Sondersitzung zur Oberen Mühle sorgt für hitzige Debatte und emotionale Diskussionen

Auf den Zuschauerrängen verfolgten viele der Betroffenen die Diskussion. Foto: Schulte
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Ein Kommunikationsdesaster und der Ruf nach Plan B

Die gemeinsame Sitzung von Sozial- und Hauptausschuss zum Thema Obere Mühle hielt alles, was man im Vorfeld erwarten konnte: einen turbulenten Verlauf mit hitzigen Diskussionen und emotionalen Zwischenrufen.

Von Christoph Schulte

Iserlohn. Einig waren sich alle Beteiligten lediglich in wenigen Punkten. Da war zunächst einmal der Wunsch, dass die Bewohner des alternativen Wohnprojektes auch zukünftig auf dem ehemaligen Fabrikgelände Kissing & Möllmann verbleiben können. Gleichzeitig forderten alle Sprecher der Fraktionen einen Plan B, falls der private Eigentümer der Immobilie bis Ende April einmal mehr nicht seinen Verpflichtungen nachkommen werde. Dazu gehören neben kurzfristig umzusetzenden Brandschutzverbesserungen auch das Einreichen der kompletten baurechtlichen Unterlagen für einen genehmigungsfähigen Bauantrag zur zukünftigen Wohnnutzung des Gebäudes. Schließlich war sich die Politik auch noch in einem dritten Punkt einig. An der inhaltlichen Vorgehensweise der Verwaltung gibt es nichts auszusetzen. Ohne eine genehmigtes Brandschutzkonzept sei dort zukünftig kein Wohnen möglich. "Diese Auflagen gelten für alle Iserlohner Bürger", so Detlef Köpke (FDP) und Peter Leye (SPD) formulierte plakativ: "Brandschutz ist Menschenrecht!"
Lag die Politik mit der Verwaltung beim "Ob" noch auf einer Linie, hagelte es beim "Wie" dann harsche Kritik. Ressortleiter Jochen Köhnke, der im Namen der Verwaltung von einer "guten Performance" sprach, erntete für diese Äußerung großes Kopfschütteln. Hans Immanuel Herbers (UWG-Piaten) und CDU-Fraktionsvorsitzender Fabian Tigges sprachen unisono von einem "Kommunikationsdesaster"gegenüber Politik und Bewohnern, das sich die Verwaltung ankreiden lassen müsse. "Es kann doch nicht sein, dass man den Menschen dort auf dem Postweg eine formale Anhörung schickt, die im unverständlichen und komplizierten Beamtendeutsch nahezulegen scheint, dass die Räumung ihrer Wohnungen unmittelbar bevorsteht." Stattdessen hätte man mit den Betroffenen direkt, durchaus mit Hilfe der vor Ort tätigen Sozialarbeiter, reden müssen und zwar in einer Art und Weise, die von den Menschen auch verstanden wird. Oliver Ruhnert (Die Linke) ergänzte: "Wenn die Fraktionen bereits früher informiert worden wären, hätte sich dieses Politikum vermeiden lassen."
Für richtig "Dampf im Kessel" sorgte anschließend Peter Leye (SPD), der zunächst einmal die zuletzt in den Medien festzustellende "Romantisierung" der Bewohner kritisierte. "An der Oberen Mühle ist bei weitem nicht alles so toll, wie zuletzt in der Öffentlichkeit dargestellt." Außerdem könne man dem Iserlohner Normalbürger, der "pünktlich seine Miete bezahle und auch den Müll trenne", nur schwer vermitteln, dass Stadt und Politik öffentliche Mittel in eine Privatimmobilie stecken, nur weil der Eigentümer seinen Verpflichtungen nicht nachkomme. "Das habe ich in vielen Gesprächen auf der Straße erfahren", so Peter Leye, "und deshalb spreche ich jetzt im Namen dieser Mehrheit der Iserlohner Normalbürger, die die Mehrheit in der Waldstadt darstellen." Neben lautstarken Zwischenrufen aus den Zuschauerrängen ("Das ist eine Schande für die SPD"), erfuhr Leye für seine Äußerungen auch viel Gegenwind vor allem aus den Reihen der "LINKEN" und Bündnis 90/Die Grünen. Diese Äußerungen seien polemisch und zeugten davon, dass Leye die Menschen der Oberen Mühle überhaupt nicht kenne, kritisierte z. B. Sylvia Olbrich. Oliver Ruhnert zeigte sich entsetzt über die Tatsache, dass Leye die Bewohner als "Bürger zweiter Klasse abqualifiziere".
Für den Höhepunkt der verbalen Turbulenzen sorgte in einer Sitzungsunterbrechung schließlich Rudolf Radke. Der Handwerksmeister engagiert sich seit über drei Jahren ehrenamtlich beim Projekt Obere Mühle und sprach nach seinen Erfahrungen von einem funktionierenden sozialen Netz, das er dort kennengelernt habe. "Hier hilft man sich halt gegenseitig." Zum Thema schlechte Kommunikation hatte Radke seine ganz eigenen Vermutungen: "Hier scheinen noch ganz andere Interessen zu bestehen, bei denen eine zu gute Kommunikation eher stört." Für ihn stände fest, dass sich die Stadt die Immobilie "selbst unter den Nagel reißen wolle". Radkes Äußerungen wurden von den Zuschauern mit lautstarken Zurufen und Beifall unterstützt.
Nach dem Ende der Sitzungsunterbrechung und nachdem wieder etwas Ruhe hergestellt war, einigten sich Verwaltung und Politik darauf, dass im Rahmen einer Fraktionsvorsitzendenrunde am 25. April das weitere Vorgehen gemeinsam diskutiert werden soll. Bis dahin soll die Verwaltung schon einmal verschiedene Möglichkeiten durchspielen, um sicherzustellen, dass die Bewohner für den Fall einer weiteren Untätigkeit des Eigentümers auch zukünftig dort wohnen bleiben können.

Auf den Zuschauerrängen verfolgten viele der Betroffenen die Diskussion. Foto: Schulte
Autor:

Christoph Schulte aus Hemer

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