Malte Bruins berichtet aus Peru - 2. Teil

Alle internationalen Studenten an der UPC | Foto: Bruins
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Malte Bruins, Student an der Business and Information Technology School (BiTS) in Iserlohn, weilt für ein Jahr in Peru. In unregelmäßigen Abständen berichtet er im lokalkompass.
Hier sein zweiter Bericht.

"Vor zwei Monaten begann für mich das Kapitel Peru. Mittlerweile hat die Universität für mich angefangen; meine Spanischkenntnisse wurden bei einem Vorstellungsgespräch unter die Probe gestellt und so langsam aber sicher spielt sich der Alltag bei mir ein. Nachdem ich in den ersten beiden Wochen erst einmal die vielen neuen Eindrücke verarbeiten musste, kenne ich mich hier nun schon ein bisschen besser aus.
Wie kann man sich eigentlich die Hauptstadt Lima vorstellen? Ich fasse es nach sieben Wochen so zusammen: Multikulti, immer Action, laut, riesig, spannend, reich an Kultur und Geschichte, katastrophale Verkehrssituation, sichere und gefährliche Gegenden. Das Wichtigste: Nie die Geduld und vor allem den Überblick verlieren! Dass man für 30 km insgesamt zwei Stunden im Taxi verbringt kann schon mal vorkommen, aber davon darf man sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. In Lima gibt es leider keine öffentlichen Verkehrsmittel wie Züge, Straßenbahnen oder U-Bahnen. Deshalb ist die Verkehrssituation vor allem zur Rush-hour katastrophal. Es gibt aber Busse, bei denen mir die Stationen noch nicht ganz klar sind und Bullis, sogenannte ‘Mikros‘, in denen bis zu 15 Personen auf engen Bänken Platz finden und die ich schon aus Ghana gewöhnt bin. Außerdem ist es in Lima sehr günstig ein Taxi zu nehmen. Die Einstellung zur Zeit ist in Peru auch ein wenig anders, als ich es aus Deutschland gewöhnt bin. Pünktlichkeit ist hier auf jeden Fall keine Tugend, doch auf der anderen Seite ist es auch angenehm, dass nicht überall so eine Hektik herrscht. Doch sollte man bloß nicht glauben, dass diese Gelassenheit auch im Straßenverkehr herrscht. Wenn es eine Sache gibt, die ein Auto auf den Straßen Limas auf jeden Fall haben sollte, dann ist es eine Hupe. Vorsicht ist geboten, wenn man als Fußgänger unterwegs ist und die Straßen überqueren will, denn die Autofahrer nehmen hier keine Rücksicht. Egal ob die Ampel grün leuchtet oder nicht.
Ich bin für die Peruaner ein Gringo (Ausländer) und das bedeutet, dass man mehr Aufmerksamkeit erregt und man öfter angesprochen wird. Es schlägt sich auch vor allem z.B. bei Eintrittspreisen aus, denn oft muss man draufzahlen.
Seit einem Monat gehe ich zur Universität und mein Alltag hat sich eingespielt. Zunächst war es sehr schwierig, den Vorlesungen auf Spanisch zu folgen, doch mittlerweile ist es besser geworden und die Professoren sind sehr rücksichtsvoll und die Kommilitonen unterstützen mich auch wo es nur geht. Aber zur Universität gehören eben auch Klausuren, Gruppenarbeiten und Hausarbeiten, weshalb ich keine Zeit mehr für das Reisen habe, aber die Highlights wie die Reise zur Ruinenstadt Machu Picchu möchte ich sowieso ans Ende legen. Es ist nicht besonders schwierig, mit Leuten in Kontakt zu kommen und die Menschen hier sind sehr aufgeschlossen. Insgesamt finde ich mich in Peru sehr gut zurecht und wenn ich mal nicht weiter weiß, dann hilft mir meine peruanische Gastfamilie.
Bereits nach fünf Wochen hatte ich eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch für ein Praktikum in einer Hotelkette, denn meine Zeit hier in Peru möchte ich wenn möglich auch dazu nutzen, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Ein bisschen nervös war ich dann aber doch vor dem Gespräch, denn meine Spanischkenntnisse reichten wohl noch nicht aus, um ein ganzes Bewerbungsgespräch zu führen, aber es würde sicherlich eine gute Erfahrung sein. Ich stehe also vor diesem riesigen Bürogebäude und muss mich an einer von drei Warteschlangen anstellen, um in einen Aufzug zu kommen. Endlich oben angekommen, wurde ich nett empfangen und es ging direkt in das Büro des Geschäftsführers. Ich hatte mich natürlich ein wenig vorbereitet und somit konnte ich gut ins Gespräch starten. Als mein Gegenüber aber irgendwann in der Mitte des Gesprächs immer schneller redete und mir viele Dinge erklären wollte, da war ich mit meinem Spanisch am Ende und ich sagte meist nur noch „Ja“, denn jedes Mal zu sagen, dass ich das nicht verstanden hätte, wäre für einen erfolgreichen Abschluss nicht gerade förderlich gewesen. Letztendlich habe ich mich aber gut verkauft und dieses Phänomen nenne ich ‘Sicheres Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit‘. Zum Ende hin sagte er mir, dass sie mich sehr gerne genommen hätten, sie allerdings jemanden suchten, der die Tätigkeit für ein Jahr ausführen kann. Nun bin ich also weiterhin auf der Suche.
Diese Geschichte nehme ich ein wenig mit Humor, obwohl es ärgerlich ist. Ich traf mich mit Freunden an einem Park an einem Samstag, als ein Mann auf mich zukam und fragte, ob ich Deutsch spreche. Er war in keinem guten Zustand und erzählte mir, dass er überfallen worden sei und nun nichts mehr hätte, aber bis Montag Geld bräuchte, um irgendwo übernachten zu können und ins Krankenhaus zu gehen, denn die Räuber hätten auf ihn eingeschlagen und er zeigte mir seine etwas geschwollenen Arme. Es wirkte überzeugend. Dass die deutsche Botschaft eine Notrufnummer hat, darauf bin ich in dem Moment leider nicht gekommen. Ich habe ihm vertraut und habe ihm umgerechnet zwanzig Euro gegeben. Er verschwand, kam aber wieder, um sich meine Telefonnummer zu notieren, um sich am folgenden Montag bei mir zu melden. Natürlich meldete er sich nicht. Ich ärger mich natürlich, aber auf der anderen Seite nehme ich es auch mit Humor, denn ich bin wohl der erste Deutsche der von einem anderen Deutschen in Lima und Geld betrogen wurde.
Momentan bin ich ein wenig vom Pech verfolgt. Es ist hier so, dass Fußball oft auf Spielfeldern aus Beton gespielt wird. Vor einer Woche durfte ich das erste Mal schmerzhafte Erfahrungen damit machen, denn ich habe mir meine Rippen beim Fallen geprellt, weshalb ich ins Krankenhaus musste, aber es war zum Glück nichts gebrochen. Gestern war das Auswahltraining für die Fußballmannschaft meiner Universität in Lima und bereits nach zwei Minuten und meinem ersten Ballkontakt holte ich mir eine Platzwunde am Ellenbogen, weshalb das Auswahltraining für mich dann auch gelaufen war.
Ich blicke positiv in die kommenden Monate, hoffe, dass ich noch viele Dinge erleben werde und dass die Pechsträhne im Fußball nun auch endlich ein Ende hat."

Autor:

Rainer Tüttelmann aus Iserlohn

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