Hartz-IV-Kinder dürfen Geld von Oma behalten

Wie heute bekannt gegeben wurde, hat das Bundessozialgericht in dem Verfahren Az.: B 14 AS 74/10 R, drei Hartz IV-Kindern nach einem fünfjährigen Prozessmarathon endlich die Geldgeschenke der Oma zum Geburtstag und zu Weihnachten zugesprochen.

„Laut einem Beschluss des Bundessozialgerichts müssen sie das Geld, das ihnen die Großmutter zum Geburtstag und zu Weihnachten gab, nicht ans Jobcenter abgeben.“
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,druck-781902,00.html

Allerdings wurde kein Grundsatzurteil verfasst. In der Berichterstattung auf Focus Online heißt es:

„Nachdem die Kasseler Richter auf zahlreiche formale Mängel bei der Anrechnung des Gelds auf die Hartz-IV-Leistungen hingewiesen hatten, gab das Jobcenter seine
Forderung freiwillig auf“
http://www.focus.de/finanzen/recht/hartz-iv-urteil-kinder-duerfen-geldgeschenke-der-oma-behalten_aid_658150.html

Die obersten Sozialrichter ließen die streitgegenständlichen Rückforderungsbescheide bereits aus dem Grund nicht gelten, weil sie unter mehreren formalen Fehlern litten. Solche Behördenfehler dürften nicht zu Lasten der Antragsteller gehen.

Die Richter stellten klar heraus, dass bereits die Missachtung des so genannten „Individualisierungsgrundsatzes“ zur Rechtswidrigkeit des gesamten Bescheides führte.
Vereinfacht gesagt bedeutet der Individualisierungsgrundsatz: Sozialleistungen, die für ein Kind bewilligt wurden, dürfen nicht von der Mutter zurückgefordert werden. Selbst im Fall einer Überzahlung muss die Rückforderung an das Kind „adressiert“ sein. Das gilt auch bei minderjährigen Kindern. Eine allgemeine Forderung an die „Familie“ oder auch „den Antragsteller“ genügt den Vorgaben des SGB nicht. Sie führt in jedem Fall zur Rechtswidrigkeit der Bescheide. Das Geld darf nicht zurückgefordert werden.

Ebenfalls fehlerhaft, und damit rechtswidrig ist es, wenn die Überzahlungen mehrerer Personen in einer Summe zurückgefordert werden, ohne die einzelnen Forderungsbeträge getrennt auszuweisen.

Betroffene sollten eine unabhängige Arbeitslosenberatung aufsuchen und ggfs. bereits zurückgezahlte Leistungen vom Jobcenter zurückfordern. Forderungen der Jobcenter müssen allen rechtlichen und formalen Vorgaben entsprechen.

Einen anderen Weg der Berichterstattung wählte der Stern.
Nachdem der Verfasser zunächst in Zitaten aus Internet-Kommentaren rechtliche Grauzonen berührt hat, zitiert er den Geschäftsführer des Berliner Arbeitslosenzentrums im Evangelischen Kirchenkreis, Frank Steger:

„Das Schlimme an Urteilen wie denen zum Geldgeschenk der aufmerksamen Großmutter sei, dass sie auch eine zerstörerische Wirkung auf Familien entfalten, sagt im Gespräch mit stern.de. Die Großmutter habe die Familie ihrer Tochter unterstützen wollen und muss dann mit ansehen, wie die Tochter dafür bestraft wird. "Die Großmutter wollte doch nicht die Staatskasse entlasten. Sie wollte ihrer Tochter und ihren Enkeln etwas Gutes tun. Im Prinzip wird der bestraft, der das offensichtlich tut. Das kann doch nicht gewollt sein."
http://www.stern.de/panorama/fall-vor-dem-bundessozialgericht-geld-von-der-oma-hartz-iv-gekuerzt-1719510.html

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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