Hitchcock in Norwegen

Norwegen ist ein schönes, ein reiches Land. Doch wenn in einer schmucken Feriensiedlung am Meer tote Vögel vom Himmel fallen und übel zugerichtete Mordopfer aus dem Leichenwagen gestohlen werden, dann darf man sich auf einen packenden Krimi freuen.

"Winterfest" von Jørn Lier Horst, erfolgreicher Autor und ein echter Polizeibeamter, gilt in seiner Heimat als Edelfeder und wurde schon mit Preisen überschüttet. Gerade im deutschen Leseherbst ist dieser Roman, bei Grafit erschienen, genau die richtige Lektüre für einen Abend auf der Couch.

Europas Widersprüche

Horsts Mordermittler sind keine Glamour-Typen, sondern wirken wie Menschen, durch deren Adern tatsächlich Blut und keine Druckerschwärze fließt. Wie die meisten skandinavischen Autoren zeichnet sich auch Jørn Lier Horst durch Gesellschaftskritik aus. Den Abstecher der norwegischen Cops ins arme Litauen mit seinen hübschen, von den - billig Urlaub machenden - Touristen so bewunderten Städten und den nicht weit davon entfernten Slums und Hehlermärkten kann man als Spiegelbild unserer europäischen Wirklichkeit betrachten.

Medienlandschaft

Wichtig ist der Part der Tochter des Kommissars. Die junge Reporterin wird durch ihren Lover in eine finstere Geschichte verwickelt. Die Entwicklung der Medienlandschaft Norwegens hat mit unserer viel Ähnlichkeit. Da hilft kein Jammern oder Nörgeln, es sind nicht mehr aufzuhaltende Entwicklungen.

Am Ende gibt es eine brillante Erklärung dafür, warum die Vögel massenhaft tot vom Himmel fallen. Alfred Hitchcook hätte sich köstlich darüber amüsiert.

Jørn Lier Horst, "Winterfest", Kriminalroman, gebunden mit Schutzumschlag, 346 Seiten, 22.99 Euro, E-Book 17.99 Euro, ISBN 978-3-89425-669-2