Geschichte eines Kreuzweges

Das berühmte Dominikaner-Kreuz während der Dominikaner-Ausstellung in der Kalkarer Nicolaikirche
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  • hochgeladen von Jan Kellendonk

Aus Freundschaft hat er zugestimmt als er dringend gebeten wurde die Rolle des Simon von Cyrene im Passionspiel im Dorf seines Freundes zu übernehmen. Für alle wichtigen Schauspieler habe man Ersatz gehabt, nur für den robusten, sonst nie kranken Simon-Darsteller nicht. Mit Kirche habe er nicht viel mehr am Hut, versuchte er noch abzuwehren.
Aber geschmeichelt war er dann doch als der Freund sagte, er sei sehr geeignet für die Aufgabe, groß, kräftig und mit einem vollen Bart, wirklich eine ideale Besetzung. Fast nebenbei hörte er, dass das Kreuz von einer Kreuzigungsgruppe des Friedhofs stamme und dass Simon es fast die ganze Strecke allein schleppen müsste, weil der Jesusdarsteller schmächtig sei und schon bald nach Anfang keine Kraft mehr habe. So habe man es immer gehalten, aber der Simon habe dies immer prächtig gemeistert. Wie lang diese Strecke dann wohl sei, habe er mit etwas Argwöhn in der Stimme gefragt. Nur um den Friedhof herum, war die Antwort.
Am Abend vorher war er schon eingetroffen und lernte die anderen Spieler kennen. Die übten ihre Texte noch mal. Die Stickerei vom Allerheiligsten Antlitz die Veronika den Zuschauern zeigen sollte, wurde raschelnd aus der Schachtel geholt, die Gesellschaft wurde still, die Stimmung geweiht.
Er wusste nicht ob er solche Menschen beneiden sollte ob der Tiefe ihrer Empfindung oder bemitleiden oder bespotten um der Einfältigkeit ihres Glaubens.
Am Morgen danach, Karfreitag, lief er die Strecke des Kreuzweges erstmals ab. Das Kreuz lag schon aufgebockt da. Er hob es ein wenig hoch.
Nachmittags fing dann die Prozession an. Nachdem Jesus seiner Mutter begegnete, übergab er das Kreuz dem Simon, der von den Versen die Maria gesprochen hat tiefer berührt war als er zugeben wollte.
"Meine Augen sind dunkel geworden vor Weinen" hatte Maria gesagt, wonach die Umstehenden antworteten: "Denn fort ging von mir, der mein Tröster war".
Während er das Kreuz nahm klang es aus dem Mund Jesu:
"Wer mein Jünger sein will, verleugne sich selbst". Alle antworteten: "Er nehme sein Kreuz auf und folge mir nach."
Von der Szene mit dem Schweißtuch von Veronika konnte er sich nachher nicht viel mehr erinnern. Zu lang schien der Weg, zu schwer drückte das Kreuz. Er hörte die Klagelieder und sah in die Gesichter der Mitziehenden und Zuschauer.
Am Ende nahm man ihm das Kreuz ab, befestigte daran einen Christus aus Bronze und richtete es auf.
Gleich lobte ihn sein Freund: er habe es gut angepackt! Nein, war die Antwort, es habe ihn gepackt und würde ihn nicht mehr loslassen!

Autor:

Jan Kellendonk aus Bedburg-Hau

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