Unbezahlbare Baupreise für „Häuslebauer“
Drohende Wohnungsnot: Verhinderte Bauwillige drängen auf den Mietwohnungsmarkt - Zahl der Wohnungsuchenden hat sich verzehnfacht

Wohnungsuchende stehen Schlange (Foto: Charlott Torno)

Kommentar zur aktuellen Lage auf dem Wohnungsmarkt:

Die aktuellen Turbulenzen am Immobilienmarkt ließen nach jahrzehntelangem Preisanstieg für kurze Zeit die Grundstücks- und Kaufpreise leicht sinken zwischen ca. 3% bis 6%, nachdem die Zahl der Kaufinteressenten im Vorjahr um die Hälfte zurückgegangen war. Denn die zugleich drastisch gestiegenen Baupreise und Zinsen übersteigen die finanziellen Möglichkeiten der bauwilligen „Häuslebauer“. Inzwischen steigen jedoch auch die Grundstücks- und Kaufpreise an vielen Orten wieder an. Umso mehr weichen nun diejenigen, die eigentlich ein Haus bauen oder eine Eigentumswohnung kaufen wollten, ersatzweise auf den Mietwohnungsmarkt aus, wo die Mieten ungebremst drastisch steigen.

Derweil sehen Gutverdiener und Vermögende als Kapitalanleger in den erworbenen oder geerbten Wohnungen und Häusern, deren Wert sich in den letzten 10 Jahren verdoppelt hat, eine lukrative Kapitalanlage und treiben als Immobilienbesitzer die Mietpreise oder Verkaufspreise weiter nach oben. Aber „Eigentum verpflichtet, sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen“. Doch das Gemeinwohl gerät aus dem Blick. Die Wohnungsfrage birgt somit sozialen Sprengstoff und droht die Gesellschaft zu spalten.

Zunehmender Konkurrenzkampf auf dem Mietwohnungsmarkt unter Wohnungsuchenden

Die auf Mietwohnungen angewiesenen Wohnungsuchenden bekommen nun zusätzliche Konkurrenz bei der verzweifelten Suche nach Wohnungen durch die verhinderten „Häuslebauer“, die den Mietmarkt „überfluten“. Schon vorher fehlten bundesweit über 700.000 Mietwohnungen. Die Nachfrage nach Mietwohnungen hat sich deshalb verzehnfacht und verschlimmert somit die akute Wohnungsnot: Der Fehlbedarf an Wohnungen hat sich seither verdreifacht auf 20% und die Leerstandsquote sinkt in großen Städten gegen Null. Dort konkurrieren 60 bis 140 Wohnungssuchende um eine freie Wohnung. Die deshalb immer weiter steigenden Mietpreise sind für immer mehr Menschen unbezahlbar. Viele Familien verbleiben in viel zu beengten Wohnverhältnissen zu überteuerten Mieten und sehen keine Perspektive. Die Wohnungslosigkeit wird steigen.

Der Sozialstaat ist mehr denn je gefordert, das Problem energischer anzupacken

Der Sozialstaat ist hier mehr denn je gefordert, das Problem energisch anzupacken, aber er kapituliert vor dem ungezügelten Immobilienmarkt, in den er sich zu wenig einzugreifen traut. Die Immobilienlobby verhindert jedwede Verbesserung zugunsten der auf bezahlbare Mietwohnungen dringend angewiesenen Bevölkerungsgruppen. „Bezahlbares Wohnen für alle“ verkommt zum leeren Wahlkampfversprechen. Daran ist die Kommunalpolitik mancherorts mit schuldig, die den öffentlich geförderten Wohnungsbau in ihren Städten seit Jahrzehnten grob vernachlässigt, kommunalen Wohnungsbesitz verkauft und privatisiert hat und stattdessen dem flächenzehrenden und ökologisch unsinnigen Eigenheimbau für Besserverdienden an den grünen Stadträndern den Vorzug gibt. Ohne ein Umdenken und eine Trendwende wird sich die soziale Spaltung der Gesellschaft in den örtlichen Verhältnissen dramatisch auswirken.

Wilhelm Neurohr, 01. März 2023

Autor:

Wilhelm Neurohr aus Haltern

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