Kinderarmut in Deutschland - Arm dran in einem reichen Land

Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes war am 28.02.2012 in Arnsberg zu Gast. Im neuen Bürgerzentrum lauschten ca. 50 Zuhörer seinem Vortrag zum Thema Kinderschutz und Prävention.
Hilgers stellte zunächst die aktuelle Entwicklung und Prognose zur Kinderarmut in Deutschland vor. Während es im Jahr 2000 in Deutschland 15,6 Mio. Kinder gab, von denen 1,45 Mio. als arm galten, reduzierte sich die Zahl der Kinder auf 13,1 Mio. im Jahr 2010. Von denen lebten aber 2,50 Mio. in Armut. Im Jahr 2035 werden es nur noch ca. 10 Mio. Kinder sein. 4 bis 5 Mio. von ihnen werden dann in Armut aufwachsen.
Bei der Philosophie unseres Sozialstaates kritisierte Hilgers die sogenannten "Tafeln". Sie seien keine Hilfe zur Selbsthilfe, sondern reine Versorgung. "Hilfe zur Selbsthilfe ist das Einzige, was menschenwürdig ist", betonte Hilgers.
Als besten Kinder- und Familienschutz empfahl Hilgers Prävention und stellte sehr ausführlich die Präventionskette "Dormagener Modell" vor.
Das Dormagener Modell mit einheitlichen Qualitätsstandards in der Kinder- und Jugendhilfe sowie umfangreichen Aktionen wie etwa den Willkommensbesuchen nach der Geburt des Kindes gilt bundesweit als „Good Practice“-Beispiel in der Familienförderung. Der Dialog gilt dabei als Mittel der Wahl. Diskriminierungseffekte gilt es, zu vermeiden. "Das Menschenbild und die Haltung aller Akteure ist entscheidend", so Hilgers, der in Dormagen als Bürgermeister von 2004 bis 2009 Gelegenheit hatte, all die Forderungen umzusetzen, die er als Präsident des Kinderschutzbundes erhoben hatte.
Die zahlreich erschienenen Vertreter des Kinder- Jugend und Familienbüros der Stadtverwaltung lauschten aufmerksam. Schließlich gibt Arnsberg aktuell pro Jahr EUR 7,75 Mio. für ambulante und stationäre Hilfen zur Erziehung aus - Tendenz: stark steigend. Rechtzeitige Prävention nach dem Dormagener Modell könnte auch in Arnsberg helfen, dieses Budget nicht weiter ansteigen zu lassen.
Allerdings müsste die Ausländerbehörde der Stadtverwaltung dann auch endlich die Praxis beenden, Flüchtlingsfamilien mit ihren Kindern in wenig kindgerechten Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen. Ansonsten hätte der Bürgermeister ein echtes Glaubwürdigkeitsproblem. Wie gesagt: das Menschenbild und die Haltung aller Akteure ist entscheidend!
"Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge gibt es in Dormagen nicht", erklärte Hilgers, als er aus dem Publikum mit der Not der in Neheims Schleifmühlenweg und anderen Sammelunterkünften der Stadt lebenden Kinder hingewiesen wurde und bedauerte an dieser Stelle, dass der DKSB in Arnsberg bisher noch keinen Ortsverband gründen konnte.

Autor:

Martin Werner aus Arnsberg

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