Landesministerium: Handlungsbedarf für Haltern
Die Nachbarstädte von Haltern am See gehen beim Bau bezahlbarer Mietwohnungen mit gutem Beispiel voran

HALTERN AM SEE. Die Stadt Haltern am See hat einen überdurchschnittlichen Bedarf an bezahlbaren Mietwohnraum mit öffentlicher Förderung, wie gutachterlich vom Land NRW festgestellt. Dies bestätigte aktuell das Landesbauministerium NRW am 26. April, verbunden mit der Feststellung: „Die Stadt Haltern am See wird daher in den kommenden Jahren ihre Anstrengungen erhöhen müssen.“ Das Ministerium reagierte damit im Auftrag von Ministerin Ina Scharrenbach mit einem Schreiben auf einen zurückliegenden Artikel hier im „Lokalkompass“ vom 11. Februar. Dieser handelte von der kommunalpolitischen Weigerung der Stadt Haltern, den eklatanten Fehlbedarf an bezahlbaren öffentlich geförderten Wohnungen zu decken.

Im Gegensatz zu Haltern startet derweil die Nachbarstadt Marl in Zusammenarbeit mit der Landesregierung und 6 weiteren Kommunen ein vorbildliches Wohnungsbauprogramm für bezahlbares Wohnen mit Millionenförderung vom Land. Auch die anderen Nachbarstädte im Kreis Recklinghausen stehen im Ranking der Bezirksregierung für die öffentliche Wohnbauförderung auf dem vorderen Platz 3, wie das Ministerium feststellt, während in Haltern als Schlusslicht im Land eine vierstellige Zahl fehlender Sozialwohnungen zur Bedarfsdeckung von der Kommunalpolitik ignoriert wird - trotz bereitstehender Fördermittel und Kooperationsangebote der Landesregierung.

Unter der Überschrift „Soziale Kälte statt sozialer Wohnungsbau in Haltern?“ hatte der Autor dieser Zeilen im „Lokalkompass“ am 11. Februar mit Zahlen, Daten und Fakten auf diesen Missstand in Haltern öffentlich hingewiesen, nachdem die Landesbauministerin das Nichterreichen ihrer Planungsziele in NRW eingestehen musste. (Siehe Artikel unter: https://www.lokalkompass.de/haltern/c-politik/soziale-kaelte-statt-sozialer-wohnungsbau-in-haltern_a1690984 ).

Zu den „Verweigerern“ im Lande gehört vorneweg die Stadt Haltern , wo von 18.000 Wohnungen insgesamt lediglich 4,4% öffentlich gefördert sind, Tendenz sinkend auf 1,5%, weil 41% aus den 1970-er Jahren stammen und aus der Sozialbindung herausfallen, somit max. 300 Wohnungen verbleiben bzw. nur 200 bis zum Jahr 2030.

Erzwungene Abwanderung einkommensschwacher Bevölkerungsteile und Normalverdiener

Die sündhaft teure Wohnstadt Haltern bevorzugt stattdessen einseitig den gehobenen Eigenheimbau für zahlungskräftige Schichten und bewirkt somit eine erzwungene Abwanderung der einkommensschwächeren Bevölkerungsteile und sogar der „Normalverdiener“ – entgegen allen Wahlversprechen vor der Kommunalwahl für bezahlbares Wohnen in der Stadt. Nur der Bau bezahlbarer Wohnungen kann den Mietanstieg bremsen, der in der Stadt Haltern über dem Landes- und Bundesdurchschnitt liegt. Es braucht deshalb mehr preisgebundene Wohnungen und nicht ein Verharren auf dem unzureichenden Status Quo. „Die Konsequenzen dieses Umstandes betreffen insbesondere die Bürgerinnen und Bürger, welche auf öffentlich geförderte Wohnungen angewiesen sind“, schreibt das Ministerium zur Situation in der Stadt Haltern.

Bezahlbares Wohnen für ganz normale Familien

Hingegen liegt der Nachbarstadt Marl (und weiteren Städten im Umkreis) das Thema „bezahlbares Wohnen" schon lange am Herzen. Deshalb hat sie dazu eine Vereinbarung mit der Landesregierung zusammen mit weiteren Städten unterzeichnet, so dass 1,5 Mrd. € als Landesförderung in den sozialen Wohnungsbau für 4000 bis 5000 Wohnungen im Ruhrgebiet fließen können. Am Horizont steht das Ziel von 20.000 Wohnungen. Mit der Schaffung von Wohnraum „für ganz normale Familien“, die sich ansonsten die exorbitant steigenden Mietpreise nicht mehr leisten können, soll der regionale Wohnungsmarkt „wieder in die Waage“ gebracht werden und zugleich unter Nachhaltigkeits-Aspekten attraktiv gestaltet werden, einschließlich Vermeidung von Auto- und Pendelverkehr. Auch ältere Immobilien sollen modernisiert und revitalisiert werden, “ohne astronomische Mieten zu verlangen“.

Herausforderungen für die Stadt Haltern am See

In seinem Schreiben an den Autor dieser Zeilen bestätigt das Landesbauministerium die Herausforderungen bezüglich der fehlenden öffentlich geförderten Wohnungen in NRW und konkret in Haltern am See. Wörtlich schreibt das Ministerium: „Die Stadt Haltern am See wird daher in den kommenden Jahren ihre Anstrengungen erhöhen müssen, um auslaufende Sozialbindungen zu kompensieren und darüber hinaus auch Bindungen auszubauen.“ Da die Stadt Haltern, anders als die meisten Nachbarstädte, keine eigene oder genossenschaftliche Wohnungsbaugesellschaft vorweisen kann und die in Haltern maßgebenden Privatinvestoren allein auf Rendite schielen, gibt es hier zu wenige Investoren für den öffentlichen Wohnungsbau. Andere Städte machen hingegen Auflagen für Privatinvestoren, indem bis zu 30% öffentlich geförderte Wohnungen bei örtlichen Wohnungsbauprojekten abverlangt werden. In Haltern hat dagegen nicht einmal die städtische Flächenentwicklungsgesellschaft Haltern den sozialen Wohnungsbau in ihrem Portfolio.

Fördermittel und Hilfsangebote des Landes stehen auch für ländliches Haltern bereit

„Die finanziellen Mittel der Landesregierung stehen hierfür in den kommenden Jahren bereit – Hemmnisse für die Kommunen bei der Schaffung von öffentlich gefördertem Wohnraum existieren zumindest in finanzieller Hinsicht nicht“, so heißt es im Schreiben des Landesbauministeriums. Vorzugswürdig sei ein Mix an unterschiedlichen Bauformen, Größen und Arten, „denn hierdurch kann auf die sehr individuellen Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner eingegangen werden“, so das Bauministerium.

Zugleich betont es: „Falls das „Ob“ der Bebauung durch finanzielle oder persönliche Kapazitäten einer Kommune gehemmt ist, besteht ein Unterstützungsangebot des Landes“, auch bei der kooperativen Baulandentwicklung zur Mobilisierung und Entwicklung von Wohnbaugrundstücken. „Adressat sind Kommunen, denen keine personellen Ressourcen für die Entwicklung des beabsichtigten Baugebietes zur Verfügung stehen bzw. die einen neutralen Dienstleister benötigen“, lautet das Angebot der Landesregierung auch an die Stadt Haltern.

Qualitativ ansprechende Wohnquartiere werden angestrebt

Ziel und Voraussetzung ist es laut Ministerium hierbei, „vielfältige und qualitativ ansprechende Quartiere mit einem Anteil von 30% gefördertem Wohnungsbau zu realisieren. Dabei werden regionale und städtebauliche Strukturunterschiede, z. B. zwischen urbanen und eher ländlich geprägten Wohnquartieren, berücksichtigt.

Stadt Haltern entscheidet über das Wie und Ob einer Bebauung

Das Landesbauministerium stellt jedoch einschränkend fest, dass weder das Land noch der Bund den Kommunen politische Vorgaben machen kann. Das Bauplanungsrecht sei eines der souveränen Rechte jeder Kommune. Es obliege folglich den Mitgliedern des Rates und des Verwaltungsvorstandes, „hierfür die entsprechenden politischen Leitlinien und baufachlichen Beschlüsse im Einklang des geltenden Rechts zu erzeugen. Sie entscheiden zusammen über das Ob und Wie einer Bebauung.“

Abwanderung aus Haltern in die sozial gesinnte Wohnungsbaustadt Marl?

Es verbleibt somit den wohnungsuchenden Bürgerinnen und Bürgern von Haltern, zur bevorstehenden Halbzeitbilanz des gewählten Rates die uneinsichtigen Kommunalpolitiker an ihre Wahlversprechen  bezüglich „bezahlbaren Wohnens für alle“ nachdrücklich zu erinnern - oder ihrer Heimatstadt Haltern am See den Rücken zu kehren und in die sozial gesinnte Nachbarstadt Marl abzuwandern, die sich die Wohnungsversorgung für alle Bevölkerungsschichten zur großen Aufgabe gesetzt hat.

Wilhelm Neurohr, 12.05.2022

Autor:

Wilhelm Neurohr aus Haltern

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