Amtsgericht Hattingen
Auch der Staatsanwaltschaft passieren Fehler

Bei einem Strafprozess wegen Nötigung gab es Ungereimtheiten, die selbst der Rechtsanwalt in dreißig Berufsjahren noch nicht erlebt haben will.

Ein 26-Jähriger war angeklagt, Anfang Juli 2019 in Hattingen eine Autofahrerin auf der Autobahn genötigt zu haben. Laut Staatsanwaltschaft soll der Angeklagte auf dem Autobahnteilstück der A448 der Verkehrsteilnehmerin mit hohem Tempo so dicht aufgefahren sein, dass diese die Frontscheinwerfer des Dränglerfahrzeuges im Rückspiegel nicht mehr sehen konnte.
Direkt nach der Verlesung der Anklageschrift erklärte sich der Angeklagte für unschuldig. „Das ist erstens nicht mein Auto, zweitens habe ich den Wagen nicht gefahren, weil ich zu dieser Zeit nachweislich mit meinem eigenen Auto auf dem Parkplatz der Ruhr-Universität war, sagte der Angeklagte seelenruhig und legte dazu das Chatprotokoll mit seinem Kommilitonen vor.
Nun war auch der Bruder des Angeklagten erschienen. Nach ausführlicher Belehrung erklärte er dann, an dem Tattag den Wagen, der auf den Namen seiner Mutter zugelassen ist, gefahren zu haben. Weitere Angaben dazu machte er verständlicherweise nicht, denn er braucht sich ja nicht selbst zu belasten.
Im Rahmen der Beweisaufnahme sagte dann die Beifahrerin aus, die in dem Auto gesessen hatte, welches bedrängt worden sein will. Sie schilderte allerdings einen ungenauen Vorfall auf der A43 kurz vor der Abfahrt Witten/Herbede und nicht auf der A448.
Von den beiden nebeneinandersitzenden Brüdern konnte sie keinen identifizieren, der das angebliche Drängler-Fahrzeug gefahren haben soll.
Die bedrängte Autofahrerin war verhindert. Sie hatte aus einer Lichtbildvorlage bei der Polizei den Angeklagten, der nachweislich nicht der Fahrer gewesen sein kann, als „Täter“ identifiziert.
Nun liegt weder der Bereich der A448 in Bochum, noch der Bereich der Autobahnabfahrt auf der A43 Witten/Herbede zum Gerichtsbezirk des Amtsgerichtes Hattingen.
Warum dieses keinem bei der Staatsanwaltschaft vorher auffiel und warum die Eröffnung der Hauptverhandlung beim AG Hattingen überhaupt zugelassen wurde, konnte abschließend keiner erklären.
Richter Kimmeskamp stellte daher das Verfahren wegen Unzuständigkeit des Amtsgerichtes Hattingen ein.

Autor:

Hans-Georg Höffken aus Hattingen

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