Schwanenrittersage Teil VI.: "Karel Ynach, Salvius Brabo und Frau Schwan"

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Im 13ten Jahrhundert heiratete der erstgeborene Sohn von Graf Dietrich V., Dietrich prim. 1233 Elisabeth von Brabant. Durch diese Verbindung wurde vermutlich die brabantische Schwanenrittersage in das Klever Geschlecht aufgenommen. Im 15ten Jahrhundert wurde dann die Sage von Herzog Johann I. aufgeschrieben.
Die Sage vom Schwanenritter gehört einem großen Sagenkreis an der in Brabant, Kleve, Flandern und Frankreich beheimat ist. Die Gebrüder Grimm bringen in ihrer Sagensammlung 1818 alleine schon sechs verschiedene Darstellungen heraus.

Nachfolgend eine Version die in Paris im Staatsarchiv aufbewahrt wird. Jean Le Maire, Illustrations de Gaule, Paris, 1548, 4 lib. III, bl. 20-23. (Vergl. Tacitus, Hist. IV, 55.)
"Le chevalier au Sygne et Godefrois de Bouillon"
"Karel Ynach, Salvius Brabo und Frau Schwan"

Godfried, mit dem Zunamen der Carl, war König von Tongern und wohnte an der Maas auf seiner Burg Megen. Er hatte einen Sohn mit Namen Carl Ynach, den verbannte er aus dem Lande, weil er einer Jungfrau Gewalt angetan hatte. Carl floh nach Rom zu seinem Oheim Cloadich, welcher daselbst als Geisel gefangen lebte, und wurde von diesem ehrenvoll empfangen. Carl Ynach wohnte zu Rom bei einem Senator, namens Octavius, bis dieser vor der Grausamkeit aus der Stadt wich nach Arkadien. Hier aber lebte Lucius Julius Prokonsul, welcher zwei Töchter hatte, die eine hieß Julia, die andere Germana. In diese Germana verliebte sich nun Carl Ynach, offenbarte ihr, daß er eines Königs Sohn sei und beredete sie zur Flucht. Eines Nachts nahmen sie die besten Kleinode aus ihrem Schatz, schifften sich heimlich ein und kamen nach Italien, nahe bei Venedig. Hier stiegen beide zu Pferd, ritten durch Savoyen und Burgund ins Land Frankreich und trafen nach viel Tagfahrten zu Cambray ein. Von da gingen sie noch weiter an einen Ort, der damals das Schloß Senes hieß und ruhten in einem schönen Tale aus. In diesem Tal auf einem lustigen Fluß schwammen Schwäne; einer ihrer Diener, der Bogenschütze war, spannte und schoß den Pfeil. Aber erfehlte den Schwan, der erschrockene Vogel hob sich in die Luft und flüchtete sich in der schönen Germania Schoß. Froh über dieses Wunder, und weil der Schwan ein Vogel guter Bedeutung ist, fragte sie Carl Ynach. Ihrem Gemahl, wie der Vogel in seiner Landessprache hieße. In deutscher Sprache, antwortete er, heißt man ihn Swana. So will ich – sagte sie – hinfüro nicht Germana, sondern Schwan heißen: denn sie befürchtete, eines Tages an ihrem rechten Namen erkannt zu werden. Der ganze Ort aber bekam von der Menge seiner Schwäne den Namen Schwanental (vallis cignea Valenciennes) an der Schelde.
Jenen Schwan nahm die Frau mit, fütterte und pflegte ihn sorgsam. Carl und Frau Schwan gelangten nach diesem bis zum Schloß Florimont, unweit von Brüssel; daselbt erfuhr er den Tod seines Vaters Godfried Carl und zog sogleich dorthin. Zu Löwen opferte er seinen Göttern und wurde in Tongern mit Jubel und Freude als König und Erbe empfangen. Carl Ynach herrschte hierauf eine Zeit lang in Frieden und bekam mit einer Gemahlin einen Sohn und eine Tochter. Der Sohn wurde Octavian und die Tochter wiederum Schwan benannt. Bald danach hatte Ariovist, König der Sachsen, Krieg mit Julius Cäsar und den Römern: Carl Ynach verband sich mit Ariovist und zog den Römern entgegen, blieb aber tot in einer Schlacht, die bei Besancon geliefert wurde. Frau Schwan, seine Witwe, barg sich mit ihren Kindern in dem Schlosse Megen an der Maas, und fürchtete, dass Julius Cäsar, ihr Bruder, sie auskundschaften möge. Das Reich Tongern hatte sie an Anbiorix abgetreten, nahm aber ihren Schwan mit nach Megen, wo sie ihn auf den Burggraben setzte und oft mit eigener Hand fütterte, zum Andenken ihres Gemahls.
Julius Cäsar hatte dazumal in seinem Heer einen Helden, Namens Salvius Brabon, der aus dem Geschlechte des Frankus, Hektors von Troja Sohn, abstammte. Julius Cäsar, um sich von der Arbeit des Krieges ein wenig auszuruhen, war ins Schloß Cleve gekommen. Salvius Brabon belustigte sich in der Gegend von Cleve mit Bogen und Pfeil, gedachte an sein bisheriges Leben und an einen bedeutenden Traum, den er eines Nachts gehabt. In diesen Gedanken befand er sich von ungefähr am Ufer des Rheines, der nicht weit von dem Schloß Cleve fließt, und sah auf dem Strom einen schneeweißen Schwan; der spielte und biß mit seinem Schnabel in einen Kahn am Ufer. Salvius Brabon blickte mit Vergnügen und Verwunderung zu, und die glückliche Bedeutung dieses Vogels mit seinem Traum verbindend, trat er in das Schifflein, der Schwan, ganz kirr und ohne scheu zu werden, floß ein wenig voraus und schien ihm den Weg zu weisen. Der Ritter empfahl sich Gott und beschloß ihm zu folgen. Ganz ruhig geleitete ihn der Schwan den Lauf des Rheins entlang und Salvius schaute sich allenthalben um, ob er nichts sähe. So fuhren sie lange und weit bis endlich der Schwan das Schloß Meegen erkannte, wo seine Herrin wohnte, kümmerlich als eine arme Witwe, in fremdem Land, ihre beiden Kinder aufziehend. Der Schwan, als er nun seinen gewohnten Aufenthalt erblickte, schlug die Flügel, erhob sich in die Lüfte und flog zum Graben, wo ihn die Frau aus ihrer Hand fressen ließ. Als sich aber Salvius von seinem Führer verlassen sah, wurde er betrübt, landete mit seinem Nachen und sprang ans Land. Er hielt den Bogen gespannt und dachte den Schwan zu Schießen, falls er ihn erreichen könnte. Wie er nun weiter ging, und den Vogel im Schloßgraben fand, legte er den Pfeil auf und zielte. Indem war die Frau ans Fenster getreten, den Schwan zu liebkosen, und sah einen fremden Mann darauf anlegen. Erschrocken rief sie laut in griechischer Sprache: Ritter, ich beschöre dich, töte mir nicht diesen Schwan. Salvius Brabon, der sich mit diesen Worten und durch eine Frau in seiner Sprache in einem wildfremden Lande anrufen hörte, war überaus betroffen, zog jedoch die Hand vom Bogen und tat den Pfeil vom Strang. Darauf fragte er die Frau auf Griechisch, was sie in dem wilden, abgelegenen Lande mache? Sie aber war noch mehr erschrocken, sich in ihrer Muttersprache anreden zu hören und lud ihn ein, in die Burg zu treten, so würden sie sich gegenseitig vollständigen Aufschluß geben können, welches er mit Vergnügen annahm. Als er innen war, fragte sie ihn eine Menge Dinge, und erfuhr auch Julius Cäsars Aufenthalt zu Cleve. Weil sie aber hörte, daß der Ritter aus Arcadia stammte, nahm sie sich ein Herz und forderte ihm einen Eid ab, daß er ihr beistehen wolle, wie man Witwen und Waisen soll. Darauf erzählte sie umständlich alle ihre Begebenheiten. Sie bat, daß er sie wieder mit ihrem Bruder aussöhnen möchte, und gab ihm für diesen zum Wahrzeichen ein goldenes Götzenbild, das ihr Julius Cäsar einstmals aufzuheben vertraut hatte, mit. Salvius Brabon versprach das seinige zu tun und kehrte wieder zu seinem Herren nach Cleve zurück. Er grüßte ihn von seiner Schwester und gab ihm das Götzenbild, welches Julius Cäsar auf den ersten Blick erkannte. Sodann fragte er den Salvius, wo er sie gefunden hätte. Dieser erzählte ihr Leben und Schicksal und bat um Verzeihung. Cäsar wurde gerührt zum Erbamen und bedauerte auch seines Schwagers, Carl Ynachs Tod. Hierauf wollte er sogleich seine Schwester und Neffen sehen. Salvius Brabon führte ihn mit Freuden nach dem Schloße Megen. Sie erkannten sich mit herzlicher Wonne. Salvius Brabon bat sich die junge Schwan, des Kaisers Nichte zur Gemahlin aus, die ihm bewilligt wurde. Die Hochzeit geschah zu Löwen. Julius Cäsar verlieh seiner Nichte und ihrem Gemahl eine weite Strecke Landes als ein Herzogtum, von dem Meer mit dem Wald Soigne und den Fluß Schelde, bis zu dem Bächlein, welches heißt Lace. Brabon war hier der erste Fürst und von ihm trägt dieses Land den Namen Brabant. Seinem Neffen Octavian gab der Kaiser das Königreich Agrippina am Rhein, ein weites Gebiet.
Tongern aber benannte er hinfüro nach dem Namen seiner Schwester Germana, Germania, und wollte auch, daß Oktavian den Beinamen Germanicus führte. Seitdem heißen die Deutschen nun Germanen.

Teil1: http://www.lokalkompass.de/bedburg-hau/kultur/schwanenrittersage-teil-i-der-ritter-mit-dem-schwan-d121526.html
Teil 2: http://www.lokalkompass.de/bedburg-hau/kultur/schwanenrittersage-teil-ii-der-schwanenritter-in-reimen-von-franz-freiherrn-gaudy-und-karl-simrock-d121988.html
Teil 3: http://www.lokalkompass.de/bedburg-hau/kultur/schwanenrittersage-teil-iii-die-sage-von-beatrix-von-cleve-und-helias-grail-dem-schwanenritter-d121814.html
Teil 4: http://www.lokalkompass.de/bedburg-hau/kultur/schwanenrittersage-teil-iv-lohengrin-zu-brabant-d121831.html
Teil 5: http://www.lokalkompass.de/bedburg-hau/kultur/schwanenrittersage-teil-v-der-schwanenritter-d121919.html

Autor:

Günter van Meegen aus Bedburg-Hau

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