Pflege-Serie: Mira Steinhoff-Busch vom Pflegedienst Busch schildert die Situation vor Ort
"Wir finden immer eine Lösung!"

Im Pflegedienst der Mutter groß geworden: Mira Steinhoff-Busch. | Foto: Stefan Reimet
  • Im Pflegedienst der Mutter groß geworden: Mira Steinhoff-Busch.
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Von Stefan Reimet

Rund 885.000 Fachkräfte und Pflegehelfer versorgen heute etwa 2,25 Millionen Menschen. Sie arbeiten in der ambulanten Pflege oder in Heimen und hetzen getrieben vom engen Aufgabenplan von Patient zu Patient. In unserer Serie "Patient Pflege" blicken wir auf die Situation vor Ort und fragen nach bei Mira Steinhoff-Busch vom Pflegedienst Busch in Unna.

Nach einer Ausbildung zur Krankenschwester sammelte Mira Steinhoff-Busch zwei Jahre Berufserfahrung im Krankenhaus Lünen. In die Pflegedienstleitung des Familienunternehmens stieg sie 2005 ein und übernimmt jetzt die Geschäftsführung. Heute beschäftigt der Pflegedienst Busch rund 350 Mitarbeiter. Mira Steinhoff-Busch ist mit dem Pflegedienst groß geworden und arbeitet inzwischen in der Geschäftsführung des Pflegeunternehmens.  

Was sind Ihrer Meinung nach die größten Probleme in der Pflege?

Mira Steinhoff-Busch: Es fehlt an Verständnis für den Aufwand in der Pflege und das Arbeit auch bezahlt werden muss. Früher lief Pflege anders, in der Familie wurden die Aufgaben übernommen. Den Wandel haben wir mitbekommen. Erste Wohngemeinschaften entstanden damals in Berlin, vor 20 Jahren, als wir den Pflegedienst aufbauten. Das Konzept haben wir auf Unna übertragen. Jetzt haben wir fünf Seniorengemeinschaften in Schwerte und Unna. Vom betreuten Wohnen bis zur intensiven Pflege haben wir Angebote geschaffen. In der Arbeit vor Ort haben wir kaum Personalmangel, aber die Angehörigen und Bedürftigen sind nicht unbedingt bereit Geld für Pflege auszugeben. Sie denken über den Pflegegrad bekommen Sie Geld überwiesen und der Betrag wird nicht für die Pflege ausgegeben. Auf der anderen Seite heißt es, ihr habt zu wenig Zeit. Die Pflegeversicherung ist eine Teilkaskoversicherung, zusätzliche Kosten werden nur unwillig getragen. Da bleibt die Pflege am Patienten schon mal auf der Strecke. Die „normalen zusätzlichen Leistungen“ wie mal eben den Müll runterbringen sind zeitintensiv. Da fehlt den Mitarbeitern die Zeit.

Wie schaffen Sie den Ausgleich zwischen der notwendigen Fürsorge und der Wirtschaftlichkeit?

Mira Steinhoff-Busch: Wir tragen Verantwortung im sozialen Bereich. Wenn Kunden sich beschweren, dass wir zu wenig Zeit haben sprechen wir mit den Mitarbeitern. Es ist schwierig, wir schulen unsere Mitarbeiter, damit sie damit umgehen können. Fünf Minuten pro Person mehr bedeuten direkt Überstunden. Da ist es auch im Sinne des nächsten Patienten wichtig, dass Grenzen aufgezeigt werden.

„Wenn jeder Mensch in der Pflege auch nur eine Stunde mehr arbeitet, wäre uns schon viel geholfen!“ Was denken Sie über die Aussage von Gesundheitsminister Jens Spahn?

Mira Steinhoff-Busch: Schwierig, selbst wenn wir es vergüten würden, das Problem wäre nicht gelöst. Erlaubt wäre es auch nicht, der Zoll kontrolliert unsere Arbeitszeiten. Das spricht mehr den Bereich Ehrenamt an, da ist das vorstellbar. Und unsere Mitarbeiterinnen haben Familien und Verpflichtungen, denen sie dann nicht mehr nachkommen könnten. Das ist nicht in die Realität übertragbar.

Macht die Politik genug, um den Pflegeberuf mit Blick auf Ausbildung und Vergütung attraktiver zu machen?

Mira Steinhoff-Busch: Es hat sich viel verbessert. Aber die generalisierte Ausbildung ab 2020 ist uns ein Dorn im Auge. Derzeit macht man fachspezifische Ausbildungen, dann sollen die Inhalte von der Kinder- bis zur Kranken- und Altenpflege übertragbar sein. Fachwissen geht ein Stück verloren. Bei einer generalisierten Ausbildung alle Aspekte mitzunehmen sehen wir kritisch. Wir bilden selbst aus in der Altenpflege, man begleitet die Menschen viel länger. Diese Möglichkeit wird uns durch die Zentralisierung der Schulen dann genommen. Wie die Realität wird muss man sehen. Auch Fusionen wie jetzt bei den Unnaer Krankenhäusern konnte man sich ja nie vorstellen.
Verbesserungen wünschen wir uns bei der Bezuschussung neuer Arbeitsplätze. Was für Krankenhäuser selbstverständlich ist, da werden uns Steine in den Weg gelegt. Sehr viele Änderungen, die unsere Mitarbeiter durchleben müssen. Neue Vorschriften und Prüfungen, nebenher die Pflege, das ist sehr viel. Die Digitalisierung prasselt auf uns ein. Nicht jeder ist so fit am PC oder am Tablet, viele haben Angst das umzusetzen. Die Mitarbeiter werden immer neu herausgefordert.

Was läuft speziell in Ihrem Pflegedienst heute besonders gut?

Mira Steinhoff-Busch: Unser Erfolg sind unsere Mitarbeiter, damit die Pflege gut weitertransportiert wird. Die Kette von uns über die Mitarbeiter bis zu den Bedürftigen ist geschlossen. Für die Erziehenden mit kleinen Kindern gibt es Plätze in der Gruppe „Buschbande“.
Gemeinsame Frühstücke oder Mittagessen, Supervisionen und Dienstbesprechungen sichern den Austausch. Denn Eindrücke des Tages müssen verarbeitet werden, da hilft das Gespräch. Diese Form der „Seelenhygiene“ bieten wir da an. Und ein rundes Angebot im Bereich Betreuung und Pflege, da sind wir mit Angehörigen im Gespräch und beraten Bedürftige und Verwandte. Kniffe und Tricks etwa zur Lagerung und Mobilität, Tipps rund um Hilfsmittel und die Gestaltung des Übergangs von der stationären Pflege zur privaten Pflege zeigen wir.

Warum ist der Beruf des Kranken-/Altenpflegers für junge Menschen interessant?

Mira Steinhoff-Busch: Die gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein Vorteil. Der Arbeitsbeginn ist flexibel, das ist wichtig für Mütter. Im Großen und Ganzen bekommen wir immer eine Lösung hin. Es ist sehr breit gefächert und man kann seine Begabungen an vielen unterschiedlichen Stellen einsetzen. Der Mitarbeiter wird ganzheitlich gefordert, das ist interessant. Empathie ist häufig wesentlicher als einwandfreie Sprachkenntnisse.

Autor:

Jörg Stengl aus Unna

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