Haben die Deutschen Humor?

S-F: Im folgenden Gespräch geht es um die Beantwortung der geradezu existentiellen Frage, die sich auch viele ausländische Mitbürger stellen: „Haben die Deutschen Humor?“ Hierzu begrüße ich den Experten für Reine und Ernsthafte Parakomik, Diplom-Komiker Dagobert Karl-Theodor von Witzenhausen, dem Joculator an der Fakultät für Angewandte Pseudohumorologie der Universität Scherzburg.
v. W: Guten Tag Herr Schreib-Fix. Lassen Sie mich zur Beantwortung Ihrer Frage eine wissenschaftliche Kapazität, wie den unordentlichen Professor an der Universität Lachburg, Dr. rer. jux., Dr. humoris causa Till K. Lauer, zitieren. „Nein, die Deutschen haben keinen Humor, der beste Beweis ist die Existenz des Karnevals.“
S-F: Ja, aber ist der Karneval denn nicht etwas Lustiges?
v. W: Überhaupt nicht. Spaß ist spontan und kommt aus dem Bauch heraus, während Humor und Intelligenz verwandt sind; beide Dinge haben aber mit Karneval nichts gemein. Im Karneval wird das Lustigsein befohlen. Ab dem 11.11. hat man fröhlich zu sein, basta. Die Pointen, bei denen man lachen muss, werden von den Kapellen angedeutet, tätäh, tätäh, tätäh! Die Jubelrufe „helau“ und „alaaf“ sind streng vorgegeben und dürfen bei Lebensgefahr nicht verwechselt werden.
S-F: War denn der Ursprung des Karnevals nicht lustig? Ich meine, hatte man sich nicht im Rheinland über die französischen Besatzungstruppen unter Napoleon lustig gemacht?
v. W: Das stimmt, man lachte anfangs über die Obrigkeit. Dies wurde aber bald vergessen, später sogar pervertiert. So wurde zu Beginn des Dritten Reichs von den Karnevalisten über die Juden gespottet. Diese Karnevalisten sahen sich nachher sogar noch als Widerstandskämpfer, da man im Karneval das tut, was man ansonsten nicht macht, sprich im gewöhnlichen Leben waren sie keine Antisemiten, diese Maske hatten sie nur während der närrischen Tage auf.
S-F: Wie sah es denn nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Humor und Karneval aus?
v. W: Selbst in der britischen Besatzungszone, zu der u. a. das Ruhrgebiet gehörte, konnte sich trotz Umerziehung zur Demokratie kein britischer Humor durchsetzen. Die Deutschen scheinen hierfür resistent zu sein. Vielleicht könnte dies nur gentechnisch verändert werden. Dies zeigt sich auch an den sogenannten Komödien der letzten Jahrzehnte, die in Deutschland verfilmt wurden. Sie sind so provinziell, dass man nicht einmal in Luxemburg darüber lacht. Den Weltmarkt kann man damit erst recht nicht erobern. Im Rheinland hingegen gibt es weiterhin Karneval und Fastnacht. In den 70er Jahren wurde z. B. in Fernsehsendungen wie „Mainz bleibt Mainz“ regelmäßig über die Bundesregierung und die Opposition in Rheinland-Pfalz hergezogen. Als jemand meinte, dass dies doch politisch einseitig ist, wurde dies geändert. Ab 1982 zog man die Opposition im Bund und die Landesregierung durch den Kakao. Die parteipolitischen Gegner, die angegriffen wurden, blieben dieselben. Wissenschaftler, wie der Spekulatius der Fakultät für Humorologie an der Universität Spaßstadt, Prof. Dr. Jo Kus, bezeichnen so etwas als „schwarzen Humor“.
S-F: Kommen wir zur Gegenwart. Sollte man gerade in der jetzigen angespannten weltpolitischen Lage nicht auf Karneval verzichten? Wir können doch nicht Lachsalven zünden und Konfettikanonen abfeuern während Bush, Rumsfeld und Blair im Irak für Bombenstimmung sorgen wollen.
v. W: Darüber kann ich nicht einmal müde lächeln, sondern muss als Wissenschaftler ganz ernsthaft und entschieden widersprechen. Wir sollten den Karneval feiern, denn vielleicht bekommen wir dadurch endlich unseren eigenen Humor, den Galgenhumor; bevor wir von George W. Bush zum Schurkenstaat erklärt werden und bald nichts mehr zu lachen haben.
S-F: Vielen Dank Herr von Witzenhausen für das Gespräch. Ich hoffe, dass die Galgenfrist zum Erlernen dieses Humors nicht zu kurz ist und die Anzahl der Opfer beim Totlachen nicht zu groß wird.
v. W: Ich danke Ihnen Herr Schreib-Fix und blicke zuversichtlich in die Zukunft.

Autor:

Ewald Zmarsly aus Recklinghausen

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