Vorstand gibt den Staffelstab weiter
AIDS-Hilfe bleibt in guten Händen

von links nach rechts oben: 
Corinna Kämmerer, Dr. Gerd Deutschinoff, Denis Potschien, Antonio Di Maggio und Silke Strohschein (Vorstand) 
untere Reihe: Andreas Rau (Versammlungsleitung und Geschäftsführung)
Kim de Vries, "Lilly" (Delia) Sippel, Reza Alifard | Foto: Foto: Andreas Rau, 17. 03.2021
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  • von links nach rechts oben:
    Corinna Kämmerer, Dr. Gerd Deutschinoff, Denis Potschien, Antonio Di Maggio und Silke Strohschein (Vorstand)
    untere Reihe: Andreas Rau (Versammlungsleitung und Geschäftsführung)
    Kim de Vries, "Lilly" (Delia) Sippel, Reza Alifard
  • Foto: Foto: Andreas Rau, 17. 03.2021

Nur, wer sich ändert bleibt sich treu

So könnte sicher das Motto der Hagener AIDS-Hilfe lauten, die am 09.März 2021 ihre 33. Mitgliederversammlung abhielt und in diesem - außergewöhnlichen Rahmen einer Online-Konferenz - auch einen neuen fünfköpfigen Vorstand wählte.

So wurden Dr. med. Gerd Deutschinoff (Leiter der HIV-Ambulanz im Allgemeinen Krankenhaus), Antonio Di Maggio (Steuerfachmann und Sozialarbeiter) , Denis Potschien (Lokalpolitiker und Kommunikationsdesigner), Corinna Kämmerer (Finanzfachfrau und Mitarbeiterin im Kinderschutzbund) und Silke Strohschein (Kanzleimanagerin und vielen als Hagener Karnevalsprinzessin mit Sven Söhnchen bekannt) neu gewählt.

Nachdem der alte Vorstand - zum Teil nach über 8 Jahren - aus dem Amt ausschied und nicht mehr zur Wahl stand, fürchtete der Verein zunächst, kein adäquates Team mehr zusammenzubekommen. Das Amt ist, wie in vielen Vereinen, nicht das begehrteste und sicher auch eines der anstrengendsten Ämter. Zum üblichen Ehrenamt in Beratung, Begleitung und Prävention kommt noch die Verantwortung für Personalstellen, Haushalt und Finanzen und eben auch die strategische Ausrichtung des Vereins. Eine ziemliche Herausforderung, die nicht immer nur Freude nach sich zieht. Der alte Vorstand, der sich sehr um den Verein verdient gemacht hat, kann ein Lied davon singen. Denn immerhin übernahmen die mutigen Leute den Verein, als den noch große finanzielle Sorgen knapp an einer Insolvenz vorbei schlittern ließen.
"Personalentlassungen, wie vor fünf Jahren, sind keine Freude und tun einfach weh. Besonders, wenn die Mitarbeiter*innen einem auch persönlich ans Herz gewachsen sind", so der scheidende Kevin Portsteffen. "Ich freue mich aber, dass wir fünf engagierte und mutige Leute, die dem Verein teilweise auch schon seit Jahren bis Jahrzehnten nahestehen, finden konnten."

Die neuen sind keine unbeschriebenen Blätter

Dass die "Neuen" keine unbeschriebenen Blätter im Themenbereich "sexuelle Gesundheit und Bildung" sind, haben alle fünf schon in ihren Antrittsreden klar machen können.
Als Mutter zweier schulpflichtiger Kinder sieht Corinna Kämmerer ihren Einsatz ganz im Sinne von Identitätsstärkung und Vielfalt. "Niemand weiß schon bei der Geburt, wie sich die Kinder entwickeln und welche Wege ihr Leben nimmt. Wer weiß schon zu diesem Zeitpunkt, ob die kleine Klara nicht in Wirklichkeit Karl ist?"
Die AIDS-Hilfe ist ihr durch die Elternabende für besorgte Eltern und auch die Zusammenarbeit mit der LGBTT*-Jugendgruppe ein Begriff.
Dr. Gerd Deutschinoff ist schon seit Beginn seiner Arbeit im AKH, wo er seit Jahrzehnten die Versorgung der Menschen mit HIV übernimmt, der AIDS-Hilfe treu verbunden. "Ich kenne die Zeiten, in denen Menschen mit HIV noch in großen Mengen schwer erkrankt und gestorben sind. Die AIDS-Hilfe hatte an vielen positiven Entwicklungen im Bereich der Versorgung und Prävention ihren Anteil. Als Vorstand kann ich so in Zukunft eine Menge zurückgeben."

Diese Hilfe ist also höchst willkommen, zumal die AIDS-Hilfe sich in Zukunft für die Bereiche "Medizin und Prävention" noch besser aufstellen will. Besonders die Verbreitung der sog. "PrEP" ("Vorsorgepille") ist in Hagen etwas ins Stocken geraten.

Das sieht auch Denis Potschien so, der die AIDS-Hilfe kennenlernte, als er selbst die Testberatung in Anspruch genommen hat. "Das Feedback der ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen, die mich damals empfangen haben, hat mir Freude gemacht und mich motiviert, ein Teil davon zu werden."

Antonio Di Maggio ist der AIDS-Hilfe während seines Studiums der Sozialarbeit begegnet und er hat die AIDS-Hilfe mehrfach beim Hagener Fummellauf zu Spitzenleistungen gebracht. Er sieht die AIDS-Hilfe als die zentrale Fachstelle für das Thema sexuelle Gesundheit und will, dass sie sich noch mehr auch psychosozialen Themen wie "sexuelle Identität und Orientierung" öffnet. "Die AIDS-Hilfe ist seit jeher lebensstilakzeptierend ausgerichtet. Das ist eine Stärke, die wir noch mehr betonen können."
Ja, wo er Recht hat, denn gerade Hagen als Übergang zwischen dem eher liberalen Ruhrgebiet und dem als "konservativ" geltenden Sauerland bildet für viele eine Schnittstelle.

Mit dem Fummellauf schließt sich dann auch der Kreis der "Neuen". Denn dieses in NRW einmalige Event wurde unter anderem auch von der Karnevalsprinzessin 2008, Silke Strohschein und ihrem damaligen Prinzen Sven Söhnchen aus der Taufe gehoben. Strohschein kennt aber die Arbeit in AIDS-Hilfen deutlich länger. Schon in jüngeren Jahren kellnerte sie in der Dortmunder Szenekneipe "Blu" und begann ehrenamtlich in der AIDS-Hilfe Dortmund mitzuarbeiten.
In Hagen wird sie also an alte Erfahrungen anknüpfen. Besonders am Herzen liegt ihr dabei das Thema Sexarbeit. Sog. "Prostituierte" sind immer noch eine der gesellschaftlich marginalisierten Gruppen in Deutschland und Opfer von Diskriminierung und Gewalt gleichermaßen.
"Eine wirkliche Lobby für Sexarbeiter*innen kann es in behördlichen Strukturen, wie dem Gesundheitsamt und der Meldebehörde kaum geben. Also, wenn nicht die AIDS-Hilfe, wer denn dann?" , so Strohschein.

Dass dieses Thema unter den Nägeln brennt, zeigt sich zu aktuellen Coronazeiten deutlich. Aber auch ein drohendes "Sexkaufverbot", wie es immer wieder - seitens der Politik - ins Gespräch gebracht wird, gilt es abzuwenden, wenn wir die Frauen und Männer in der Beratung nicht verlieren wollen.

Auch die "klassischen" Arbeitsfelder der AIDS-Hilfe geraten unter den "Neuen" nicht aus dem Fokus.
Hier hinterlässt der "Alt-Vorstand" ein gut bestelltes Feld und hat in seiner Arbeitszeit zahlreiche gute Entwicklungen vorangetrieben. Die Jugendgruppen seien hier besonders genannt, die neben der Arbeit in Hagener Schulen eine feste Instanz in Hagen werden konnten und deren Anliegen durch z.B. Michael Zargus auch in politische Gremien, wie den Jugendhilfeausschuss getragen wurden. Auch das Konzept für ehrenamtliche Arbeit und die Digitalisierung oder die Kooperation mit anderen Trägern brachte der scheidende Vorstand auf einen guten Weg.

Ehrenamt muss gestärkt werden

Auch der Markenkern der AIDS-Hilfe, die Arbeit zahlreicher Ehrenamtlicher und der Selbsthilfe, erfuhren in der vergangenen Mitgliederversammlung einen Wechsel. Die Sprecherin Dagmar Pröhl stellte ihr Amt zur Verfügung. Mit einem lachenden und weinenden Auge mahnte sie an, das Thema Wertschätzung Ehrenamtlicher niemals zu vernachlässigen und nicht nur "im Auge" zu behalten, sondern "Neue" wie die Erfahrenen immer wieder neu mitzunehmen und abzuholen.
Pröhl: "Mit zunehmender hauptamtlicher Professionalisierung verlieren wir ehrenamtliches Engagement und treue Mitstreiter*innen. Beide Seiten dürfen den Kontakt zueinander nicht verlieren und können voneinander lernen."
Als erfahrene Ehrenamtssprecherin blieb "Lilly" (Delia Sippel) erhalten, die nun, statt von einer weiteren, von zwei Nachwuchskräften unterstützt wird. Kim de Vries (Gruppe Queerschlag) und Reza Alifard (Gruppe Queerfugees). Die Mitgliederversammlung beschloss sehr spontan, alle drei nicht in einer Wahl gegeneinander ausspielen zu lassen, sondern auf die Kompetenz aller Drei zu bauen. Soviel Solidarität machte sogar die Versammlungsleitung für einen Moment sprachlos, die aber ihren "Widerstand" gerührt und erfreut schnell überwinden konnte.
"Wenn wir von Ehrenamtsengagement sprechen, dann müssen wir Forderungen und Entscheidungen ernst nehmen und umsetzen", mit diesen Worten leitete Rau dann die Wahl für dieses Amt ein, die - wie kaum anders zu erwarten - einstimmig ausfiel.

Mit Potential und Power in die "Zwanziger"

Es zeigt sich, dass die AIDS-Hilfe über gehöriges Potential auf allen Ebenen verfügt und Einigkeit erzielen kann, auch wenn eine Pandemie und die Tücken der Technik ihnen Steine in den Weg legen, gelingt es ihr, daraus Brücken zu bauen. Einen besseren Start in die "goldenen Zwanziger" gibt es wohl selten.
Danke allen, die uns die Treue halten!
Wollen Sie wissen, wie es mit der AIDS-Hilfe weiter geht?
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Autor:

Andreas Rau aus Hagen

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