Wellness
Kratzfüßchen vor dem Kratzhändchen

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Diesen Beitrag wollte ich ursprünglich so beginnen:
Legenden zufolge lebte die Göttin Magu im 2. Jh. n. Chr. Am Rande eines Banketts habe sich der Kaiser Huan 桓 (147-168 n. Chr.) vorgestellt, wie schön es sein müsse, von ihren langen Fingernägeln gekratzt zu werden, wenn einem der Rücken jucke.
Dann aber entschloss ich mich zu folgender Einleitung:
Eine der wohltuendsten Anschaffungen der letzten Jahre ist und bleibt das Kratzhändchen mit Teleskopstiel. Als wählbaren Kratz-Aufsatz ziehe ich den siebenzahnigen Rechen der traditionellen Kralle oder dem Kratzer bei weitem vor. Neben den moderneren Materialien sorgt vor allem die Teleskoptechnik dafür, dass der moderne Scratchback sowohl indoor als outdoor leicht und platzsparend zu handhaben ist.
Wobei ich aber doch noch mal kurz nach China blicken möchte und dort auf ein sehr altes Gedicht:

Auf dem Meer
Von der Steinbrücke blicke ich nach Osten,
wo das Meer in den Himmel übergeht.
Xu Fu kam vergebens, gelang es ihm nicht, unsterblich zu werden.
Geradezu Magu wurde gesandt, mir den Rücken zu kratzen.
Wie kann ich aber in diesem Leben so lange warten, bis das Meer zum Festland wird?

Vergeblich sucht man in der europäischen Poesie nach Zeugnissen solch elementarer Bedürfnisse wie dem rückwärtigen Juckreiz.
In China aber konkretisierten sich des Kaisers Wunschvorstellungen sehr bald in einem wunderbaren Kratzhändchen aus Bambus, das sich zu einer Art Zepter für jedermann entwickelte, welches bei Gesprächen und Diskussionen nicht fehlen durfte!
Bei uns wurde relativ spät in den Juckreizbedarf investiert. Im flohreichen 18. Jh., so wird berichtet, wird das Kratzhändchen überwiegend dazu verwendet, den Juckreiz auf dem Rücken, hervorgerufen durch Parasiten und Flöhe, zu lindern. Insbesondere bei Damen ist dieser Rückenkratzer sehr beliebt, denn auch beim hiesigen Adel lässt er sich sehr extravagant gestalten. Im 19. Jahrhundert wurde er schließlich auch im Bürgertum verwendet, um schnell und einfach Abhilfe gegen den Juckreiz zu schaffen.
Die bei der Anwendung spontan entweichenden ziegenähnlichen Verlautbarungen werden von der Umgebung  meist toleriert.
Nun sind moderne Jucktheorien eigentlich gegen das spontane Kratzen, weil es die Sache angeblich nur noch schlimmer mache. Sie empfehlen Salben und Bäder, beispielsweise im Salz des Toten Meeres, das man ggf. auch mit etwas Wasser in der eigenen Badewanne auflösen kann.
Nein, ich stehe fest zu meiner Wellness-Harke und benutze sie in weiser Kulturtradition selbst dann, wenn es gar nicht juckt oder die Stelle eigentlich auch mit meinen Händen bequem erreichbar wäre, einfach auch zu meiner spirituellen Weiterentwicklung.

Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

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