von Walter Kaufmann: die katastrophalen Folgen des Nationalsozialismus, die Bürgerrechtsbewegung in den USA, der legendäre Prozeß gegen Angela Davis, die Erlebnisse in Kuba, die Auswirkungen des Atombombenabwurfs in Japan, die unendliche Geschichte der israelisch-palästinensischen Auseinandersetzung, der Zusammenbruch der DDR, die Wiederkehr nationalistischer, antisemitischer Strömungen in Deutschland.
Ein wichtiges im Film wiederkehrendes dramaturgisches Element ist die Umsetzung des Briefwechsels von Sally und Johanna Kaufmann mit ihrem Adoptivsohn Walter. Dieser erhaltene bewegende Austausch beginnt mit dem Kindertransport von Walter Kaufmann nach England und endet an dem Tag der Deportation der Eltern nach Theresienstadt.
Seit seiner Jugend schlägt sich Walter Kaufmann auf die Seite der Verfolgten und Entrechteten dieser Erde. Seine Abenteuerlust ist Ausdruck eines wachen Geistes, der die Welt mit eigenen Augen erfassen will. Es ist eine seltene letzte Gelegenheit für junge und ältere Zuschauer, die Welt aus der Perspektive dieses Zeitzeugen vermittelt zu bekommen.

Autor:

Anja Jungvogel aus Unna

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