„Die Vergangenheit ist nicht tot“: Jugendclub erspielt sich im Theater Unten eine Bearbeitung von Wedekinds „Frühlings Erwachen“

Der Jugendclub bringt die Konfrontation zwischen Jugendlichen und Erwachsenen auf die Bühne. | Foto: Kirch
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Der Theaterautor und -regisseur Nuran David Calis hat sich 2007 an einer Neufassung von Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen“ versucht. Dabei lotet er das Verhältnis heutiger Jugendlicher und Erwachsener zur gesellschaftlichen Situation im Kaiserreich aus. Unter der Leitung von Lisa Hetzel hat sich nun einer der Jugendclubs des Schauspielhauses dieser Überschreibung des Klassikers angenommen und bringt das Ganze im Theater Unten auf die Bühne.

Wedekind hat sein gesellschaftskritisches Stück 1891 veröffentlicht. Er schildert darin mit satirischer Überspitzung die Situation von Jugendlichen, die am mangelnden Verständnis der Erwachsenen zerbrechen – oder zumindest zu zerbrechen drohen. Das Fehlen einer angemessenen Aufklärung in sexuellen Fragen, das bei Wedekind von zentraler Bedeutung ist, mag in weiten Teilen der deutschen Gesellschaft heute als überwundenes Problem gelten. Ob diese Selbstwahrnehmung tatsächlich so ganz angemessen ist, stellt Calis' „Frühlings Erwachen! (Live Fast – Die Young)“ in Frage.

Reflexionen zum Verhältnis von Geschichte und Gegenwart

Nach wie vor von bedrückender Aktualität ist zweifellos ein anderes Phänomen, das Wedekind behandelt: Suizid bei Jugendlichen. Calis lädt den Zuschauer ein, über die Ursachen damals und heute nachzudenken.
Überhaupt scheint das die Tiefenstruktur des Dramas zu sein, das im Theater Unten zu erleben ist: Historische Gegebenheiten lassen sich sicherlich nicht eins zu eins auf die Gegenwart übertragen; deshalb sollte man aber nicht so tun, als hätte die heutige Gesellschaft alle Konflikte befriedigend gelöst.
An der Königsallee lassen sich 20 Jugendliche ab 14 Jahren auf Calis' Versuchsanordnung ein. Sie erspielen sich grundlegende Handlungselemente des Wedekind-Dramas und machen diesen Vorgang der Aneignung eines literarischen Stoffes transparent. Bei allem notwendigen Ernst ist ein zuweilen galliger Humor zu spüren, der der Inszenierung ausgesprochen gut bekommt. Das Anprobieren von Rollen über Geschlechts- und Generationengrenzen hinweg liefert dem Zuschauer viele Denkanstöße.

Termine
- „Club 2: Frühlings Erwachen! (Live Fast – Die Young)“ ist am Donnerstag, 1. März, um 18 Uhr wieder im Theater Unten des Schauspielhauses, Königsallee 15, zu sehen.
- weitere Termine: Montag, 5. März, 18 Uhr; Freitag, 9. März, 18 Uhr.
- Die Theaterkasse ist unter Tel.: 33 33 55 55 zu erreichen.

Autor:

Nathalie Memmer aus Bochum

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